Sie wuchs in der ehemaligen DDR auf und studierte in Leipzig Physik – da hören die Gemeinsamkeiten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel aber auch schon auf. Denn Daniela Kolbe, heute Bundestagsabgeordnete der SPD, landete ihrerseits genau beim politischen Gegner. Im Rahmen der Serie “Junge Wilde” stellt back view die 29-Jährige vor.
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Im Alter von 16 Jahren begann Daniela Kolbe sich für Umweltschutz zu interessieren und dachte viel über Fragen der sozialen Gerechtigkeit nach. Deshalb engagierte sie sich bei der Sozialistischen Jugend Deutschlands, den „Falken”. Drei Jahre später trat sie schließlich der Jugendorganisation der SPD, den Jusos, bei. Da war der Schritt zur „großen Schwester” SPD irgendwann naheliegend. Hier hatte Daniela Kolbe endlich das Gefühl, „etwas bewegen, verändern und verbessern” zu können. Kolbe wurde 1980 geboren, wuchs in Thüringen auf und machte ihr Abitur in Jena.
Ihr Studium führte sie nach Leipzig, wo sie 2004 Juso-Vorsitzende und 2006 schließlich stellvertretende SPD-Vorsitzende wurde. Neben der Parteiarbeit ist sie in der politischen Jugendbildung aktiv und engagiert sich gegen Rechtsextremismus. 2009 kandidierte sie in ihrem Wahlkreis im Leipziger Norden zum ersten Mal für den Deutschen Bundestag und schaffte prompt den Einzug ins Parlament. Mit back view sprach Daniela Kolbe über ihre Arbeit als Abgeordnete.
back view: Sie gehören zu den jüngsten Abgeordneten im aktuellen Bundestag. Glauben Sie, dass Ihnen deswegen eine besondere Rolle zukommt, quasi als Stimme der jungen Generation?
Daniela Kolbe: Ich denke schon, dass die jungen Abgeordneten eine besondere Verantwortung haben, bestimmte Themen in den Bundestag zu bringen. Zum Beispiel hatten wir gerade eine aktuelle Stunde zum Thema Bildungspolitik. Da ist es tatsächlich wichtig, dass sich viele junge Abgeordnete zu Wort melden und die Interessen der Schüler und Studierenden vertreten. Ein weiteres Beispiel, wo junge Menschen besonders viel einbringen können, wäre das Internet. Wichtig ist aber: Es geht hier nicht um ein Gegeneinander. Die Mischung macht’s im Parlament, so dass eben alle Bevölkerungsgruppen und Altersstufen vertreten sind. Man kann nur miteinander Politik machen.
Der Großteil der Abgeordnetenkollegen ist sehr viel älter als Sie. Wird man da als junger Abgeordneter in seiner Arbeit immer ganz ernstgenommen?
Uneingeschränkt ja, ich habe den Eindruck, dass ich sehr ernstgenommen werde. Ich werde durchaus nach meiner Meinung gefragt und kann auch Einfluss nehmen.
Im Bildungsstreik sind in den letzten Wochen tausende junger Menschen auf die Straße gegangen und haben protestiert. Viele von ihnen fühlen sich von der Politik schlicht im Stich gelassen. Was kann man als Politiker gegen dieses Gefühl tun?
Man kann relativ viel tun, und das auch relativ einfach. Ich war zum Beispiel bei der großen Demonstration in Leipzig und habe dort deutlich gemacht, dass das Thema durchaus von der Politik aufgenommen wird. Wir hatten dann ja auch die aktuelle Stunde oder viele Kollegen gehen in die besetzten Rektorate und sprechen mit den Studierenden. Man muss ein Signal geben, dass ein solches Engagement wichtig ist und auch gehört wird. Ehrlich gesagt, würde ich mir wünschen, dass noch mehr Studierende begreifen, dass dieser Protest auch etwas mit ihren Studienbedingungen zu tun hat.
Man hört oft, die heutige Jugend interessiere sich so gut wie gar nicht mehr für Politik. Was sagen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus? Ist das wirklich so?
Wenn ich mit jungen Leuten spreche, ist mein Eindruck, dass sie nicht politikverdrossen sondern eigentlich schon sehr interessiert sind. Das Image der Parteien ist allerdings sehr schlecht und sich dort zu engagieren, ist nicht gerade en vogue. Trotzdem bringen sich viel Jugendliche politisch ein, sei es im studentischen Zusammenhang oder in Vereinen und Verbänden wie Amnesty International, wo es eben um konkrete Themen und Projekte geht. Dazu muss ich aber sagen, dass so etwas auch in den Parteijugenden möglich ist. Und da kann man noch mehr erreichen, die Parteien beeinflussen schließlich die gefällten Entscheidungen sehr konkret.
Die SPD hat bei der letzten Bundestagswahl das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren. Was kann Ihre Partei tun, um wieder mehr junge Wähler anzusprechen?
Die SPD muss sich jetzt zuerst einmal berappeln und ein gutes inhaltliches Angebot machen. Wenn man sich die jetzige schwarz-gelbe Regierung ansieht, stehen wir dazu in einem sehr guten und attraktiven Kontrast und können auch wieder verstärkt junge Wähler ansprechen. Ich denke, dass viele junge Menschen die SPD nicht mehr so richtig mit sozialer Gerechtigkeit verbinden, aber ich glaube, dass sich die Partei durchaus wieder in diese Richtung entwickeln wird.
Junge Wilde Teil 1:
Niema Movassat, jüngster Bundestagsabgeordneter der Linksfraktion
Junge Wilde Teil 2:
Daniela Kolbe, jüngste Bundestagsabgeordneter der SPD
Junge Wilde Teil 3:
Florian Bernschneider, der jüngste Abgeordnete des Deutschen Bundestages (FDP)
Junge Wilde Teil 4:
Nadine Müller, die jüngste Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Junge Wilde Teil 5:
Nadine Agnes Malczak, die jüngste Abgeordnete der GRÜNEN-Bundestagsfraktion
(Text: Timo Brücken / Zeichnung: Christina Koormann / Foto: Daniela Kolbe)