Es gibt wohl niemanden in Europa, der zurzeit nicht irgendwo zumindest einen Fetzen von den Unruhen in Tibet mitbekommen hat. Ein Blick in die Medien lässt in Augen von Mönchen blicken, deren Körper mit Blut verschmiert sind. Die Angst und das Entsetzen sind geradezu unmissverständlich in die Gesichter gemeißelt. Journalisten werden ausgewiesen, jegliche Berichterstattungen bleiben im Verborgenen und die wahre Situation kann man nur erahnen, denn verlässliche Darstellungen gibt es somit kaum noch.
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Weiter erhält man Informationen von dem möglichen Boykottieren der Olympischen Spiele. Gerade diese Spiele strahlen doch alle vier Jahre internationale Freundschaft und die Förderung von Völkerverständigung aus. Ich frage mich, was in einem Land vorgefallen sein muss, was einen eher an bunte im Wind flatternde Gebetsfahnen erinnert.
Die jetzigen heftigen Unruhen, die zu diesem Ausnahmezustand führten, begannen mit friedlichen Protesten am 10.03.2008. Mehr als 400 Mönche aus einem Kloster führten eine Demonstration in Richtung Lahsa an. Der Grund dieses Marsches war, dass die Mönche gegen eine durch die chinesische Regierung angeordnete Kampagne protestieren wollten, dessen Inhalt sie zwang, den Dalai Lama schriftlich zu verurteilen.
Die Folgen, die diese Kundgebung auslösten, sind Verletzte, Tote, zahllose Festnahmen. Die Niederschlagung der Proteste ist ein trauriges Bild der dort herrschenden Politik.
Doch wie kam es überhaupt zu dieser Politik in Tibet?
Die genaue Herkunft des tibetischen Volkes ist ungewiss und gestaltet sich bis zum 7. Jahrhundert, bis zur Einführung der Schrift, legendär. Somit gibt es erst ab diesem Zeitpunkt geschichtliche Aufzeichnungen. In diesem Jahrhundert brachte ein tantrischer Meister den Buddhismus von Indien nach Tibet. Im 8. Jahrhundert erhob man die buddhistische Weltanschauung zur Staatsreligion. Nach 900 jedoch zerfiel Tibet in kleinere Herrschaftsgebiete. Im 13. Jahrhundert entstand eine enge religiöse Beziehung zur Mongolei. Der Lamaismus wurde sodann von dem damaligen mongolischen Herrscher eingeführt. Mitte des 15. Jahrhunderts wurde dann die Gelugpa-Sekte gegründet, von nun an regierte der Dalai Lama als politisches Oberhaupt und der Panchen Lama als geistliches Oberhaupt Tibets.
Diese Reglements tolerierten die Chinesen ein paar Jahrhunderte, bis sie Tibet im 18. Jahrhundert mit der absoluten politischen und militärischen Kontrolle, durch das Stationieren von Regierungsvertretern, übernahmen.
1949 wurde China zu einer sozialen Volksrepublik. Infolgedessen begann für Tibet der in jeder Hinsicht kulturelle und religiöse Zusammenbruch. Es folgten Jahre der religiösen Unterdrückung, Hungersnöte und blutigen Aufstände wie im Jahr 1950. Die Tibeter lehnten sich dagegen auf und es kam zur Tötung des Regierungsvertreters. China ließ daraufhin Truppen einmaschieren und bestellte einen neuen Regierungsvertreter. Indes führte die tibetische Regierung wie zuvor ihre Arbeit fort.
Als Konsequenz versprach man Tibet eine Autonomie, jedoch wurde dieses Versprechen nie eingehalten. Was folgte waren erneut Jahre der offenen Auflehnung gegen die Fremdherrschaft. Nach diesen Widerständen emigrierte der 14. Dalai Lama nach Indien, um sich von dort aus für die Unabhängigkeit Tibets zu bemühen. Doch ist dies bis heute nicht von Erfolg gekrönt, da Tibet keineswegs mehr wieder ein souveräner Staat geworden ist, wie es einst 1949 einmal war.
Jeder Versuch diese Völker mit Zwang einzugliedern, ist, wie mehrfach in der Geschichte gesehen, einfach zum Scheitern verurteilt.
(Text: Astrid Nisch)