Fußball

Real Madrid spielt 15 Minuten Fußball

Der Clásico zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid ist seit jeher eines dieser Spiele, das elektrisiert. Bei jenem Aufeinandertreffen geht es um mehr als nur drei Punkte, es geht um Ruhm und Ehre; um die Vorherrschaft in Spanien. Selten war die Ausgangslage so spannend wie am vergangenen Montag, aber ebenso selten war der Ausgang so deutlich wie an diesem 13. Spieltag. [divide]

Real Madrid fuhr erstmals mit Neu-Coach Josè Mourinho ins Camp Nou, der portugiesische Trainer hatte seine Madrilenen als Tabellenführer nach Barcelona anreisen lassen und schien die launische Diva aus Madrid zu einer homogenen Einheit mit stabiler Defensive geformt zu haben. Die Vorzeichen standen gut für die „Königlichen”.

Dem FC Barcelona hingegen wurde eine gewisse Sattheit nachgesagt, immerhin wurde in der Ära von Trainer Pep Guardiola zweimal der Meistertitel, einmal die Champions-League und zudem diverse nationale wie internationale Pokale gewonnen. Wie soll man diese Erfolgsstory der letzten zwei Jahre noch steigern? Das fragte sich ganz Barcelona und vor allem einer: Pep Guardiola. Der legere, zurückhaltende Coach gilt als Gegenpart zu dessen Kollegen Mourinho, der in Barcelona eine persona non grata ist. „Mou” hatte im Frühjahr 2010 noch als Trainer von Inter Mailand den Sieg über „Barca” derart ausgiebig gefeiert, dass das heimische Barcelona die Rasensprenger anstellte, um den verhassten, hüpfenden Teufel zu vertreiben.

Herr im eigenen Hause
In diesem 161. Liga-Aufeinandertreffen aber startete Barcelona mit rasantem Tempo und messerscharfem Passspiel. Die „blaugrana” ließen keinen Zweifel daran, wer Herr im Hause Camp Nou ist. Die Real-Spieler um Mesut Özil und Sami Khedira hechelten dem Ball vom Anpfiff weg hinterher. Die Mittelfeld-Regenten Xavi und Iniesta legten sich den Gegner wie beim Schach zurecht, um dann den Pass in die endlose Tiefe des „Barca”-Universums zu spielen. Vorne stießen mit Messi, Pedro und Villa drei quirlige Irrwichte ins Herz der „Königlichen”.

Folgerichtig stand es nach 18 Minuten 2:0 für Barcelona. Erst ab der 30. Minute konnte Real Luft holen, weil Xavi und Co. die Umklammerung etwas lösten. Die Drangphase der Madrilenen endete jedoch wieder mit dem Halbzeitpfiff, der auch gleichbedeutend mit dem Abpfiff für den blassen Mesut Özil war. Damit hatte das Team um Cristiano Ronaldo gewaltige 15 Minuten Fußball gespielt und am Match teilgenommen.

Real erwacht, um zu treten
In der zweiten Hälfte das gleiche Bild. Barcelona hatte dem Gegner längst den Rasen unter den Füßen weggezogen, Real schwebte irrlichternd im Fußball-Nirgendwo. So weidete David Villa mit seinem Doppelpack in der 55. und 58. Minute Madrid komplett aus. Das angeschlagene Real lag schon auf dem Sterbebett, da zirkulierte der Ball bei den „Barca-Kicker” derart lustvoll und beinahe überheblich, dass Real sich kurzzeitig reanimierte. Jedoch nur, um auf die fußballerische Offenbarung mit Frustfouls und fiesen Tritten zu antworten.

Immer wieder wurde Lionel Messi Opfer der wütenden, um sich tretenden Racheengel in Weiß. So kulminierte dies dann in der Nachspielzeit, als Sergio Ramos, seines Zeichens einer der besten Verteidiger der Welt wenn es nicht grad gegen Barcelona geht, erst Messi umsenste, dann Puyol durchs Gesicht watschte und anschließend Xavi in der Nase bohrte. Rot war die logische Folge. Da ging auch fast der Treffer von Eigengewächs Jeffren zum 5:0 Endstand unter.

Ein Spiegelbild dieses ungleichen Duells, in dem Barcelona Real demontierte und nach allen Regeln der Kunst erst gar nicht am Spiel teilhaben ließ. Die von Mourinho geführte Auswahl aus Madrid lief über 90 Minuten hinterher, die Genugtuung in Katalonien war riesig. Der ewige Erzfeind, der noch aus Franco-Zeiten herrührt, wurde vorgeführt und am Nasenring der johlenden Meute im Camp Nou präsentiert.

(Text: Jerome Kirschbaum)

Jerome K.

Jerome schreibt am liebsten über Sport, wenn er denn nicht selbst auf einem Platz steht. Seit Oktober 2010 verdingt sich Jerome als Schreiberling für back view, neben den Leibesübungen widmet er sich sich auch politischen Themen. Im wahren Leben musste Jerome zahlreiche Semester auf Lehramt studieren, um dann schlussendlich doch etwas ganz anderes zu werden.

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