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Politischer und rechtlicher Unfug!

Seit Wochen beherrscht der Lauschangriff auf Angela Merkel das politische Berlin. Die USA hört Handys ab, zapft persönliche Daten an und alle tun plötzlich ganz überrascht. Ein Asyl für Edward Snowden in Deutschland würde gar nichts helfen und stattdessen alles noch komplizierter machen.
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Jahrelang hat Edward Snowden die NSA aufgebaut, also diesen Überwachungsapparat, dessen Methoden er heute anklagt. Die USA betrachtet die preisgegebenen Informationen als Hochverrat und Snowden hat nicht nur der NSA sondern dem gesamten amerikanischen Sicherheitsapparat einen virtuellen Dolch in den Rücken gesteckt und zieht diesen nun ganz langsam und schmerzvoll Zentimeter für Zentimeter heraus.

Noch bis vor wenigen Jahren zeigte sich Snowden empört im Netz und Blogs darüber, wie es Menschen wagen könnten, Staatsgeheimnisse zu veröffentlichen. „Wollen die einen Krieg auslösen“, schrieb er in Blogs und griff solche Verräter aufs schärfste an, wie er nun selbst einer geworden ist.

Keine Frage, er hat Mutsnowdencontra bewiesen, überhaupt diesen Schritt zu gehen. Er weiß sicherlich mehr als die meisten von uns, welche Möglichkeiten und damit auch welche Konsequenzen ein solcher Hochverrat in den USA haben kann. Doch für den Staat, der Snowden aufnimmt, würde ein Asyl auf jeden Fall eine enorme Belastung für die politischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten nach sich ziehen.

Die Forderung nach Asyl für Snowden ist populär
Die Forderung, Edward Snowden Asyl in Deutschland zu geben, ist mittlerweile sowohl in den Medien als auch in der Gesellschaft sehr populär geworden. Und auch auf die Gefahr hin, dass ich hier gleich einen Shitstorm auslöse: ein Asyl für Snowden in der Bundesrepublik wäre politischer und rechtlicher Unfug!

Natürlich haben wir es alle schon immer geahnt, dass die Amerikaner unsere Handys abhören und unsere Daten sammeln. Im Sommer wurde unser Aufschrei noch von der Bundesregierung selbst unterdrückt. Da ging es ja auch “nur” um unsere privaten Daten, die von uns kleinen Leuten, die die niemanden interessieren.

Aber jetzt, wo nun unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel im Terrorvisier der USA steht, können wir endlich Dampf ablassen. Wir wollen Rache! Wir wollen diese Amis, die glauben, sie könnten sich alles erlauben, einfach auch mal ärgern. Und da kommt uns dieser Asylantrag von Snowden gerade richtig!

Doch der Nutzen einer Asylbewilligung für Snowden würde meiner Meinung nach insgesamt deutlich kleiner als der Schaden ausfallen. Denn was wird uns eine Aufnahme und eine Anhörung des Verräters bringen? Nichts! Er besitzt keinerlei Akten und Daten mehr, denn diese hat er schon bei seiner Ankunft in Moskau an WikiLeaks übergeben.

Neue exakte Informationen brauchen wir uns also gar nicht erst erhoffen, lediglich eine Bestätigung, dass die NSA tatsächlich in breitem Umfang abhört und ausspäht. Aber ganz ehrlich: Das zweifelt doch eigentlich niemand mehr an! Im Gegenteil, wir sind uns sicher, dass wir noch gar nicht alle Bespitzelungshintergründe wissen und vielleicht auch lieber gar nicht erfahren wollen.

Gift für Diplomatie
Für die diplomatischen Beziehungen zu den USA wäre es ein gewaltiger Stinkefinger, den wir mit einer Aufnahme von Edward Snowden in Richtung Westen zeigen würden. Barack Obama müsste alleine aufgrund des innerstaatlichen medialen Drucks aber auch aufgrund des international geltenden Status harte Konsequenzen androhen.

Langfristig betrachtet kann es nicht unser Ziel sein, die USA vollkommen zu vergraulen. Wir sind politisch und wirtschaftlich einfach zu sehr auf die Großmacht angewiesen, als das wir es uns leisten könnten, einen Streit mit den Vereinigten Staaten zu entfachen.

Und selbst wenn wir den Asylantrag annehmen und Snowden in Deutschland anreist. Geholfen wäre ihm damit keinesfalls. Denn die USA haben bereits vor einigen Wochen einen Auslieferungsantrag gestellt. Dieser wird zwar von der Bundesregierung offiziell nicht unterstützt, im Ernstfall wären dem Staat allerdings die Hände gebunden.

Denn zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland gibt es ein Abkommen, dass dem Auslieferungsantrag gesetzlich Vorrang gegenüber dem Asylantrag zuschreiben würde. Das heißt im Klartext: Rein rechtlich müssten wir Snowden ausliefern, sobald er deutschen Boden betritt. Vollkommen egal, ob er nun vorher offiziell Asyl zugesprochen bekommt oder nicht!

Dem NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages stünde es übrigens zu, Edward Snowden auch in Moskau anzuhören. Ein Kompromiss, mit dem sich wohl sicherlich auch die USA besser anfreunden könnte, um die deutschen Gemüter etwas zu beruhigen. Allerdings wäre das mit deutlich weniger Show und Machtdemonstration verbunden, als ein tatsächlicher Asyl-Auftritt von Snowden auf deutschem Boden.

