In der Regel sind es Männer der alten Garde – Männer, die entweder keinen besseren Job bekommen haben oder einfach Spaß an der Fummelei an jungem Frischfleisch haben. Mit dem Ende der Wehrpflicht werden auch die Musterungsärzte Deutschlands arbeitslos? Doch wohin jetzt ihnen?[divide]

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„Hose runter – Beine breit. Kopf nach links drehen und dreimal laut Husten!” Klare Anweisungen, die jeder junge Mann in Deutschland erleben durfte. Denn zur Musterung musste bisher jeder einen medizinischen Tauglichkeitstest beim Kreiswehrersatzamt absolvieren. Neben so gewöhnlichen und unspektakulären Dingen wie eine großzügige Urinspende, Abnahme von Größe und Gewicht sowie einem schnellen, dafür jedoch äußerst ineffizienten Seh- und Hörtest, folgt der wichtigste Part: Der Hodentest.

Ein Vorgang auf den sich der grinsende Musterungsarzt meist mehr freut als deren Opfer. Was vorher noch Helferinnen übernehmen, nimmt der graumelierte Hodenschüttler jetzt lieber selbst in die Hand. Hodenschüttler deshalb, weil es in der Regel ausgediente – oder besser gesagt erfahrene – Fachkräfte sind, die weder eine ruhige Hand noch eine angenehme Körpertemperatur ausstrahlen.

Während die Sekretärin am Schreibtisch sitzt, ihre dicken Brillengläser noch einmal putzt, um den Blick anschließend erwartungsvoll auf das Objekt der Begierde zu werfen – desinfiziert sich der Hodenschüttler noch einmal die Hände und ruft: „Hose runter – Beine breit. Kopf nach links drehen und dreimal laut Husten!” Die kalte, feuchte und zugleich raue Hand des Täters krault dabei genüsslich die Hängepartien zwischen den Beinen. „Ist ihnen kalt?”, schallmeit es von unten hämisch. Eine hoffentlich rhetorische Frage, die jeder gestandene Mann mit einem klaren und tiefen „Jawohl, Herr Schüttler”, zu beantworten hat. Was offiziell als Hodenkrebs-Test verkauft wird, nutzen offensichtlich auch einige für ihre eigenen Vorlieben aus.

Für viele junge Männer die erste sexuelle Erfahrung – oder zumindest die erste gleichgeschlechtliche. Für den Musterungsärzte die Freuden des Alltags. Doch im Laufe dieses Jahres werden nun bundesweit mindestens 42 der 53 Kreiswehrersatzämter geschlossen.  Musterungsärzte stehen desillusioniert auf der Straße und warten auf Jugendliche an Bushaltestellen um einen kurzen Griff zu erhaschen – wie ein Heroinjunkie, auf der verzweifelten Suche nach der nächsten Dröhnung. Wie soll die Arbeitsagentur ein solch psychisches Wrack denn noch vermitteln?

Der Tätigkeits- und Erfahrungsbereich der vergangenen Jahre war doch erheblich beschränkt. Urologe wäre noch naheliegend. Auf Frauen sollten diese notorischen Fummler auf keinen Fall losgelassen werden. Sie wüssten ja  gar nicht, was sie mit den beiden großgewachsenen männlichen Genitalien unterhalb des Halses anfangen sollten und warum im Gegenzug unten rum so merkwürdig aussieht. Oder Tierarzt? Künstliche Befruchtungen bei Kühen – das käme ihnen doch entgegen. Handschuh an, Gleitgel drauf und ab in die dunklen und tiefen Geheimnisse der Wiederkäuer.

Einen Ausgleich ihrer jahrelang ausgelebten sexuellen Triebe bei der täglichen Arbeit muss unser Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg diesen Menschen jedoch zugestehen. Das ist er ihnen trotz sämtlicher Einsparungspläne schuldig. Wie laut FDP-Maulwurf durchsickerte, denkt das Ministerium intern über eine Art Selbsthilfegruppe „die anonymen Schüttler” nach. Zweimal die Woche treffen sich all die arbeitslosen, unbefriedigten Musterungsärzte Deutschlands in den stillgelegten Kreiswehrersatzämtern. Sie stellen sich im Kreis auf und mit den Worten „Hose runter – Beine breit. Kopf nach links drehen und dreimal laut Husten!” greift jeder zu seinem rechten Nachbarn.
Sicherlich nicht die Muster(-ungs)lösung für uns Normalsterbliche; aber Karl-Theodor, das bist du ihnen nach all den Jahren schuldig!

(Text: Konrad Welzel / Zeichnung: Christina Koormann)

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Von Konrad

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