Das Mutterland der Mafia
Ein Ăberblick der organisierten KriminalitĂ€t in Italien
In Deutschland vergleichsweise wenig prĂ€sent, erfreut sich die Mafia in Italien groĂer PopularitĂ€t und Zuwachs. Mittlerweile sind die Sizilianer bekannt fĂŒr bewaffnete RaubĂŒberfĂ€lle, Erpressungen und ein weltweites Netz an Verbindungen zu anderen Mafiosi. Doch was steckt eigentlich hinter der âMafia“, die wir meist nur aus Hollywood-Filmen kennen?
Die fĂŒnf Buchstaben von âMafia“ haben ursprĂŒnglich eigentlich zwei Bedeutungen:
Erste Variante: âMorte Alla Francia, Italia Anela„, was ĂŒbersetzt heiĂt âDen Tod Frankreichs ersehnt sich Italien“.
Zweite Variante: âMazzini Autorizza Furti Incenti Avvelenamenti„, was ĂŒbersetzt heiĂt âMazzini befiehlt Raub, Brandstiftung und Giftmorde“.
Auf diesen beiden SĂ€tzen basiert untrĂŒglich der âSinn und Zweck“, aus dem die Mafia im 19. Jahrhundert gegrĂŒndet wurde. In Italien ist primĂ€r die âCosa Nostra“ Einflussnehmer ĂŒber die Region, es agieren jedoch noch weitere Gruppen wie die âSacra corona unita“ (ĂŒbersetzt: Heilige vereinte Krone) in Apulien, die kalabrische âÂŽNdrangheta“ oder nepalesische Familienclans rund um Neapel und die Region Kampanien.
Vorgehensweise der Mafia
Die italienische organisierte KriminalitĂ€t operiert vorwiegend aus Familien heraus. Bei jenen Familien handelt es sich jedoch nicht zwingend um richtige Verwandte, es herrscht lediglich eine strenge Hierarchie vor, die Frauen ĂŒbrigens vollstĂ€ndig ausschlieĂt. Eine Mafiafamilie besteht in der Regel aus einem Oberhaupt, dessen Anweisungen Folge zu leisten ist. In einigen FĂ€llen unterliegen alle OberhĂ€upter noch einem sogenannten Oberboss. Indem sie sich ĂŒber Spendengelder oder Abgeordnete in die Politik einschleusen, gelangt die Mafia in Italien zu einem noch gröĂeren Einfluss. Gerade von den Politikern, die aus den Reihen der Mafia kommen, geht eine groĂe demokratische Gefahr aus.
Denn die Wertevorstellung der Mafia ist vollkommen entgegengesetzt angelegt, wozu die Ablehnung der staatlichen Ordnung gehört. Einzig und allein die Familie aus Mafiosi zÀhlt. Als positives Schaffen der Mafia kann man wiederum die BekÀmpfung Kleinkrimineller sehen. ZuhÀlter und TriebtÀter sind in Mafiakreisen geÀchtet und werden deshalb oft mit Mord bestraft.
Aufnahme in die Mafia
Wer sich ein Mafioso nennen will, hat nicht gerade einen einfachen Weg zu gehen, bevor er offiziell aufgenommen wird. Bei der âCosa Nostra“ gilt es zunĂ€chst durch Kooptation gewĂ€hlt zu werden. AnschlieĂend wird das werdende Mitglied samt Familie auf nicht gern gesehene Berufe wie Staatsanwalt oder ZuhĂ€lter geprĂŒft, bevor es sich durch eine schwere Straftat als Mafioso zu qualifizieren hat. Als âPentiti“ werden ehemalige Mafiosi bezeichnet, die sich zu ihren Taten bekannten.
Cosa Nostra
Als bekannteste und wohl auch gröĂte Mafia-Organisation gilt die âCosa Nostra“ (ĂŒbersetzt: âunsere Sache). Sie ist zum gröĂten Teil in Palermo und dem westlichen Teil Siziliens vertreten. Mitgliederzahlen der einzelnen, streng konservativen Familien variieren von zehn bis 200 Angehörigen. Cosa Nostra bindet seine Mitglieder vor allem durch Prestige an sich, als Gegenleistung haben meist junge AnhĂ€nger Morde auszufĂŒhren. Zentral ist jedoch nach wie vor die Schutzgelderpressung durch die Familien in ihren Schaffensgebieten. Zudem macht die Cosa Nostra Einnahmen durch Schmugglerei, EntfĂŒhrungen, illegalen Waffen- und Drogenhandel, die laut staatlicher Antimafia rund 100 Milliarden Euro betragen dĂŒrften.
Camorra
Bei den Camorristi, die sich heute als â âO sistema“ bezeichnen, handelt es sich vorwiegend um Clans rund um Neapel, die in der EuropĂ€ischen Union durch Produktpiraterie, Drogenhandel und erpresste GroĂauftrĂ€ge Geld erbeuten.
Ndrangheta
MĂ€chtigste Organisation Europas ist die aus Kalabrien stammende âNdrangheta“, die rund 44 Milliarden Euro im Jahr durch kriminelle Machenschaften verdient. Sie agiert in Europa, Nord- und SĂŒdamerika, sowie Australien.
Sacra Corona Unita
Die âSacra Corona Unita“ aus Apulien mit Hauptsitzen in den Provinzen Bari und Brindisi zĂ€hlt rund 1561 Mitglieder in 47 Clans. Im Gegensatz zur âCosa Nostra“, die sich stark von der Prostitution distanziert, werden beispielsweise Albanerinnen von der âSacra Corona Unita“ oft zur Prostitution gezwungen. Die Ă€uĂerst brutale und gewalttĂ€tige Organisation unterhĂ€lt gute Verbindungen zu Kolumbien und Albanien, zum Beispiel in Hinsicht auf den Drogenhandel im Adriatischen Meer.
Trotz mehrerer internationaler und nationaler Behörden, die sich um die EindĂ€mmung der Mafia kĂŒmmern, gelingt es den Organisationen immer wieder, sich elegant aus der AffĂ€re zu ziehen. Nicht zuletzt, weil StaatsanwĂ€lte, die in Prozessen gegen die Mafia mitwirken, Polizisten, Politiker und Unternehmer oft kaltblĂŒtig und brutal ausgeschaltet werden, sollten sie sich zu sehr in die GeschĂ€fte der Mafia einmischen.
(Text: Ronja Heintzsch)
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