Alle haben sie ein Ziel: Einen Sitz im Reichstag. 598 “reguläre” Plätze sind zu vergeben. Und wenn die Parteien schon live nicht in Schwung kommen, so sorgen sie zumindest auf ihren Wahlplakaten für Aufsehen. Zwar kreativer als noch zur Europawahl – aber wirklich besser?
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CDU
Für den wohl größten Aufschrei sorgte bisher Vera Lengsfeld, die für die CDU in Berlin antritt. Ihr Dekolleté-Wahlplakat verärgerte vor allem die parteiinterne Frauen-Union. „Wir haben mehr zu bieten”, schreibt Lengsfeld auf dem Plakat. „Wir setzen auf Inhalte und nicht auf Effekthascherei”, sagte hingegen die Vorsitzende der Frauen-Union, Maria Böhmer, vergangene Woche dazu.
Doch ein Rückzug ist nicht in Sicht. „Sexismus? Das ist doch lächerlich”, kontert Lengsfeld und weiß, wie sie die Aufregung auch finanziell nutzen kann. Auf ihrer Homepage bietet sie nun das umstrittene Wahlplakat als Geschenk an. Einzige Bedingung: Eine Parteispende über fünf Euro.
BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN
Ähnlich umstritten und mittlerweile bereits wieder eingestampft: Das Wahlplakat der Grünen im nordrheinwestfälischen Kaarst. Knackige Sprüche sind den GRÜNEN schon bei der Europawahl ausgegangen. Eine Alternative: Knackige Pos. Provokant, sexistisch oder rassistisch? Die eigentliche Botschaft war Völkerverständigung, Gleichstellung von Homosexuellen und Toleranz. Diesen Hintergrund hat die Parteispitze jedenfalls nicht verstanden und hat die Plakate wieder abgehängen lassen.
Eine Pfiffige Idee gibt es allerdings für die Großflächenplakate der GRÜNEN. Schon für eine Spende von ab zehn Euro, kann jeder Interessierte auf der ihrer Webseite ein eigenes Großflächenplakat aufstellen lassen. Ganz in der Nähe, um es selbst täglich zu sehen oder beim politischen Gegner vor der Haustüre.
SPD
Wer in Bayern der SPD angehört und dann auch noch in den Bundestag gewählt werden will, der muss kämpfen. Der muss sich einen Namen machen. Axel Berg hat das eigentlich bereits geschafft: Als einziger bayerischer Sozialdemokrat in, hat er es bei der letzten Bundestagswahl geschafft, ein Direktmandat zu erlangen. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Er scheint sich verstecken zu wollen.
Ein Plakat ohne Gesicht, nur mit einem Smiley drauf! Selbstbewusstsein oder doch Irrsinn? Dabei zeigt das Foto rechts, dass er gar keinen Grund hat, sich verbergen zu müssen. Aber auch inhaltlich scheint Berg nicht viel bieten zu wollen. So wirbt er auf einem weiteren Plakat mit dem Slogan “Dr. Axel Berg verschont Sie mit Politiker-Blabla.”.
DIE LINKE.
Ähnliche Gedanken wie Axel Berg von der SPD, hatte auch die 36-jährige Halina Wawzyniak von DIE LINKE. – Lieber ohne Gesicht werben. In ihrem Berliner Wahlkreis wirbt sie mit ihrem Hintern und einer „Socialist”-Tätowierung anstatt mit ihrem Gesicht (links).
Auch wenn es auf den ersten Blick schön anzusehen mag – womöglich schöner als eine Frontsicht. Politisch springt dabei keinerlei Inhalt heraus. Auch auf ihre Homepage spricht Wawzyniak lieber von der Medienreaktion auf ihren „Arsch in der Hose” als über ihre politischen Überzeugungen.
FDP
Liberal, blond, bauchfrei: Nein, zum Glück hat sich Guido Westerwelle damit nicht selbst auf die Wahlplakate gesetzt. In Sachsen wirbt die FDP mit einer Blondine namens Cindy im gelben Shirt und streckt uns zwei Finger entgegen.
Für was dies steht? Muss man es inhaltlich deuten? Will sie unsere Zweitstimme? Kämpft sie für mehr Weltfrieden? Egal! Erfolg hat die Partei damit auch ohne eindeutigen Inhalt. Mittlerweile muss man schon Glück haben, Cindy noch in freier Wildbahn sehen zu können, denn die Sachsen-FDP meldet eine hohe Zahl an Diebstählen.
Wie ein an sich eigentlich langweilig wirkendes Plakat für hohen Anklang sorgen kann, zeigt derzeit das Politikportal Netzpolitik.org. Das Webportal hat die User Anfang der Woche aufgefordert das CDU-Wahlplakat mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble umzuschreiben und kann sich vor Einsendungen gar nicht mehr retten. In einer E-Mail erklärte die ursprüngliche Fotografin nun einen Protest gegen diese Sinnentfremdung ihres Fotos.
“Ich habe lange überlegt, wie ich mich verhalte”, so der Initiator Markus Beckedahl daraufhin. Er wolle zu seiner Meinung und Rechtsauffassung stehen, “dass das Remixen und damit das kreative Auseinandersetzen mit Parteien-Werbung in einer demokratischen Gesellschaft möglich sein sollte”, erklärte Beckedahl. Deshalb gibt es auch weiterhin in einem Video die ersten Einsendungen zum Plakat von Schäuble und anderen Politikern zu sehen:
(Text und Titelfoto: Konrad Welzel / Fotos (v.o.n.u.): CDU, GRÜNE, SPD, Heide Schneeberger, Halina Wawzyniak, DIE LINKE., FDP)