Noch hat die Bundeswehr ausreichend Personal, doch die Zukunft sieht schwierig aus. Ein Studium bei der Bundeswehr war in den letzten Jahren zwar beliebt, aber die steigende Angst vor einem Auslandseinsatz und die ständigen Furcht vor dem Tod schrecken ab.
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Nach dem Abitur erst einmal eine Auszeit nehmen, seine Bestimmung finden oder einfach ausspannen. Diesen Weg gehen immer mehr deutsche Abiturienten, bevor sie möglicherweise ein Studium antreten. Dazu gehört auch die Frage: Zivildienst oder Bundeswehr? Neun Monate zählt der Wehr- oder Zivildienst. Und der Trend läuft klar gegen die Entscheidung, den Dienst an der Waffe anzutreten. Doch was für die Bundeswehr wirklich zählt, ist die Zahl der langfristig Bindenden.
So zählt deren Personalamt jedes Jahr weniger Bewerber für Zivil- und Berufssoldaten. Seit 2002 sank die Zahl von 55.864 Kandidaten auf 42.500 im vergangenen Jahr. Dabei steigt zeitgleich der Bedarf an deutschen Soldaten für Einsätze im Ausland immer weiter an. Derzeit kämpfen rund 6.500 Soldaten in vielen Teilen der Welt, um für Frieden und Sicherheit zu sorgen. Doch genau hier liegt das Problem. Ist sind keine einfachen Einsätze – es sind Kämpfe für den Frieden und gegen den Tod.
Die Problematik des Nachwuchses zieht aber noch weitere Kreise. Es interessieren sich nicht nur immer weniger junge Menschen für die Bundeswehr – unter denen die wollen, sind immer seltener solche, die auch können. Sogenannte Problemjugendlichen. Um auch höher gebildete junge Menschen heranzuführen, gibt es bereits seit 1973 die Möglichkeit bei der Bundeswehr zu studieren. Derzeit lernen so über 7.000 Soldaten an den hervorragend ausgestatteten Universitäten in Hamburg und München. Ein Professor betreut dort durchschnittlich 28 Studierende, an anderen Universitäten sind es mehr als doppelt so viele. Und von einem Monatsgehalt von rund 1.500 Euro netto kann ein „normaler” Student auch nur träumen.
Doch die Stimmung ist dennoch gedrückt, denn ein Gedanke schwingt immer im Hinterkopf mit: Das Lied vom Tod. Heute ist der Auslandseinsatz ist nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel. Für viele Deutsche sind die Schauplätze von Krieg, Mord und Anschlägen in Afghanistan weit weg.
Doch für Soldaten der Bundeswehr wird er oft zur bitteren Realität. Die meisten würden sich zwar nicht freiwillig für einen derartigen Einsatz melden, aber einen entsprechenden Befehl würde kaum jemand abschlagen. Viele junge Offiziere riskieren so jeden Tag ihr Leben im Ausland. Und vor dem Abflug müssen 20-, 21-jährige Frontkämpfer bereits mit dem Schlimmsten rechen. Sie müssen mit ihrem Leben abschließen, bevor es überhaupt richtig begonnen hat. So musste jeder der insgesamt 6.500 Soldaten im Auslandseinsatz vor dem Abflug sein Testament schreiben.
Rund 3.300 Männer und Frauen befinden sich derzeit in Afghanistan, wo zu den zentralen Aufgaben die Terrorbekämpfung, der Wiederaufbau des Landes sowie die Unterstützung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung dieser Region gehören. Doch beim dortigen Einsatz für die internationale Isaf-Mission sind seit 2002 bereits 30 deutsche Soldaten gestorben. Während eines Einsatzes für den Frieden.
Egal welches Image die Bundeswehr nach außen trägt, sogar die Soldaten selbst würden niemandem dazu raten, sich für den Dienst an der Waffe verpflichten zu lassen. Bei einer Erhebung bei 45.000 Mitgliedern des Deutschen Bundeswehr-Verbandes, fanden Passauer Wissenschaftler heraus, dass sich fast die Hälfte der befragten Berufssoldaten nicht noch einmal für die Arbeit bei der Bundeswehr entscheiden würde.
(Text: Konrad Welzel)