Nicht nur im Märchen sind die Kleider ein Sinnbild für die Eitelkeit des Kaisers. Auch heute lebt die Modeindustrie von der Eitelkeit eines jeden Einzelnen. Ich habe mich auf die Suche nach dem Ursprung von Mode gemacht.[divide]
Schon im 14. Jahrhundert war Kleidung ein Thema, welches durch Hans Christian Andersens Märchen „Des Kaisers neue Kleider“, zum Gesprächsstoff wurde. Damals wurden die edlen Kleider des Kaisers, im Rahmen des Betruges und vor dem Hintergrund der kaiserlichen Eitelkeit, gewoben.
Die Strategie war, dass diese Kleidung nur von echten Kennern als Prädikat erkannt werden konnten. Sozusagen viel Gold für Nichts. Einzig eine unverdorbene Seele [die Unvoreingenommenheit] hat den Gaukel erkannt und beim Namen genannt. Dieses Märchen webt bis heute noch seine Fäden.
Eitelkeit macht schön und arm
So ist auch in der heutigen Zeit, genau diese Eitelkeit der Grund für die Erfolge der Bekleidungsindustrie und Haute Couture. Leichtgläubigkeit und die unkritische Akzeptanz angeblicher Autoritäten und Experten ermöglichen ein Millionen- wenn nicht sogar ein Milliardengeschäft, das sich im Laufe der Jahrhunderte stetig weiter entwickelt hat. Und keine Grenzen der Perversität zum Erreichen ihrer Ziele kennt.
Die Modemacher der Haute Couture sehen ihre Aufgabe darin, den uralten Status der Eitelkeit und Verblendung innerer Unsicherheit zu befriedigen.
Blicken wir zurück, bis hin zu den ersten Überlieferungen, als der Mensch sich Kleidung nähte. Dabei fällt jedem als erstes die Fellbekleidung des Neandertalers oder des heutigen Eskimos ein. Dafür wurde die Haut des Tieres veredelt, das vorher die Sippe ernährte. Also ein Abfallprodukt, das gute Dienste leistete. Der perfekte Mehrwert!
Die Chinesen waren ebenso naturverbunden und nutzen die gesponnenen Seidenfäden einer speziellen Raupenart, um hochwertige Seidenstoffe daraus zu weben. Ein so zartes Material, das dem Flachs und der Baumwolle um Längen an Geschmeidigkeit und Eleganz voraus war.
Wer es sich leisten konnte, wickelte sich regelrecht in schier unendlichen Lagen dieses Stoffes, um seinen Rang in der Gesellschaft zu definieren.
Die Kleidung wurde kategorisiert und bewertet. Grobe Stoffe für grobe Arbeit – feine Stoffe für feine oder keine Arbeit. Da der Mensch sich aber auch in seiner Kategorie gerne unterschied, erfand er die Mode. Der Untergang der sozialen Rangordnung für Kleidung läutete den Beginn der Individualität in der Kleiderordnung ein.
Erdöl zieht uns technisch an
Heute wird fast alles maschinell hergestellt. Das Erdöl war und ist der größte Spender künstlicher Fasern und technisch hoch entwickelter Kleidung. Sogar recycelte PET-Flaschen werden zu Kleidung verarbeitet, die zu einem Vielfachen ihres Wertes als modische Highlights für den schnellen Konsumenten gefertigt wird.
Wir streifen uns also im wahrsten Sinne des Wortes den Abfall unserer Gesellschaft über unseren Körper.
Kleidung soll uns kleiden; uns verkleiden!
Ziel ist dabei, durch den modischen Typus, den eigenen Typ zu unterstreichen. Kleidung hat mittlerweile den selben Stellenwert wie Essen oder ein Haarschnitt bekommen.
Ethisch-moralische Grundzüge bildeten die Grundpfeiler des Zugehörigkeitsgefühls und werden von der Modeindustrie aufgefangen. Es wird Kleidung in Form und Farbe für gezielte äußere Merkmale produziert und vermarktet.
Kleider machen Leute
Einerseits wird durch einen gewissen Kleidungsstil das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt und die Unsicherheit, in der Gesellschaft nicht dazu zu gehören, reduziert. Kleidung soll oder kann seinen Träger dazu verleiten, sich Illusionen hinzugeben oder Illusionen zu erzeugen, sich innerhalb eines vermeintlichen Standes auch auf selber Augenhöhe befinden. Bestes literarisches Zeugnis ist Carl Zuckmayers Theaterstück „Der Hauptmann von Köpenick“.
Kleidung ist nicht mehr für die gesellschaftliche Kasten gemacht, sondern bedeutet für jeden Einzelnen die Möglichkeit seine Individualität zum Ausdruck zu bringen. Ein großes Stück eigener Lebensphilosophie.
Im Wandel der Zeit
Die heutige Gesellschaft spaltet sich gerade im Bereich der Nahrung: Die einen vegan (fleischlos) und die anderen omnivor (Allesfresser). Diese Unterscheidung gibt es auch im Bereich der Kleidung: also ob tierische Produkte wie Leder oder Daunen genutzt werden oder nicht.
Gerade im Bereich der Felle und Lederarten ist die Problematik der Massentierhaltung, unter teils katastrophalen Zuständen, wie auch in der industriellen Fleischproduktion, gegeben.
So bekam die Industrie und deren Labore die klare Aufgabe, die Kunstfaser weiter zu entwickeln, welche nun als Imitat dem Leder als Original wie auch dem Preis kaum nachstehen.
Wer weiß es schon, vielleicht wird in der Zukunft die Kleidung durch holographische Illusionen ersetzt und auf Knopfdruck die Kleidung von morgen gewechselt.
(Text: Johanna Hubien / Foto: Tobias Mittmann by jugendfotos.de)
Ein sehr schön zu lesender und anspruchsvoller Artikel, der voll den Zahn unserer heutigen Zeit trifft. Inhaltlich sehr informativ und fesselt mit seinem Schreibstil!
Danke liebe Johanna, ich freue mich schon darauf, mehr von Dir zu lesen!