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Celebrating Election Day

5. November 2008 – die Stimme ist abgegeben, die Entscheidung gefallen, Amerika hat einen neuen Präsidenten – Barack Obama, der erste schwarze Präsident der Vereinigten Staaten, unglaublich. Am Morgen danach ist die Freude überall zu sehen und man kann sich dem Eindruck nicht erwehren, dass viele Schwarze heute stolzer die Straße entlang laufen als sie es vor einer Woche getan haben. Doch nun zu gestern, dem großen Tag.

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obamaVielerorts mussten die Wähler lange Wartezeiten in Kauf nehmen um ihre Stimme abgeben zu können. Zwei Stunden waren keine Seltenheit. Mit kostenlosem Kaffee von Starbucks oder Ben & Jerry Eis konnten sich die Wähler anschließend belohnen. Voller Stolz haben viele ihren „I voted” Sticker auf dem T-Shirt getragen.
Die unendliche Weite Amerikas und die daher resultierenden verschiedenen Zeitzonen sorgen dafür, dass die Auszählungen der Stimmzettel bis spät in die Nacht hinein spannend bleiben. Wer die Zeit bis dahin nicht alleine verbringen möchte, hat verschiedene Möglichkeiten.Die beste Gelegenheit, um zusammen mit Gleichaltrigen auf die Ergebnisse zu warten, ist eine von Studenten organisierte „watch party” in den Räumen des Colleges – mit kostenlosem Essen und Getränken. Schon beim Betreten des Raumes spürt man die in der Luft liegende Nervosität und man wird augenblicklich von einem wilden Stimmenwirrwarr umgeben. Der Raum ist passend mit den Farben rot und blau dekoriert und ein Papp-Obama und -McCain stehen sich fröhlich grinsend gegenüber.

Es sind mehrere Fernseher aufgebaut und man kann live verfolgen wie sich die Bundesstaaten entweder rot oder blau färben, je nachdem welcher Kandidat die Wahlmänner gewonnen hat.Die Fernseher sind leider auf stumm geschaltet, denn auf der Bühne geben sich mehrere Studenten abwechselnd die Mühe den Rest mit kleinen Gewinnspielen zu erheitern oder Fragen über das Wahlsystem zu beantworten – was die Atmosphäre etwas beeinträchtigt. Auf der einen Seite des Raumes ist ein kleines Buffet mit Nachos, Saucen, Cookies und Säften aufgebaut und auf der gegenüberliegenden Seite gibt es viele verschiedene Brettspiele. Die Wahl ist zwar der Grund für diese Veranstaltung, aber es entsteht der Eindruck, dass nicht sie sondern die Unterhaltung minderjähriger Studenten im Vordergrund steht.

Die zweite Station des Abends ist eine mexikanische Bar, welche sich bereits zum Verfolgen der Debatten geeignet hat. Auch hier ist alles feierlich geschmückt mit amerikanischen Flaggen und rot-blauen Dekorationen. Die Bar ist gut besucht und der Weg zum Tresen muss hart erkämpft werden. Der Blick wandert sofort zu einem der vielen Fernseher, auf die alle wie gebannt starren. Kurze Zeit später werden die nächsten Ergebnisse bekannt gegeben und die Menge jubelt, denn Obama gewinnt überraschend im Norden.

Die Stimmung ist toll, die Menschen strahlen und die Nervosität steigt. Der Sieg Obamas ist schon zum greifen nahe, aber noch traut sich keiner dies auszusprechen. Seltsamerweise wird es nun etwas leerer in der Bar und viele Amerikaner gehen nach Hause. Im ersten Moment ist dies überraschend; auch ein  Teil der Stimmung und Begeisterung geht verloren, aber für die meisten Menschen ist der nächste Tag ein ganz normaler Wochentag.
Um kurz nach 23 Uhr ist es dann soweit, die letzten Wahllokale an der Westküste haben soeben geschlossen und die ersten Hochrechnungen treffen ein. Ein letztes Mal zeigt CNN sein Logo und dann das Ergebnis: „Barack Obama – Elected President – CNN Projection”. Wahnsinn. Ein unbeschreiblicher Moment. Umgeben von Jubelrufen und glücklichen Menschen wird Obamas Sieg gefeiert. Die amerikanischen Wähler haben ein deutliches Zeichen gesetzt und das Gefühl ist einzigartig.

Nach einiger Zeit tritt John McCain vor die Kameras. Keiner spricht, jeder lauscht der Rede des Verlierers. Zeitweise wird sie von Buhrufen oder zustimmendem Kopfnicken begleitet. Eine enttäuschte Sarah Palin steht an seiner Seite. Nach kurzer Zeit verlassen sie die Bühne. Die Stimmung in der Bar ist gut, Erleichterung über den Sieg der Demokraten ist zu spüren und die Aufregung steigt noch einmal an. In ein paar Minuten wird Barack Obama sprechen. CNN überträgt live aus verschiedenen Städten, die Bilder ähneln sich: Menschen sind zu Tränen gerührt, man kann an ihren Lippen „Yes we can” und „Obama” Rufe ablesen.
Dann betritt endlich der neue Präsident, gemeinsam mit seiner Frau, der neuen First Lady, und seinen beiden Töchtern, die Bühne. Tosender Applaus begleitet sie. Obamas Rede erzeugt Gänsehaut. Er spricht von den Aufgaben, die auf die neue Regierung warten und dem Zusammenhalt des amerikanischen Volkes. Eine beeindruckende Rede. Der Demokrat wird von einer begeisterten Menschenmenge in Chicago gefeiert und dennoch: Die Bar in downtown Charleston leert sich.

Es ist zu früh um nach Hause zu gehen und deswegen geht es weiter Richtung Arbeiterviertel. Nachts sollte man sich eigentlich nicht in diesem Viertel aufhalten, aber die Neugierde hat überwogen. Die Kneipe ist nicht extra für die Wahlen dekoriert, aber wie es typisch für amerikanische Bars ist, hängen mehrere Fernseher an der Wand. CNN läuft nur auf einem, die anderen zeigen Sportsendungen und Quizshows. Die Atmosphäre in der Bar unterscheidet sich stark von der vorherigen. Auch das Publikum ist anders. Modisch angezogene Mädchen – sie könnten Studentinnen sein – sitzen neben müden Arbeitern.

Man merkt schnell, dass Obamas Sieg hier fleißig begossen wurde. Es sind aber nur noch wenige Gäste in der Bar und pünktlich um kurz vor zwei Uhr verkündet der Barkeeper das Ende des Abends. Das letzte Bier noch schnell getrunken, ein letzter Blick auf den Fernseher um die aktuellsten Hochrechnungen anzusehen und dann ist der vierte November endgültig vorbei. Doch die neue Ära des ersten farbigen Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten, steht erst am Anfang.

(Text: Johanna Zapf / Foto: Jakob Schulz)

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