Tiemo Hauer macht Musik, weil er will, weil er muss und weil er gar nicht anders kann. In seinen Songs erzählt er in klaren Worten und ohne Umwege aus seinem Leben. Der Stuttgarter mit dem blonden Wuschelkopf überraschte dieses Jahr mit seinem Debütalbum ‚Losgelassen‘, das er selbst geschrieben, gesungen und produziert hat.

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tiemo_hauer_teaserTiemo Hauer bekam mit fünf Jahren eine Gitarre geschenkt, später nahm er ein Jahr lang Klavierunterricht. Das Interesse an Musik wurde schließlich ernst, als er als 14-Jähriger in verschiedenen Bands Schlagzeug spielte. Die erste Single ‚Ehrlich Glücklich‘ veröffentlichte Tiemo vor zwei Jahren auf seinem eigens gegründeten Label, nachdem er auf einem Schulfest seines Gymnasiums entdeckt wurde. Neben Streichern, Klavier und leisen Gitarren mischt Tiemo auch elektronische Klänge unter seine ruhige, aber ausdrucksvolle Stimme.

back view: Lieber Tiemo Hauer, deine Herbsttour ist gerade vorüber. Wie war die Tour bisher und was steht als Nächstes an?
Tiemo Hauer: Die Tour war spitze, es war noch viel besser als gedacht. Vor allem das Publikum hat mich begeistert. Es hat mich total gefreut, wie viele Menschen meine Songs mitsingen konnten – viel mehr als bei meinen Konzerten davor. Die Stimmung war einfach super. Die Weihnachtsfeiertage werde ich ganz traditionell mit meiner Familie im Allgäu verbringen. Dann geht es im Februar wieder weiter mit der Tour. Ansonsten werde ich weiterhin Songs schreiben, weil ich nächstes Jahr ein neues Album veröffentlichen werde.


Wie fühlt es sich an, gerade eben noch ein Abiturient zu sein und jetzt sein erstes eigenes Album veröffentlicht und eine Tour hinter sich gebracht zu haben?
Die Reaktionen meiner Mitschüler damals reichten von totaler Begeisterung bis zu Desinteresse. Die meisten hatten die Meinung, ich solle schauen, dass ich noch irgendetwas Richtiges in meinem Leben mache. Und viele, die einen konventionellen Weg nach dem Abi eingeschlagen haben, bewundern mich heute für meinen Mut und zeigen Respekt, dass ich das mit der Musik so durchgezogen habe. Für mich persönlich hat sich eigentlich nichts geändert, weil ich mich als Mensch nicht verändert habe.

tiemo_textDu gehörst zu den wenigen Musikern, die keine Noten lesen und schreiben können. Wie kann man sich das vorstellen – setzt du dich einfach ans Klavier und probierst dich aus?
Ich glaube, jemand, der Noten lesen und schreiben kann, setzt sich auch zunächst einfach hin und probiert. Ich spiele, was aus mir heraus kommt. Fühlt sich eine Melodie richtig an, versuche ich natürlich, mir diese zu merken und dann auch schnell aufzunehmen. Wenn ich einen Song eine ganze Zeit lang nicht gespielt habe, muss ich ihn jedes Mal neu erarbeiten, wie, als würde ich es gerade im Radio hören. Das ist vor allem schwierig, weil ich ja jetzt immer mehr Songs und Melodien im Kopf habe.

Wieso hat das mit dir und dem Klavierunterricht nie so richtig geklappt?
Ich mochte das Klavierspielen, aber ich hatte einfach keine Lust auf das Üben und Noten lernen. Ich bin dann schließlich zu dem Klavier zurückgekommen, weil es das einzige Instrument war, das ich gut genug beherrschte, um meinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Ob ich das mit dem Notenlesen noch jemals richtig übe, weiß ich nicht. Ich lerne mit meiner Band sehr viel, weil man sich auf sie einstellen muss. Zumindest weiß ich alle Grundtöne, aber ich werde wohl nie Musik in dem Sinne machen, dass ich Noten von einem Blatt abspiele.

Du singst von Ehrlichkeit und Liebe und gibst in deinen Liedern dabei viel von dir selbst preis. In wie weit sind diese Zeilen eigene Erinnerungen? Wie gehst du an einen Song ran?
Grundsätzlich entsteht jeder Song aus einem Gefühl heraus und die Musik ist in erster Linie nur für mich. Im Prinzip verfasse ich Songs immer über etwas, was mich davor schon länger beschäftigt oder womit ich mich für den Moment auseinandersetzen muss. Im Durchschnitt erzählen 80% eines Songs meine eigene Geschichte.tiemo_text2

Ist es nicht schwer, einen Text, den du über ein persönliches Erlebnis schreibst und der dir sehr nahe geht, vor einem so großen Publikum vorzutragen?
Eigentlich nicht. Auf der Bühne muss ich immer das Gefühl haben, das ich auch beim Schreiben hatte. Ich muss dort stehen und sozusagen meine Hosen runter lassen.

