Als Kind träumt jeder wohl mal davon, seinen Sportidolen nachzueifern und von den Massen gefeiert zu werden. Meist begrenzen sich die Träume auf Fußball-Videospiele oder Wachträume. Doch ganz selten ist man den ganz Großen ganz nah.


Wenn sonntags Juventus Urin gegen Dynamo Tresen antritt oder die Dreibeiner mal wieder ihre Gegner vorführen, dann ist das ein ganz normaler Sonntag in Kölns Bunte Liga. Die Freizeitliga vor den Toren Müngersdorfs verbindet nun seit mehr als 15 Jahren Fußballteams unter dem Motto „Wo kicken noch Spaß macht”.

Das Fairplay steht zwar im Vordergrund, dennoch können auch in dieser Liga Träume wachsen und irgendwann in Erfüllung gehen. Auf dem holprigen Rasen entsteht phasenweise sogar so etwas, das man Spielkultur nennen könnte.

Der Aufstieg als Saisonziel
Im nun ablaufenden Jahr 2011 schlug die große Stunde meiner Bunte Liga-Mannschaft. In den ersten drei Jahren unseres Bestehens kämpften wir meist um den Aufstieg in die erste Bunte-Liga. Der sportliche Ehrgeiz hatte uns geschluckt, nachdem wir zuvor so oft kurz vor Schluss gescheitert waren, sollte – nein, musste! – es nun 2011 funktionieren.

Ein Jahr zuvor hatten wir die Sektflaschen schon in den Sporttaschen, siegessicher gingen wir ins letzte Spiel. Doch die zweimalige Zwei-Tore-Führung reichte nicht zum Erfolg – der Aufstieg 2010 war auf überaus dämliche Weise verdaddelt. Wie die Bayern nach dem Champions-League-KO 1999 schwuren wir uns, dass wir die Schmach vergessen machen würden. Je früher desto besser.

Formidabler Saisonstart
So gingen wir nach formidabler Saisonvorbereitung mit breiter Brust in die neue Saison und putzten unsere Gegner nacheinander vom Platz. Mit 21:3 Toren und 9 Punkten gingen wir in die Winterpause – der erste Platz war unser Territorium. Und das sollte sich nicht mehr ändern.

Auch das neue Jahr begannen wir mit drei Siegen, bis wir am siebten Spieltag den ersten und einzigen Punktverlust einstecken mussten. Es war ein Schuss vor den Bug, eine Warnung zur rechten Zeit, dass wir uns nicht in Sicherheit wähnen sollten. Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie uns Sir Alex Ferguson, die lebende Trainerlegende, mit puterrotem Kopf auf seine dreckige Art in der nicht vorhandenen Kabine zusammenscheissen würde.

Zum Sieg gekämpft
So kurz vor dem Ziel durften wir nicht nochmal scheitern, das wussten wir und wir beherzigten es. Im nächsten Spiel gegen einen Aufstiegskonkurrenten musste ein Sieg her, dann wäre uns der Aufstieg nicht mehr zu nehmen gewesen. Das Schicksal ist grausam, denn es war derselbe Gegner, gegen den wir im letzten Jahr in letzter Sekunde den Aufstieg vergeigten.

Auch diesmal waren die Sektflaschen eingepackt, doch jetzt war es unser Tag. Im strömenden Regen, beim besten Fritz-Walter-Wetter, gewannen wir 3:1. Bei dem Frühlingsregen war an Fußballspielen zwar nicht mehr zu denken, aber der Wasser- und auch Fußballgott meinten es gut mit uns, wir kämpften uns zum Sieg.

Das nimmt mir keiner mehr
Nach dem Abpfiff schien die Sonne, als hätten wir sie zur Aufstiegsfeier bestellt. Die Sektkorken knallten, es spritzte und wir taumelten. Endlich geschafft, endlich der Aufstieg, einmal feiern wie die ganz Großen.

Ein paar Wochen später. Ich stehe mit ein paar Mannschaftskollegen bei einem Juniorenhalbfinale im Franz-Kremer-Stadion, die Jungs sind grade ins Finale eingezogen und lassen sich von 3000 Fans feiern. Sie werden irgendwann sicherlich ganz Große. Mein Mitspieler meint: „Das ist schon was anderes, als ein Aufstieg in der Bunten Liga…” Ich lächele und denke an unsere Feier. „Nein”, sage ich zu mir selbst. „In dem Moment fühlte ich mich auch wie ein ganz Großer, das nimmt mir keiner mehr…”.

(Text: Jerome Kirschbaum)

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  • Jerome K.

    Jerome schreibt am liebsten über Sport, wenn er denn nicht selbst auf einem Platz steht. Seit Oktober 2010 verdingt sich Jerome als Schreiberling für back view, neben den Leibesübungen widmet er sich sich auch politischen Themen. Im wahren Leben musste Jerome zahlreiche Semester auf Lehramt studieren, um dann schlussendlich doch etwas ganz anderes zu werden.

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Von Jerome K.

Jerome schreibt am liebsten über Sport, wenn er denn nicht selbst auf einem Platz steht. Seit Oktober 2010 verdingt sich Jerome als Schreiberling für back view, neben den Leibesübungen widmet er sich sich auch politischen Themen. Im wahren Leben musste Jerome zahlreiche Semester auf Lehramt studieren, um dann schlussendlich doch etwas ganz anderes zu werden.

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