(Text: Konrad Welzel / Foto: Raphael Hühnerfauth by jugendfotos.de)

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Konrad W.

Konrad hat back view am 06. April 2007 gegründet - damals noch in diesem sozialen Netzwerk StudiVZ. Mittlerweile tobt sich Konrad ganz gerne im Bereich SEO aus.

7 Gedanken zu „Politischer und rechtlicher Unfug!

  • Da sich die Vereinigten Staaten von Amerika auch einen Dreck um dieses Abkommen scheren, warum sollte Deutschland dies nicht genauso machen?

    Einen Leser verloren!

    • Konrad Welzel

      Tim, ich habe diesen Kommentar bewusst sehr subjektiv aus einer Richtung betrachtet. Wenn ich dir hier in dieser Denkweise antworte, dann kann es sich Deutschland einfach nicht leisten, auf totale Konfrontation mit den USA zu gehen. Das ist einfach der Unterschied zwischen den beiden Mächten. Die USA sitzt als mächtigster Staatenbund einfach politisch und wirtschaftlich am längeren Hebel.

      • ThorstenV

        Eine erfrischend ehrliche Meinung.

        So ein verrückter Amerikaner sagt zwar einmal “Give me Liberty, or give me Death!”, aber Deutschen geht nunmal der Arsch auf Grundeis, wenn sie möglicherweise dadurch inkommodiert würden, dass sie vielleicht ein paar % des Bruttosozialprodukts verlieren könnten. Vielleicht ist der Unterschied ja der Grund, warum Amerika einen Weltmacht ist.

        Aber was soll’s. Feiern wir lieber die Helden der Vergangenheit, die am 17 Juni gegen sowjetische Panzer auf die Straße gingen oder ein Attentat auf einen Diktator ausführten. Halt! Moment mal! Die hatten ja keinen Erfolg. Das waren ja alles Versager. Das ist doch kein Vofrbild für die deutsche Jugend.

  • Kuli

    Es gibt noch einen weiteren Grund, warum wir Edward Snowden kein Asyl anbieten sollten. Denn die Bedingung ist, dass er politisch verfolgt ist. Natürlich ist er das, aber vor allem wird er strafrechtlich verfolgt, und da greift kein Asylrecht.

    Man stelle sich vor, ein Ägypter oder Kenianer, der keiner politischen Oppositionspartei angehört, aber Staatsgeheimnisse verraten hat, würde hier Asyl beantragen. Würde er es bewilligt bekommen? wohl eher nicht.

    Und ausgerechnet bei einem US-Amerikaner soll das dann einfach klappen?

    Man stelle sich vor, unsere Politiker gewähren im vollmundig Asyl. Nun werden in Deutschland Asylverfahren aber juristisch geklärt. Man stelle sich vor, sein Asylantrag wird dann vor Gericht abgewiesen – dann wäre der Schaden auf allen Seiten immens!

  • Es geht hier nicht, wie gerne verwechselt wird, um ideologische Prinzipien. Es geht um Snowden. Und Snowdens Geschichte ist undurchsichtig und zweifelhaft. Seine Motivation war, nach eigenen Angaben, seinem Arbeitgeber zu schaden. Wie verlässlich sind seine Informationen? Eine Einschätzung lassen die diffusen Bruchstücke nicht zu. Snowden nutzt vielleicht als linke Symbolfigur, weniger jedoch als glaubwürdiger Kronzeuge.
    Fakt bleibt deshalb, dass die NSA mit ihrer Arbeit die Freiheit und Unversehrtheit der Bürger nicht bedroht, sondern schützt. Deshalb kein Asyl für Edward Snowden – mein Freund bleibt der tapfere Analyst; nicht der feige Verräter.

    Einen Leser gewonnen!

    • ThorstenV

      Da es anscheinend zuviel verlangt ist, sich vor einer Diskussion über die grundlegenden Tatsachen, die man diskutiert, bei Wikipedia zu informieren, will ich es gerne auch zitieren:

      “Ich erkannte, dass ich Teil von etwas geworden war, das viel mehr Schaden anrichtete als Nutzen brachte.“

      “Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich tue und sage, aufgezeichnet wird. Solche Bedingungen bin ich weder bereit zu unterstützen, noch will ich unter solchen leben.“

      “… weil er es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren könne, dass die US-Regierung die Privatsphäre, die Freiheit des Internets und grundlegende Freiheiten weltweit mit ihrem Überwachungsapparat zerstöre.“

      http://de.wikipedia.org/wiki/Edward_Snowden#Motivation

    • BW

      Da muss ich mich ThorstenV anschließen, es ist anscheinend tatsächlich zuviel verlangt, sich mal zu informieren.

      “Wie verlässlich sind seine Informationen? Eine Einschätzung lassen die diffusen Bruchstücke nicht zu.”

      Das ist ja schon bösartig, von “diffusen Bruchstücken” zu reden. Noch dazu, da viels von dem, was Herr Snowden publik gemacht hat, schon vorher von NSA-Aussteigern berichtet wurde. Nur eben nicht im Detail anhand publizierter Geheimdokumente.

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