Was machst du, wenn Du nicht der Romantiker bist, der über tiefe Gefühle philosophiert? Wie muss man sich das Leben eines Tiemo Hauer vorstellen?
Ehrlich gestanden, mache ich das, was man wohl im ersten Moment nicht von mir erwarten würde. Ich mag es gerne laut und durcheinander. Ich gehe gerne feiern und habe Spaß mit meinen Freunden. Ansonsten interessieren mich neben meiner Musik noch Sachen wie Fotografie oder Malerei. Ich zeichne sehr gerne, komme aber sehr selten dazu.

Tiemos erster Song ‚Losgelassen‘ des gleichnamigen Albums erzählt von der Zerrissenheit eines jungen Menschen, wenn sich eine Melancholie und Leere, aber auch eine neue Freiheit und Ungewissheit im Leben breit machen. Er erzählt von den Schwierigkeiten, seinen eigenen Weg zu finden; der Herausforderung, nicht aufzugeben (‚Immer Weiter‘) und das Glück, sich nicht der Masse beugen zu müssen (‚Ehrlich Glücklich‘). Tiemo, der einen Plattenvertrag bei einem großen Label abgesagt hat, versucht sich selbst treu zu bleiben und gibt genau das in seinen Songs wieder.

Was sind deine Ziele, Pläne und Wünsche? Wo willst du mal ankommen?
Ich hatte während der Schulzeit darüber nachgedacht Psychologie zu studieren, aber dafür wäre mein Abitur ohnehin nicht ausreichend gewesen. Es gibt viele Felder, die mir etwas geben und mich glücklich machen, wie zum Beispiel die Arbeit mit Kindern. Aber mein Traum ist es, weiter Musik zu machen, davon leben zu können und viele Leute damit zu erreichen. Ich habe durch meine Arbeit auch viel von den Bereichen „hinter der Kamera” kennen gelernt. Musikproduktion zum Beispiel, da ich inzwischen  auch eine Newcomerband aus Stuttgart produziert habe.

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Gibt es auch Leute, die nicht an Dich geglaubt haben? Hast du gerade das erreichst, was Du dir immer vorgenommen hast?
Ich bin ein Momentmensch. Wenn ich zum Beispiel bei einem Konzert  auf der Bühne oder für Aufnahmen im Studio stehe, bin ich unheimlich glücklich. Andererseits gelange ich wohl nie an den Punkt, an dem ich absolut zufrieden bin. Daher möchte ich aber auch immer weiter und weiter und mich nie lange am selben Punkt aufhalten.  Es gab natürlich immer Menschen, die mir das Leben erschwert haben, indem sie mich von meinem eigenen Weg abbringen wollten. Da wären zum Beispiel Leute, die mir einen Vertrag angeboten haben, aber auch gleichzeitig viele Sachen vorschreiben wollten. Das bin nicht ich. Sie haben mir auf diese Art und Weise Steine in den Weg gelegt. Ich habe mir meinen eigenen kleinen Trampelpfad geebnet und sie haben daneben eine Autobahn gebaut. Ich habe mich gegen diese Schnellstraße entschieden, aber während des Baus sind ein paar Brocken auf meinen Trampelpfad gefallen. Heute bin ich sehr froh, dass ich mich so entschieden habe. Mein Weg ist vielleicht länger und beschwerlicher, aber dafür auch geradlinig, ehrlich und im Endeffekt einfach erfüllender.

Tiemo Hauer, vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Informationen zu Tiemo Hauer und alle Tourdaten gibt es unter: www.tiemo-hauer.de
http://www.youtube.com/watch?v=9O9oHHYUlkU

(Interview: Christina Hubmann / Fotos: all about artist)

Autor

  • Christina Hubmann

    Christina wollte eigentlich mal Busfahrer werden, ehe sie sich entschloss, doch "irgendwas mit Medien" zu machen. Schreiben tut sie nämlich schon immer gern. Und wie das Leben ohne dieses Internet funktioniert hat, fragt sie sich schon seit Längerem - erfolglos.

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Von Christina Hubmann

Christina wollte eigentlich mal Busfahrer werden, ehe sie sich entschloss, doch "irgendwas mit Medien" zu machen. Schreiben tut sie nämlich schon immer gern. Und wie das Leben ohne dieses Internet funktioniert hat, fragt sie sich schon seit Längerem - erfolglos.

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