Auch Experten sahen Obama deutlich vor McCain
Diskussionsrunde zur amerikanischen PrÀsidentschaftswahl
Wenige Tage vor der Wahl in den USA diskutierten vier Experten aus Politik, UniversitĂ€tsleben und Amerika ĂŒber den Wahlkampf, die beiden Kandidaten und den Weg der Vereinigten Staaten nach der Wahl. Zur Einstimmung in das Thema zieht der amerikanische Professor Alexander Sager eine ernĂŒchternde Bilanz zur aktuellen Lage in der amerikanischen Nation: âTrotz der Krisen wĂŒrde ich nicht sagen, dass die Stimmung schlecht ist – eher begrenzt optimistisch.“
Hoffnung, Krieg und die Finanzkrise
Zu Beginn der Diskussion wird der Wahlkampf analysiert. Dabei ist allen Teilnehmern in der Runde und auch den Zuhörern klar, dass ein Wahlkampf in den USA viel mit Show und Inszenierung zu tun hat und mit Deutschland einfach nicht zu vergleichen ist. Dennoch finden auch viele AuĂenstehende Gefallen an den monströsen Veranstaltungen. âFĂŒr mich ist das Ausschlaggebende speziell in diesem Jahr das Thema Inspiration“, erklĂ€rt Professor Doktor Heinrich Bedford-Strohm, Leiter des Lehrstuhls fĂŒr Evangelische Theologie in Bamberg und âAmerika-Kenner“.
Er freut sich vor allem darĂŒber, wie begeistert die Menschen sind. Auch wenn die Deutschen im Bezug auf eine leitende Hand sehr geprĂ€gt seien, ist Bedford-Strohm beeindruckt, wie Barack Obama mit seinen Zielen vielen Menschen aus dem Herzen spricht. âWenn gerade junge Menschen in Politikern wieder Hoffnung sehen, dann ist das bemerkenswert und sehr erfreulich.“
Die Politikwissenschaftlerin Professor Ursula Hoffmann-Lange betrachtet genau dieses PhĂ€nomen eher als problematisch: âWenn man zu viele Hoffnungen in eine einzige Person legt, dann bringt das auch eine gewisse Gefahr mit sich, weil EnttĂ€uschungen vorprogrammiert sind.“
Im direkten Vergleich der Kandidaten sieht die Professorin einen groĂen Unterschied in der Irakpolitik. Obama war von Anfang an gegen einen Einmarsch und sagt auch heute noch, dass es im Irak eigentlich kein Problem gab. Deshalb ist er dort fĂŒr einen kontrollierten Abzug, um den Fokus stĂ€rker auf Afghanistan zu legen. Dort liege in Obamas Augen das eigentliche Problem. McCain dahingegen war von Anfang an auf der Seite von George W. Bush und damit fĂŒr einen Einmarsch in den Irak.
Dr. Katja Merten, von der Graduate School of North America Studies in Berlin, findet, dass das gröĂte Problem von John McCain die fehlende Distanzierung zu seinem VorgĂ€nger Bush ist. Andererseits will sie die Politik Obamas aber nicht zu verharmlosen. Er sprach sich zwar klar gegen dumme Kriege aus, aber nicht generell gegen Waffengewalt: So habe er zum Beispiel schon Pakistan erwĂ€hnt und auch einen Eingriff im Iran nicht ausgeschlossen.
Bedford-Strohm sieht eine weitere deutliche Abgrenzung der beiden Politiker voneinander: âEin groĂer und zur Zeit auch sehr wichtiger Unterschied liegt in der Wirtschaftspolitik“. So war Obama bereits vor der Krise dafĂŒr, den Finanzmarkt zu regulieren. McCain stand dagegen immer auf der Seite von Bush – selbst jetzt im Wahlkampf.
Multikulturelles Charisma vs. Erfahrung
Bei der Betrachtung der Charaktere der PrĂ€sidentschaftsanwĂ€rter, kommt Bedford-Strohm fast ins SchwĂ€rmen: âFĂŒr mich ist Barack Obama einfach viel vertrauenerweckender, weil er klĂŒger und cleverer agiert und Dinge intelligenter erfasst; was natĂŒrlich auch an seinen exzellenten Beratern liegt.“ Auch die Lebensgeschichten, die hinter den beiden Kandidaten stehen, sind fĂŒr Bedford-Strohm fĂŒr die Wahlentscheidung diesmal wichtiger denn je: âMcCain spielt immer wieder seine Gefangenschaft im Vietnam hoch. Obama dagegen ist Enkel eines kenianischen Mannes und in Hawaii und Indonesien aufgewachsen. Das prĂ€gt einfach.“
Dadurch entstehe bei vielen die Hoffnung, dass ein Mann mit dieser Biographie von vornherein deutlich offener fĂŒr eine neue, bessere Politik sei. FĂŒr Frau Mertin steht Barack Obama wie kein anderer fĂŒr den sozialen Wandel und so erreiche er vor allem die Migranten und die untere Mittelschicht. Trotz der positiven Bekundungen gegenĂŒber dem demokratischen Kandidaten, sieht Frau Hoffmann-Lange McCain als einen moderaten Republikaner, der auch ĂŒber die Parteigrenzen hinaus zu Kooperationen bereit ist.
Der Faktor Rassismus
SpĂ€testens seit den kĂŒrzlich vereitelten PlĂ€nen eines rassistischen Attentates gegenĂŒber Obama beschĂ€ftigt dieses Thema Medien und Experten. Der Amerikaner Sager sieht jedoch keine hohe Gefahr: âRassismus ist eigentlich kein Thema in den USA.“ Dennoch prognostiziert er weitreichende Konsequenzen, falls es doch zu einem Ăbergriff kommen sollte, âdann wĂŒrde es im ganzen Land heftige Unruhen geben.“
Die Politikwissenschaftlerin Hoffmann-Lange ist ebenfalls der Meinung, dass die Gefahr nicht höher ist, als bei allen anderen Kandidaten. Auch wenn bei der Wahl, âder Rassefaktor sicherlich ein bis zwei Prozent kosten wird – fĂŒr das Endergebnis wird dies nicht ausschlagÂgebend sein.“ âIch glaube, dass der Rassismus sehr wohl noch tief verwurzelt ist in der amerikanischen Gesellschaft“, kontert Bedford-Strohm. Umso wichtiger sei es fĂŒr eine positive Entwicklung, dass Obama gewinnt.
Die Rolle von Deutschland und Europa
Interessant wird die zukĂŒnftige Rolle Deutschlands und Europas werden. Katja Mertin sieht hierbei zwei wichtige relevante Aspekte. Erstens sollte Deutschland darauf bestehen, dass die ĂŒblichen demokratischen Prozesse auch weiterhin vollzogen werden und niemand alleine ĂŒber einen Einsatz der Bundeswehr entscheiden darf. Und zweitens spielt Europa im Moment einfach keine Rolle in der amerikanischen AuĂenpolitik. Auf der politischen Karte der USA existieren nur Asien, Russland und China. âDeshalb ist die europĂ€ische Einigung von enormer Bedeutung! Man muss die Chance jetzt nutzen, um ein gleichberechtigter Partner zu werden“, plĂ€diert Mertin.
Frau Hoffmann-Lange entgegnet diesem Vorhaben pessimistischer: âEuropa ist einfach zu tief gespalten. Die LĂ€nder denken zu unterschiedlich, was auch Obama sicherlich ausnutzen wĂŒrde. Deutschland wird mit seiner eher zurĂŒckhaltenden Rolle immer Schwierigkeiten haben.“
(Text: Konrad Welzel)
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