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Dienstagabend ist immer die beste TV-Zeit, wenn auf RTL Bones – Die Knochenjägerin kommt. Und auch wenn ich für die Menschen, die ihren Tagesplan nach dem Fernsehprogramm machen, meist nur Spott übrig habe, dienstags bin ich kein Haar besser. Wenn da nicht ein wirklich außergewöhnliches Ereignis ansteht, dann bleibe ich daheim und mach es mir vor dem Fernseher gemütlich. Es ist Serienzeit. Doch was ist dieser Bann von Serien?

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Die Meisten von uns werden dieses Gefühl kennen. Wir sind gerne unterwegs, gehen abends aus, zum Sport oder essen mit der Familie, aber wenn unsere Lieblingsserie läuft, meistens einmal in der Woche, dann sitzen wir pünktlich auf der Couch und vergessen für die nächste Zeit alles um uns herum. Warum? Was ist so faszinierend an meistens 60, mit Werbung durchtränkten, Minuten? Was unterscheidet das Serien- vom Filmschauen?

Die Charaktere sind wie enge Bekannte – über längere Zeit lernt man sie immer besser kennen

Ein grundlegender Unterschied ist die Beziehung zu den Charakteren. Sicher, auch im Film wachsen uns die Personen ans Herz, in Reihen oder Mehrteiler kennen wir sie besser und haben unsere Lieblinge. Doch in der Serie sind die Charaktere wie enge Bekannte oder gar Familie. Sie kommen jede Woche einmal und wir lernen sie von allen Seiten kennen. Gerade in den ersten Staffeln ist es meistens so, dass die wichtigsten Personen ausführlich dargestellt und eingeführt werden. Im Film ist dies schon aus Zeitgründen nicht möglich.

Dadurch gewinnt der Zuschauer das Gefühl, die Hauptperson zu kennen. Wenn diese sich im Verlauf der Serie auch immer weiterentwickelt (meistens sehr vorhersehbar von uncool zu cool, von biestig zu doch irgendwie nett) – wir kennen sie von Anfang an, wissen auch um die Vergangenheit – gerade dies gibt uns das Gefühl einer engen Verbundenheit.
Wir fänden Leonard aus The Big Bang Theory doch nur halb so sympathisch, wenn wir nicht neun Staffeln lang verfolgt hätten, wie er sich durch alle nur möglichen Peinlichkeiten kämpft und vom stotternden Angsthasen zum durchaus selbstbewussten Kerl wurde, der endlich Penny heiraten darf.

Vorfreude auf die nächste Folge

Genau damit ködern die Serienmacher ihre Zuschauer. Sie erfinden die Figuren und präsentieren dann in kleinen Häppchen Neues und Entwicklungen. Und natürlich funktioniert das – die Fans wollen mehr wissen und schalten jede Woche wieder ein. Diese Vorfreude, gepaart mit oftmals einem Ende an einer sehr spannenden Stelle, dem sogenannte Cliffhanger, macht für mich eine Besonderheit der Serien aus. Ich ärgere mich, wenn an der aufregenden Stelle, auf welche die Geschichte seit Wochen hinarbeitet, Schluss ist und gleichzeitig freue ich mich die ganze Woche, bis es endlich weiter geht.

Diese Freude ist auch dann da, wenn ein Handlungsstrang zu Ende erzählt wurde. Ich möchte wissen, wie geht es denn nun weiter mit Both und Bones, nachdem sie endlich zusammen gekommen sind. Was stellt Frank Underwood denn nun an, nachdem er US-Präsident wurde? Ein Film endet mit einem klaren Ende, einem Schnitt. Danach kommt nichts mehr. Es wird in den Sonnenuntergang geritten oder auf der Beerdigung geweint – wie es im „Alltag“ weitergeht, wird nicht mehr gezeigt.

Dieses Fortführen nach dem Höhepunkt der Handlung, das Weitererzählen und Hinführen zu neuen Ereignissen macht die Besonderheit einer Serie aus. Es kann aber auch ihren Abstieg markieren. Dann nämlich, wenn die Macher den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören verpassen. Friends oder How I met your mother sind hier Beispiele. Die letzten zwei Staffeln hätte man sich sparen können. Sie trugen nichts mehr zum Inhalt bei, waren nur noch ein Rauszögern des – unvermeidlichen – Endes. Dies ist die große Gefahr. Die Serie verliert ihre Leichtigkeit, die Handlung wirkt nicht mehr flüssig und ineinander übergehend, sondern gezwungen und künstlich. Die neunte Staffel von How I met your mother spielte beinahe nur am Hochzeitswochenende von Barney und Robyn. Es war nicht mehr das Einschalten wegen dem Gefühl „Oh, wie geht es weiter, hoffentlich passiert endlich dies und das…“ Die Ausgangslage war eher: „Lernt er jetzt endlich die Mutter kennen… und heiraten die am Ende mal noch?!“

Abschalten ist – selbst bei der größten Enttäuschung – schwer

Doch hier zeigt sich ein weiterer Grund, warum wir unseren Serien treu bleiben und weiter schauen. Egal, wie wütend wir nach dem Ende einer Folge oder gar Staffel den Fernseher ausschalten, die allermeisten schalten beim nächsten Mal auch wieder ein. Sei es, weil man hofft, nächstes Mal wird es besser oder das (falsche) Ende noch richtig aufgelöst – den Schritt, komplett sich abzuwenden, schaffen nur die Wenigstens. Die Mehrheit wird auch in der kommenden Woche wieder vor dem Fernseher sitzen und gespannt auf die neue Folge warten.

Und wenn dann eine Serie fertig ist, alle großen und kleinen Rätsel gelöst und die Charaktere (meistens) ihr verdientes Happy End bekommen, sind wir traurig, auch wenn das Ende sich nicht mehr weiter hinauszögern ließ. Es ist eben beruhigend, zu wissen, egal wie schlimm die Woche bisher war, heute Abend kann ich zumindest für eine gute Stunde wieder in eine andere Welt eintauchen – wer würde da nicht immer wieder schwach werden.

Autor

Von SophieIsa

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