Sie ist die Frau hinter dem millionenschweren Konzern. Doch eigentlich kennt man nur ihren Namen. Wer ist Friede Springer und wie ist dort hin gekommen, wo sie heute steht? Ein Annäherungsversuch.


Am Samstag fanden nahezu alle Haushalte in Deutschland die kostenlose Ausgabe der BILD in ihrem Briefkasten. Alle – außer etwa 300.000 aktive Gegner, die sich mit einem Anti-Bild-Sticker vor der Geburtstagsaktion der Axel-Springer AG gewappnet hatten. Ansonsten alle. Das grenzt nicht mal mehr nur an Größenwahn. Doch wer steht hinter dem Blatt, das sich selbst als “die Stimme des Volkes” bezeichnet? Seit mehr als 27 Jahren steht an der Spitze des Konzerns eine Frau: Friede Springer, die Witwe des 1985 verstorbenen Axel Springers.

Geboren 1942 auf der Insel Föhr als Tochter eines Gärtners und einer Hauswirtschafterin, steigt Friede Riewerts auf eher unorthodoxe Weise an die Seite von Axel Springer auf. Es passiert das, was heute noch der Albtraum vieler Ehefrauen ist: 1965 beginnt die damals 23-jährige Friede als Kinderpflegerin im Haus des dreißig Jahre älteren Großverlegers. Und wie solche Geschichten eben ablaufen, beginnt sie eine Affäre mit dem Vater der Familie, wird seine Geliebte und – das ist der romantische Unterschied zu ähnlichen Geschichten – wird 1978 seine fünfte und letzte Ehefrau.

Heute verwaltet Friede Springer das Erbe ihres Mannes. Sie besitzt sieben Prozent der Aktien der Axel Springer AG. Darüber hinaus aber 90 Prozent der Gesellschaftsanteile der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co. Diese ist mit 51,5 Prozent an der Axel Springer AG beteiligt. Darüber hinaus sitzt sie im Aufsichtsrat der Bertelsmann AG und von diversen Stiftungen. Das heißt, Friede Springer hält die Zügel des Konzerns fest in der Hand. Ihr privates Vermögen wurde von Frobes auf etwa 2,5 Milliarden US-Dollar geschätzt, was ihr einen Platz unter den zehn reichsten Deutschen beschert.

Der Albtraum jeder Ehefrau
Doch zurück zu der Kinderfrau, die damals in der Mitte der 60er Jahre auf eine Anzeige mit dem Wortlaut “Villenhaushalt sucht Kindermädchen” antwortete. Zuvor arbeitete Friede Riewerts in der Tourismusbranche. Sie hat einen Volksschulabschluss und besuchte auch weiterführende Schulen, einflussreiche Eltern, wie beispielsweise Springers erste und dritte Frau, hatte Friede Riewerts nicht. Möglicherweise aus diesem Grund ist einer ihrer markantesten Sätze: “Ich gebe es zu: Ich bin sein Produkt.” Das ist wohl wahr, denn eine Friede ohne das Springer, gibt es heute scheinbar nicht mehr. Und auch ihre Biografie ist derartig von dem großen Mann im Hintergrund beeinflusst, dass die Vermutung, sie habe ihr Leben dem seinen verpflichtet nicht unbegründet bleibt.

Als Axel Springer Friede 1978 heiratete, war er bereits 66 Jahre alt. Ein Mann im Rentenalter, der sich für seinen Lebensabend die 36 Jahre jungen, blonden Friesin ausgewählt hatte. War es ihre Naivität, die ihn reizte? Ein reines Sexobjekt, eine Vorzeigefrau ist sie für den Verleger scheinbar nicht gewesen. Er muss Potenzial in ihr gesehen haben oder einfach den Willen ihm treu ergeben zu dienen. Unter Axel Springer begann nämlich seine Friede sich akribisch auf die Nachfolge im Unternehmen vorzubereiten. Auf seinen Wunsch hin bildete sie sich an der Weltwirtschaftschule in Kiel weiter. Dort studierte sie Philosophie, Religion und Kunstgeschichte. Darüber hinaus eignete sie sich diverse Fremdsprachenkenntnisse an.

Am 22. September 1985, im verflixten siebten Ehejahr, trat das ein, worauf Axel Springer seine Frau vorbereitet hatte: Im damaligen West-Berlin starb er an seiner Herzerkrankung. Bereits in den fünf Jahren zuvor hatte er sich stetig aus seinem Imperium zurückgezogen und immer mehr Macht an seine Vertrauten und natürlich seine Ehefrau abgegeben. In seinem Testament verfügte er, dass seine Erben ihren Anteil nicht vor dem Jahr 2015 veräußern dürfen. Ein Versuch die eigene Firma nicht durch Erbstreitigkeiten in ihre Einzelteile aufzulösen.

Mit diesem Willen muss er auch seine Frau Friede indoktriniert haben. Nach dem Tod des alten Mannes drohte der Erbfolgekrieg im Verlag. Die Kinder aus den ersten Ehen, Friede Springer, Großaktionäre und Konzernvorstände versuchten Machtansprüche geltend zu machen. Als Siegerin aus diesem Kampf ging eine unerwartet hervor: Friede Springer setzte sich durch.

Dieser Kampf war hart, denn zum Zeitpunkt von Axel Springers Tod gehörten dem Verleger noch etwa 26,1 Prozent der Anteile am Unternehmen. Die verbleibenden Anteile lagen bei den Großaktionären Leo Kirch und der Familie Burda sowie bei vielen kleinen Anteilseignern. Trotzdem: 1985 war es Friede Springer, die in den Aufsichtsrat der Axel Springer AG gerufen wurde und später auch in die Vorstandschaft vorrückte.

Friede zurrt das Springer-Paket fest
Dort zurrte sie zum Ende der 80er Jahre das Springer-Paket fest. Sie kaufte 1988 die Anteile der Burda-Brüder an dem Verlag zurück und zahlte schließlich die Erben aus und übernahm so auch deren Anteile. Im Jahr 2002 setze Friede Springer mit Mathias Döpfner einen Mann an die Spitze des Konzerns, dem ihr Vertrauen galt.

Redaktionell nimmt sie offensichtlich keinen Einfluss auf die einzelnen Medien. Trotzdem sind weiterhin alle Mitarbeiter verpflichtet bei Arbeitsantritt einen Leitfaden zu unterschreiben, den damals Axel Springer entwickelt hatte. Außerdem ist bekannt, dass Friede Springer freundschaftliche Beziehungen zu Bundeskanzlerin Angela Merkel unterhält. Ob und inwiefern sich dieses Verhältnis konkret im Ton der Zeitungen niederschlägt, ist nicht überliefert. Neben dem Einsatz im Konzern engagiert sich Springer in diversen Stiftungen. Unter anderem ist sie Vorstand der Friede Springer Herz Stiftung, die Herz- und Kreislauferkrankungen erforscht. Eine weitere Reminiszenz an den verstorbenen Ehemann.

Axel Springers Macht über seine Frau reicht bis weit hinaus über seinen Tod bis in die Gegenwart hinein: das Bewahren von Springers Lebenswerk ist zu ihrem Lebensinhalt geworden.

(Text: Lea Kramer)

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Von Lea

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