Zeitgeschichte

Zusammen, was zusammen gehört

Am 9. November 1989 fand eine unerwartete Feier statt: Nach 28 Jahren fiel die Berliner Mauer. Die Mauer war Symbol des eisernen Vorhangs und wurde am 13. August 1961 errichtet, um Ost- und Westberlin zu trennen. Eines Morgens mussten die Berliner erkennen, dass sie ihre Freunden und Verwandten nicht mehr sehen durften, weil sie auf der “falschen” Seite lebten.

[divide]Ein Stück der Berliner MauerLaut der ostdeutschen Regierung sollte der sogenannte „antifaschistische Schutzwall“ die Westberliner fernhalten und die volatile Politik dämpfen. Wenigstens 136 Personen wurden an der Mauer getötet, als sie versuchten, die Grenze Richtung Westen zu überschreiten.  Am 12. Juni 1987 hat der damalige amerikanische Präsident Ronald Reagan die Stadt besucht. Er hat den sowjetische Parteiführer Michail Gorbatschow gebeten, die Mauer abzureiβen. „Mr. Gorbachev, open the gate. Mr. Gorbachev, tear down this wall.“ – eine Aufforderung, die in die Geschichte einging. Die Idee dabei schien zunächst lächerlich zu sein. Niemand dachte daran, dass die Situation sich ändern könnte.

Doch die Menschen wurden im Laufe der Zeit immer unzufriedener und ruheloser. Es kam zu den Montagsdemonstrationen, die immer mehr Ostdeutsche auf die Straße brachten, um für ihre Freiheit und gegen das DDR-Regime zu demonstrieren.

Als am 9. November 1989 die ostdeutsche Regierung nach mehreren Wochen der Unruhe ankündigten, dass alle DDR-Bürger Westberlin und Westdeutschland besuchen durften, schwärmten sie zur Mauer und feierten. Sie sprangen auf der Mauer auf und rannten zur anderen Seite. Manche lachten, manche weinten. Zuvor waren bereits viele DDR-Bürger über Ungarn geflüchtet, als Ungarn seine Grenzen zu Westeuropa öffnete.

Der Mauerfall hat der Wiedervereinigung den Weg gebahnt. Seit dem 3. Oktober 1990 sind Ost- und Westdeutschland auch offiziell wieder eins. „Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört“, wie es Willy Brandt einst gesagt haben soll. Auch, wenn die Wiedervereinigung vor 18 Jahren offiziell das Ende von Ost und West bedeutete, so sind die Konflikte noch längst nicht beseitigt.

Die unterschiedlDas beliebte Ampelmännchen-Symbolichen Erziehungsstile, Mentalitäten und sozialen Umstände sind noch spürbar. Auch fast 20 Jahre nach dem Ende der DDR ist der östliche Teil weit hinter dem westlichen zurück. Viele junge ehrgeizige Frauen haben das Gebiet verlassen, einige junge ehrgeizige Männer sind ebenfalls abgewandert. Im Jahre 2006 verließen 136.000 Ostdeutsche die alten Bundesländer und siedelten ins ehemalige Gebiet Westdeutschlands über. Da nur 82.000 Menschen den umgekehrten Weg wählten, verliert Ostdeutschland zunehmend an Einwohnern.

Der Osten wird oft als sozialer Brennpunkt dargestellt. Hartz4, Jugendkriminalität und starke politische Polarisierung. Auf der einen Seite eine blühende Neo-Nazi-Szene, auf der anderen Seite linke Sozialisten mit teilweise starken Mehrheiten in Landtag und Kommunen. Viele Vorurteile hegen die Westdeutschen gegenüber ihren Mitbürgern. Da man sich im Allgemeinen aber wenig mit dem Gegenüber beschäftigt, kennen wenige Westdeutsche die Realität. Zwar ist es kein Geheimnis, dass es vielen im Westen besser geht. Dennoch, auch das ehemalige Ostdeutschland hat einiges zu bieten. Die Dresdner Frauenkirche, billige Wohnungen und Angela Merkel.

Aber die Ostdeutschen haben unlängst herausgefunden, was der Westen trotz jahrelanger Aufklärungsarbeit und großen Feiern zur Wiedervereinigung über sie denkt und drücken dies in Unzufriedenheit aus. Der Sozialreport 2006 ergab, dass sich jeder Dritte als Verlierer der Wiedervereinigung sieht, jeder sechste wünscht sich die DDR zurück. Vielleicht sollte man den Anlass nutzen, die Integration weiter zu fördern, damit Deutschland wirklich bald ein Deutschland ist.

(Autoren: Becky Tylcoat und Miriam Keilbach / Fotos: Miriam Keilbach)

Miriam K.

Miriam war 2007 im Gründungsteam von backview.eu. Sie volontierte beim Weser-Kurier in Bremen und arbeitet seit 2012 als Redakteurin bei der Frankfurter Rundschau. Ihre Themen: Menschen, Gesellschaft, Soziales, Skandinavien und Sport.

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