Die Entscheidung zur endgültigen Vergabe der Olympischen Winterspiele rückt immer näher. Doch wie sieht es mit der Finanzierung aus? Läuft in Bayern wirklich alles so aalglatt, wie es uns die Werbespots vermitteln wollen? Eine Bestandsaufnahme.
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„München? – Kann ich mir sehr gut vorstellen!” mit diesem Satz ist seit Januar auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) – allen voran Lukas Podolski – in die Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018 in München, Garmisch-Partenkirchen und am Königssee (Landkreis Berchtesgadener Land) involviert.
Die Stimmung ist angespannt – die Fronten verhärtet. Lukas Podolski und seinen prominenten Freunden aus dem Kuratorium stehen besorgten Bauern, Umweltschützern und resoluten Bürgern gegenüber. Laut einer Umfrage im Januar 2011 stehen 75 Prozent der deutschen Bevölkerung hinter der Bewerbung. Im März 2011 gab es laut einer internen Umfrage der IOC-Evaluierungskommission nur noch 61 Prozent Rückhalt für die Olympischen Spiele im eigenen Land.
33 Millionen Euro für die Bewerbung
Die Finanzierungsproblematik ist einer der grundlegenden Angriffspunkte des Projekts. Viele Bürger fragen sich: Wer soll die Gaudi bezahlen? Laut der „Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH” belaufen sich die Kosten für die Bewerbung auf circa 33 Millionen Euro. In einer Pressemitteilung heißt es: „Verwendet wird das Geld unter anderem für die Planung der gesamten Infrastruktur im Bereich der Sportstätten, der Olympischen Dörfer und des Transports und Verkehrs sowie zur Erarbeitung eines Umweltkonzeptes zur Sicherung der Umweltverträglichkeit der Spiele.”
Als GmbH vereinigt die Bewerbungsgesellschaft verschiedene einzelne Gesellschafter, die mit unterschiedlichen Anteilen beteiligt sind: Der Deutsche Olympische Sportbund hält 51 Prozent, die Landeshauptstadt München ist mit 30 Prozent, der Freistaat Bayern mit neun Prozent, die Marktgemeinde Garmisch mit acht Prozent und der Landkreis Berchtesgaden mit zwei Prozent beteiligt.
Zunächst hatte man mit 30 Millionen Euro kalkuliert. Im Juni 2010 forderte der ehemalige Bewerbungschef Willy Bogner einen Etat von 47, dann 37 Millionen Euro. Schlussendlich einigte man sich mit dem Aufsichtsrat auf 33 Millionen Euro. Diese 33 Millionen Euro sollen alleine aus der Privatwirtschaft aufgebracht werden – das heißt mittels Sponsoren.
Das Problem hierbei ist, dass Olympische Spiele für Unternehmen als Sponsoring nur mäßig reizvoll sind. Konzerne können nur indirekt über Side-Events oder die Ausstattung auf die Veranstaltung Einfluss nehmen. Deshalb konnten bislang nur rund zwei Drittel der Bewerbungskosten über die freie Wirtschaft gedeckt werden.
Doch wer bezahlt den letzten Rest? Aus der schriftlichen Anfrage zur Finanzierung der Bewerbungskosten an die Bayerische Staatsregierung im Dezember 2009 erhielt der Abgeordnete des Landtages (Bündnis 90/Die Grünen) Ludwig Hartmann folgende Antwort: „Ein eventueller, nicht durch Förderbeiträge von Sponsoren gedeckter Finanzbedarf der Gesellschaft wird ggf. entsprechend der Gesellschaftervereinbarung durch die Gesellschafter Landeshauptstadt München, Freistaat Bayern, Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen und Landkreis Berchtesgadener Land ausgeglichen.” Und weiter: „Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) beteiligt sich nicht am Ausgleich eines etwaigen Defizits der Bewerbungsgesellschaft.”
Diese Nachricht ist interessant, gehört doch München bereits seit 2009 zu den am höchsten verschuldeten Städten der Bundesrepublik (Schuldenstand im Dezember 2009: 2,306 Milliarden). Des Weiteren handelt es sich bei den zehn bisherigen „Nationalen Förderern” und den elf „Nationalen Ausstattern” überwiegend um Unternehmen, die sich weitgehend in öffentlicher Hand befinden. Viele Kritiker sprechen deshalb von „verdeckter Subvention”. Die Förderungssummen durch die Deutsche Bahn, die Deutsche Post oder die Stadtwerke München werden voraussichtlich auf die Bürger – demnach dem Steuerzahler – umgelegt werden.
Kosten für die Spiele nur Verschleierungstaktik
Bei den Schwierigkeiten, auf die die Bewerbungsgesellschaft trifft, handelt es sich wohlgemerkt nur um den Versuch Startkapital zu akkumulieren, um die Bewerbung überhaupt ordnungsgemäß in Gang zu bringen. Sollten die Spiele am 6. Juli in Durban an München vergeben werden, kommen weitaus höhere Kosten auf alle Beteiligten zu.
Für die eigentliche Durchführung der Spiele wurden im April 2011 3,2 Milliarden Euro vor dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) in London vom Bewerbungskuratorium veranschlagt. Hierbei handelt es sich allerdings nur um die „operativen Kosten”. Also die Kosten, die ausschließlich für die Durchführung der Spiele anfallen. Alle anderen Kosten, beispielweise Kosten für den Ausbau der Infrastruktur, werden im sogenannten „NON-OCOG-Etat” verbucht.
Dort tauchen zum Beispiel Wohnbauten für die Olympiateilnehmer und ihre Betreuer oder Straßenerweiterungen auf. Da diese nach den Spielen anderweitig in Betrieb genommen werden können, werden sie nicht in die Kostenrechnung für die Spiele aufgenommen. Dieses ist stets größer als das Organisationskomitee-Budget (OCOG). Wo dieses Geld herkommen soll, weiß bislang niemand. Der Freistaat Bayern hat angekündigt sich mit 200 Millionen direkten Zuschüssen und Bürgschaften zu beteiligen, und außerdem Verluste im Budget zu einem Drittel zu übernehmen.
Mancher Olympia-Gegner mag hier von Verschleierung oder Kostenverschiebung sprechen. Fakt ist: Die Olympischen Winterspiele haben in der Vergangenheit nahezu immer das zuvor veranschlagte Budget überschritten. Für Sotschi, den Gastgeber 2014, wurden die Kosten zunächst mit 8,6 Milliarden Dollar beziffert. Jetzt werden sie nur noch geschätzt, zuletzt auf 30 Milliarden.
So hart wie Sotschi wird es München wohl nicht treffen. Es bleibt abzuwarten, ob München den Zuschlag überhaupt bekommt und wie sauber daraufhin kalkuliert werden wird. Am Ende stellt sich doch die Frage: Wiegt das Prestige, das die Austragung Olympischer Winterspiele mit sich bringt, mehr als die Staatsverschuldung?
München – kann man sich das wirklich vorstellen?
Weitere Informationen zu Finanzierungsproblemen der Olympischen Spiele auf www.nolympia.de
(Hier findet ihr gibt es auch einige konkrete Rechenbeispiele wie viel Geld im Zweifelsfall auf Bayern, München und den Landkreis bzw. die Kommunen zukommen würde.)
(Text: Lea Kramer)