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Wenn man der Definition von Piraterie der Internetenzyklopädie Wikipedia glauben mag, ist die Bedeutung von Piraterie folgende:
Bei Piraterie handelt es sich um Gewalttaten, Eigentumsdelikte oder Freiheitsberaubungen, die zu eigennützigen Zwecken unter Gebrauch eines See- oder Luftfahrzeugs auf hoher See oder in anderen Gebieten verübt werden, die keiner staatlichen Gewalt unterliegen.”
Das klingt verdammt langweilig und wird dem immer noch blühenden Piraten-Mythos bei weitem nicht gerecht. Die Piratenfiguren unserer Kindheit vollzogen keine Gewaltdelikte, sie rasselten mit Säbeln und waren im Auftrag der Gerechtigkeit unterwegs. Ja gut, ein bis zwei Opfer gab es dann schon mal, aber es waren ja nur irgendwelche spießbürgerlichen Toupet-Träger, die da von den Freibeutern aufgemischt wurden.
Hedonistisches Leben
Wie immer heiligt der Zweck hier also die Mittel. „Eigennützige Zwecke” – darüber lässt sich streiten. Sicherlich waren, beziehungsweise sind, die Piraten der verklärten Romantikwelt keine Robin Hoods, sie gaben nicht zwangsläufig den Armen. Sie nahmen sich, was sie kriegen konnten und lebten damit nach den strengen Prinzipien eines hedonistischen Lebens.
Genau dieser Hedonismus und das Streben nach einem Leben in Freiheit sind Charakteristika der Piraten, wie wir sie uns als Kinder vorgestellt haben. Und dieses Bild, das durch die Piratenschiffe von Lego und Playmobil und Piratenfilme à la Fluch der Karibik stets aufrechterhalten wird, wurde bis heute nicht revidiert und fasziniert darum noch immer die Massen.
Die gegeißelte Gesellschaft dürstet dabei nach Idolen und Symbolen. Piraten sind da die Märtyrer, die notwendigen Anker einer sich erdrückenden Gesellschaft. Die Seeräuber brechen aus den Konventionen des Alltags aus, das drücken sie schon alleine durch ihr asketisches Erscheinungsbild aus.
Schon damals Romane für Jungs
Die Piratenromane seit 1860 behandelten ebenfalls die Seeabenteuer der Meereskönige. Angesprochen waren damals vor allem Jungen und junge Männer. Nachdem die Piraterie durch die Erfindung und Einführung der Dampfschiffe weitgehend verschwand, wurden die Piraten in den Texten romantisch verklärt. Eine große Realitätsnähe musste nicht mehr gegeben sein, es genügte der Fokus auf das Abenteuer.
Und genau in diesem Zustand ist die heutige Gesellschaft stehengeblieben. Piraten sind Abenteurer, die das erreichen, wovon der Otto-Normal-Bürger nur träumen kann. Seereisen, Klunker und Whiskey en masse. Nicht unbedingt kulturell anspruchsvoll, aber die Sau ist bekannterweise ja auch im Schlamm am glücklichsten. Und das klingt bei weitem aufregender als die anfangs zitierte trockene Lexika-Definition über Piraterie.
(Text: Jerome Kirschbaum / Foto: Maximilian Mühlens by jugendfotos.de)