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Der Bundespräsident: Reicht lächeln und winken?

In Zeiten der Krise möchte man gern mal wissen, wer eigentlich das politische Schwergewicht in unserem Land ist. Brauchen wir überhaupt einen Bundespräsidenten? Eine Frage, die aufgrund der aktuellen Ereignisse um Christian Wulff mehr denn je diskutiert wird. Eine Bilanz zum Amt des Bundespräsidenten und seinen Entscheidungskompetenzen.


Der Vorläufer unseres heutigen Bundespräsidenten war der Reichspräsident der Weimarer Republik. Dieser verfügte über weit reichende Befugnisse und konnte mit Hilfe der sogenannten Notstandsgesetze praktisch autonom schalten und walten. Wo das hinführte, ist bekannt.

Als die Bundesrepublik Deutschland im Mai 1949 mit Inkrafttreten des Grundgesetzes gegründet wurde, fanden sich in diesem auch die neu definierten und gekürzten Aufgaben der zukünftigen Bundespräsidenten (Artikel 54-61 GG). Teilweise gravierende Beschneidungen der Befugnisse waren die Folge. Und gerade durch die aktuelle Berichterstattung wirft sich die Frage auf: Braucht Deutschland eigentlich noch die Figur des Bundespräsidenten?

Der Bundespräsident ist formell das Staatsoberhaupt. Zu seinen Aufgaben gehört die Repräsentation der Bundesrepublik Deutschland nach innen und außen, er kann Verträge mit auswärtigen Staaten schließen, deren Gesandtschaften empfangen und selbst deutsche Diplomaten entsenden. Zudem kann er Wahlvorschläge für das Amt des/der Bundeskanzlers/Bundeskanzlerin machen. Den oder die Trägerin des Bundeskanzleramz ernennt und entlässt er auch, ebenso wie die Ministerpräsidenten, den Bundesrichter, die Bundesbeamten, Offiziere und Unteroffiziere. Zudem unterzeichnet und verkündet der Bundespräsident neu erlassene Gesetze.

Bei genauerer Betrachtung dieser Aufgaben zeigt sich, dass der Bundespräsident im Endeffekt nur bereits Vorgezeichnetes vollziehen kann. Er kann zwar Verträge mit anderen Staaten schließen, wenn diese aber die politischen Beziehungen des Bundes berühren, und das ist nahezu immer der Fall, benötigt er für diese Verträge die Mitwirkung und Zustimmung der zuständigen Körperschaft.

Auch bei allen anderen Entscheidungen, Ernennungen und Entlassungen ist der Bundespräsidet stets an etwas oder jemanden gebunden. So kann er nur den Bundeskanzler ernennen, der vom Bundestag gewählt wurde. Die Entlassung eines Mitglieds des Bundestages kann er nur durchführen, wenn der Kanzler ihn damit beauftragt. Und ein neues Gesetz nicht zu unterschreiben steht ihm nur zu, wenn er der Auffassung ist, dass es gegen das Grundgesetz verstößt und dies durch eingehende Prüfung beweisen kann. Hier ist er also ebenfalls an andere Amtsträger und Bestimmungen gebunden.

Der Bereich der Staatspflege, der zum Beispiel das Anordnen von Staatsakten einschließt, ist weit weniger schriftlich fixiert und bietet daher gewisse Freiheiten. Doch durch gewisse geltende Konventionen ist das Staatsoberhaupt auch hier nicht wirklich frei in der Entscheidung, wann ein Staatsakt ansteht oder, für welchen Anlass er eine Ansprache vorbereiten muss.

Aufgrund der aufgezeigten Fakten lässt sich sagen, dass der Bundespräsident zwar das Staatsoberhaupt ist, seine Kompetenzen dieser Bezeichnung aber nicht gerecht werden. Er kann Deutschland nicht „lenken”, denn er ist sozusagen nur das Gesicht des Fahrers. Er sieht und hört, was gerade ansteht und handelt danach. Er hält Ansprachen und seine Mimik passt sich jeder Situation an.

Bei einem Staatsbegräbnis ist er traurig, übernimmt er die Ehrenpatenschaft für das siebte Kind einer Familie lächelt er und, wenn er gerade eine Kreditaffäre am Hals hat, hört und sieht er nichts und verhält sich ruhig, bis etwas an die Öffentlichkeit kommt. Und selbst dann erstreckt sich sein Handeln nur auf bestätigen, abstreiten oder aber einen (Droh-) Anruf bei der „Bild”.

(Text: Julia-Friederike Barbier)

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