Facebook und Co. sind die neuen Kanäle, über die Firmen an Nachwuchs herankommen. Mit ungewöhnlichen Strategien verlagern Unternehmen auch in Bremen ihre Mitarbeitersuche ins Internet. Experten sehen großes Potenzial in den Sozialen Netzwerken.

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Ich bin online. Und ich habe einen Job. Letzteres wissen Besucher meines Profils nur, wenn sie mit mir befreundet sind. Öffentlich sind mein Name, mein Foto und mein Wohnort. Das hinderte einen Herrn nicht daran, mir einen Job anzubieten. Ohne, dass er meine Qualifikationen und meinen Bildungsstatus kennt. Einen Job als Teamleiterin in einem seriösen Unternehmen.Er habe einen Teamleiter-Posten bei der Hamburger-Mannheimer Versicherung (HMI) am Standort Bremen zu vergeben, schrieb er mir. Ich könne zum Bewerbungsgespräch vorbeikommen,. Als ich ihm mitteilte, dass das unseriös wirke, antwortete er: „Ob jemand qualifiziert ist entscheiden wir danach, wie derjenige reagiert. Die Ausbildung bekommt man bei uns. Und wie heutzutage in vielen Ländern üblich, ist es uns egal, ob jemand einen Schulabschluss hat oder nicht. Wir geben jedem eine Chance.”

Ich habe meine Chance vertan. Meine Nachfrage habe gezeigt, dass ich nicht geeignet sei. Das Angebot war tatsächlich ernst gemeint: Der Nachrichtenschreiber ist bei der HMI in Bremen angestellt. HMI arbeitet als Vertriebsorganisation der Ergo-Versicherungsgruppe.

Ergo nutzt zahlreiche Kanäle für Mitarbeiterrekrutierung
Dort zeigt man sich nicht überrascht über das Angebot. „Unsere Geschäftspartner nutzen in der Regel zahlreiche Kommunikationswege, um potenzielle Partner für die HMI zu gewinnen. Hierbei kann es auch vorkommen, dass Menschen in Sozialen Netzwerken angesprochen werden”, sagt Ergo-Sprecher Marc Jacobi. Ist die Person interessiert, kommt es zu einem Bewerbungsgespräch. Auf die Frage, nach welchen Voraussetzungen potenzielle Mitarbeiter über private soziale Netzwerke angesprochen werden und wie häufig das vorkomme, sagt Ergo-Pressesprecherin Petra Wahedi: „Wir gehen davon aus, dass nur wenige der Partner Social Networks nutzen, und dann auch nicht systematisch, sondern nur zufällig.”

Branko Woischwill vom Büro für Berufsstrategie Hesse/Schrader beschäftigt sich mit Mitarbeiterrekrutierung im Internet. „Die Entwicklung in diesem Bereich ist teilweise unübersichtlich”, sagt er. Zwar werden nach und nach verschiedene neue Chancen deutlich, „aber erfolgreiche Wege müssen sich erst dauerhaft beweisen”.

Web 2.0 werde die Bewerberansprache dennoch beeinflussen. „Derzeit beobachten wir vor allem, dass klassische Wege mit neuen erweitert werden.” Viele Firmen nutzen Business-Communities wie Xing oder LinkedIn für die Mitarbeitersuche. Dort werden neben Namen und Interessen auch beruflicher Werdegang, Referenzen und Zeugnisse hochgeladen. Über die Suchfunktion kommen Firmen mit möglichen künftigen Mitarbeitern in Kontakt.

Xing und LinkedIn mit bewerbungsrelevanten Informationen
„Im Moment kann man bei der Mitarbeitersuche nur Xing und LinkedIn ernst nehmen, denn dort bekommen Personalabteilungen die Infos, die sie für eine Anstellung benötigen”, erklärt Daniela Chikato, die Personalabteilungen im Umgang mit Sozialen Netzwerken berät. „Das liegt auch daran, dass das Jobinteresse bei Xing größer ist als beispielsweise bei Facebook.”

Vorreiter in Sachen Mitarbeitersuche über Soziale Netzwerke ist in Deutschland der Otto-Konzern. Auf Facebook und Twitter ist Otto stark vertreten, dort müssen künftige Bewerber aber selbst aktiv werden: „Wir haben eine Karriereseite bei Facebook und zwei Searcher, die in Business-Netzwerken geeignete Kandidaten suchen”, sagt Michael Picard, Direktor Personal bei Otto. Mitarbeiter können sich freiwillig eine „Job for friends”-Applikation aufs Profil holen, eine Art Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Funktion.

Mitarbeitersuche über Social Media-Kanäle stehe zwar noch am Anfang, gewinne aber zunehmend an Bedeutung, denn „vor allem für jüngere Leute wird es immer selbstverständlicher, sich online zu informieren und zu bewerben”, so Picard.

Wer Facebook strukturiert nutzt, kann in Zukunft davon profitieren: „Im Moment nutzen Firmen die Plattformen, um Marketing zu betreiben. Sie legen sich Fanseiten an und steigern so ihren Marktwert”, sagt Chikato. Eine Fanseite ist eine Art Firmenprofil. Wer Anhänger dieser Seite wird, wird regelmäßig mit den neusten Infos versorgt.

Bei Facebook zählen mittel- und langfristige Kontakte
„Darüber können die Firmen schon einmal potenziellen Nachwuchs sammeln, weil sie in die Wahrnehmung rücken”, erklärt Svenja Hofert, die mehrere Bücher zur Thematik verfasst hat. Sie sieht Facebook nicht als Stellenanzeigenmarkt. „Es geht vor allem darum, über Facebook und Co. ins Gespräch zu kommen. Das führt nicht zwangsläufig direkt zu einem Job, so nach dem Motto: Ich bin arbeitslos, also melde ich mich mal bei Facebook an”, erklärt Hofert. „Es geht eher darum, mittel- und langfristig Kontakte aufzubauen und zu erhalten, die irgendwann einmal für die Jobsuche relevant sein können.”

Wichtig könnten in Zukunft auch Diskussionsgruppen und Foren werden. „Wer mit fachlich qualifizierten Kommentaren zur Diskussion beiträgt, kann sich unter Experten einen Ruf erarbeiten.” Hofert sagt, vor allem in der Technikbranche hätten sich Diskussionsforen bei der Mitarbeitersuche bewährt. Personalabteilungen nutzen derzeit verschiedene Kanäle, „oder wählen ganz gezielt und genau passend zur jeweiligen Stelle einen Kanal aus”, sagt Woischwill. Er rät Firmen, ein individuelles Konzept zu Medium und Zielgruppe zu entwickeln, „das sich aber sinnvoll in die übrigen Recruiting-Aktivitäten der Firma integrieren lässt”.

Soziale Netzwerke seien nur hilfreich, wenn der Suchaufbau klug und die Ansprache an passive Bewerber gezielt sei. „Andernfalls haben Firmen Bewerber in Gesprächen sitzen, die kein Interesse an einer Beschäftigung haben”, so Woischwill. Chikato rät Firmen noch davon ab, Mitarbeiter bei Sozialen Netzwerken zu rekrutieren. „Später kann es relevant werden, aber der Aufwand ist im Moment noch zu groß.” Hofert schließt sich an: „Facebook ist stark im Kommen, gerade bei jungen, medienorientierten Menschen.” Aber nicht in jeder Branche würde das Projekt Mitarbeiterrekrutierung via Facebook funktionieren.

(Text: Miriam Keilbach, Erstveröffentlichung by Weser Kurier)

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Von Miriam

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