Alkohol – der Sinn des Lebens?
Ăber die Flucht aus der RealitĂ€t
Wochenlanger Lernstress, die ersten AbschlussprĂŒfungen stehen an. Das LandesprĂŒfungsamt droht mit seinen langen, fĂŒrchterlichen BĂŒrokratie-Klauen. Nach diversen BehördengĂ€ngen und dem ReinprĂŒgeln von Fakten und ZusammenhĂ€ngen winkt die mĂŒndliche PrĂŒfung, die zu allem Ăberfluss auch noch examensrelevant ist. Viele Studenten kennen dieses Szenario, auch SchĂŒler können ein Liedchen vom Lernen singen. Doch was folgt auf den Lernstress? Meist kein Urlaub. Sondern vielmehr das wohlverdiente Bier, das wohlverdiente Feierwochenende.
Erst die Arbeit, dann das VergnĂŒgen
Zum Stressabbau, zum âRunterkommen“ und, um sich fĂŒr die gelungene PrĂŒfung zu belohnen. Oder auch um die missratene Klausur zu vergessen. Nach der Arbeit folgt das VergnĂŒgen, das ist so und wird wohl auch immer so bleiben. Schon Seneca oder Heinrich von Kleist haben uns eingetrichtert: âNon est ad astra mollis e terris via“, es ist kein weicher Weg von der Erde zu den Sternen. Danach aber darf man nach den Sternen greifen. Und fĂŒr viele ist dies – neben einem erfolgreichen Studium oder einem guten Schulabschluss – das Bierglas oder der Whiskey-Cola gepaart mit beatreicher Elektromusik im angesagten Szene-Laden.
Das Ausgehen mit Freunden, das lockere ungezwungene GesprĂ€ch und das Kennenlernen von neuen Freunden nimmt in heutigen Zeiten von Computer, Internet, Facebook und Skype wohl immer mehr ab. Das soziale Miteinander reduziert sich in manchen FĂ€llen auf das Wochenende. Dann geht es zum âVorglĂŒhen“ zu Freunden, von da aus dann in die Disko der Wahl.
Wer noch das GefĂŒhl hat, auch ohne Alkohol mit Menschen reden zu können, wer nicht jedes Mal sturztrunken aus der Disko taumelt, um seinen Mageninhalt auf den Asphalt zu schĂŒtten, der hat die Party nicht zum reinen Lebensmittelpunkt gemacht, könnte man meinen. Der hat nicht den Sinn des Lebens im Alkohol gefunden. Vielmehr ist die Party wohl eher die Flucht aus dem Lernstress, das ganz persönliche Refugium, um die Arbeitswoche abklingen zu lassen. Wer jedoch nach der Flucht nicht wieder in den Alltag zurĂŒckkehrt, kann sich frĂŒher oder spĂ€ter mit Alkoholproblemen konfrontiert sehen.
Individuelles MittelmaĂ
Heutzutage sammeln Jugendliche immer frĂŒher Alkoholerfahrungen, Flatrate-Partys wurden zum geflĂŒgelten Wort in Deutschland. An Karneval oder zu GroĂereignissen wie WM- und EM-Zeiten erreicht der Biergenuss wahre Höchstwerte – vor allem bei der Jugend. Wenn der Alkohol ĂŒberhandnimmt und die Leistungen und Anwesenheit in Schule, Arbeit oder Studium nachlassen, hat das wenig mit der ErfĂŒllung des Sinn des Lebens zu tun. Auch hier ist wie in so vielen FĂ€llen des Lebens das gesunde MittelmaĂ von Vorteil. Dieses MittelmaĂ ist individuell, es muss jeder fĂŒr sich persönlich finden und entscheiden. Wer jedoch nur in Extremen lebt, wird unweigerlich seinen eigentlichen Sinn des Lebens aus den Augen verlieren.
Dieser liegt nĂ€mlich nicht neben zerbrochenen BierglĂ€sern auf verschmierten TanzflĂ€chen. Der Alkohol und die PartynĂ€chte begleiten fast jedermann im Leben, die wenigsten EuropĂ€er leben nach dem Straight-Edge-Prinzip, wonach Alkohol, Drogen und Tabak abgelehnt werden. Aber der Alkohol kann nicht den Sinn des Lebens ausmachen. Der Sinn des Lebens ist wohl vielmehr in Kommunikation mit Freunden, der Liebe eines Partners, einer Partnerin oder anderem menschlichen Miteinander zu finden. Das kann auch von Alkohol flankiert werden, aber in MaĂen. Die Flucht aus der RealitĂ€t sollte niemals endlos werden.
(Text: Jerome Kirschbaum)
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