Der Übergang von der Schulzeit ins Uni-Leben ist an sich schon aufregend genug. Wenn es dann auch noch darum geht, sein Elternhaus zu verlassen und in eine neue Stadt zu ziehen, gehen viele auf Nummer sicher und suchen sich eine WG.
Anstatt alleine zu sein, gibt es dann nur ein Zimmer weiter Unterstützung und Hilfe. Doch in vielen Fällen entwickelt sich diese vermeintlich harmonische Lösung zu einem unerwarteten Albtraum.
Schulfreund ist nicht gleich WG-Freund
Eine Sache, die mit großer Wahrscheinlichkeit schiefgehen wird: mit Schulfreunden eine WG zu gründen. Oder Leute, die man nur über andere Freunde kennt. Auch, wenn man mit den Menschen geschätzte acht Stunden seines Tages verbracht hat und das fünf Tage die Woche, sich über die selben Lehrer und Lernstoffe aufgeregt hat, heißt es nicht, dass man sie kennt.
Jeder gibt sich anders als er wirklich ist. Man will nach außen immer ein bestimmtes Bild von sich darstellen. Lebt man dann allerdings mit diesen Personen zusammen, weiß man, ob sie ihre dreckige Wäsche im Bad herumliegen lassen, den Putzplan nicht so ernst nehmen oder gerne mal nachts um halb zwei anfangen, Ukulele zu spielen.
Im Wohnheim wäre eine Reaktion darauf ein kräftiger Schlag an die Zwischenwand und damit wäre das Ganze in den meisten Fällen erledigt. Kennt man sich allerdings näher, überschreitet man diese Grenze nur ungern. Immerhin trifft man die Person am nächsten Morgen in der Küche wieder – während sie einem aus Boshaftigkeit den letzten Rest Milch stiehlt oder vor dem Bad, das sie aus Rache unnötig lange blockiert hat.
Der Neue
Dann kann man sich eigentlich auch gleich Leute suchen, die man gar nicht kennt, oder? Im Internet gibt es zahlreiche Seiten, auf denen bereits bestehende WGs einen Platz in ihrer Mitte anbieten. Doch dies ist oftmals verbunden mit Schwiegermutter-ähnlichen Gesprächen in denen man mit anderen Bewerbern darum kämpft, eine Runde weiter zu kommen. Hat man den Preis – den goldenen Schlüssel zum Zimmer – erhalten, hat man allerdings das Problem, der oder die Neue in einer bereits eingespielten Truppe zu sein.
In vielen Fällen lebt man sich schnell ein, schließt Freundschaften mit den anderen Bewohnern und fühlt sich in der Wohnsituation pudelwohl. Oftmals empfindet man es als leichter, die Macken von Personen zu ertragen, wenn man diese gleich damit kennenlernt. Und nicht erst hinter der gewohnt netten Fassade plötzlich die Abgründe entdeckt.
Drama, Baby, Drama
Die beste Art allerdings um es sich kräftig in einer WG zu verscherzen, ist folgende: Fange eine Beziehung mit einem Mädchen an, das in einer WG wohnt. Ziehe in ein Zimmer in derselben WG – sobald eins frei wird. Trenne dich von dem Mädchen, bleibe in der WG wohnen und fange etwas mit einer anderen Bewohnerin an, ohne es ernst zu meinen. Klingt wie der Inhalt einer Vorabend-Serie. Endet meist auch genauso: Viel Geschrei und Tränen. Mädchen, die sich in die Wolle kriegen. Und ein Junge, der sich oftmals keiner Schuld bewusst ist.
Der Mensch als Einzelgänger
WG-Erfahrungen zeigen, dass die Menschen nicht dafür geschaffen sind, im Erwachsenenalter mit anderen Personen zusammen zu wohnen. Mal abgesehen davon, wenn sie verheiratet sind. Und selbst dann entscheiden sich einige Paare für getrennte Schlafzimmer oder sogar getrennte Wohnungen.
Unsere eigene Individualität lässt einfach nicht zu, dass wir über die kleinen Fehler und Eigenheiten andere Personen hinwegsehen. Da hilft als Glücksmoment nur der Blick auf den Kontoauszug, der wesentlich mehr anzeigt, als wenn man alleine wohnen würde.
Und damit lohnt sich das Wagnis, in eine WG zu ziehen – weg von zu Hause, weg von der fürsorgenden Mama – auch oft. Man kann diese Gelegenheit nämlich prima nutzen, um neue Menschen kennenzulernen und Freundschaften neu zu starten.
(Text: Franziska Mayer)
[divide]
Weitere Artikel zum Titelthema “friends will be friends”:
Wie viele echte Freunde braucht man wirklich?
Über die platonische Beziehung zwischen Mann und Frau
Vom besten zum festen Freund
Über die Schwierigkeit, neue Freunde zu finden
Hat Freundschaft eigentlich ein Ablaufdatum?
Freundschaftskiller Wohngemeinschaft
Warum die beste Freundin so wichtig ist