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„Eigentlich sind wir die perfekten Schwiegersöhne”

Als Stefanie, Thomas, Johannes und Andreas vor zwölf Jahren eine Band gründeten, dachten sie noch nicht daran, was aus dem Projekt einst werden würde: Eine der erfolgreichsten deutschen Popbands – ausgezeichnet mit unter anderem fünf Echos, dem MTV European Music Award, sechs Cometen und dem Bambi. Bei all dem Erfolg ist die Band eines geblieben: Natürlich. Sympathisch und offen sprechen sie über ihren Bandalltag, den Kontakt mit den Fans und dass bei ihnen nicht die Frau „Sex and the City” schaut.[divide]

Silbermond und die Fans
Hunderte von Fans warten schon auf ihre vier Helden. Sie sitzen bei 25 Grad seit Stunden vor der Open-Air-Bühne. Hin und wieder verlässt ein Teenie die Gruppe, holt Wasser, Pommes, Currywurst. Noch vier Stunden müssen sie hier sitzen, dann wird Silbermond auf die Bühne kommen und die sonnenverbrannten Gesichter werden strahlen, die müden Körper hüpfen und das Gehirn vorgeben, welche Liedzeile als nächstes kommt.

Die Fans schätzen den Kontakt zu Silbermond. Obwohl sie seit Jahren erfolgreich sind, mehrere Nummer Eins Hits hatten und zu großen Stars wurden, merkt man es den vier Sachsen nicht an. Sie plaudern mit den Fans, treffen sie, scherzen mit ihnen. „Wir brauchen den Kontakt mit den Fans und deshalb suchen wir ihn auch. Es ist ein direktes, ehrliches Feedback auf das, was wir tun”, erzählt Stefanie Kloß, die Sängerin der Band. Frauenschwarm Thomas Stolle lobt das gute Verhältnis und denkt an die besten Konzerte, die es ohne den Kontakt mit den Fans so nicht gegeben hätte.

Vor zwölf Jahren entstand die Band, damals dachte noch keiner an das, was kommen könnte. Warum Silbermond immer noch erfolgreich ist? „Wir haben Spaß an dem, was wir tun. Bei vielen Bands, die so lange zusammen sind wie wir, merkt man, dass es ihnen nicht immer Spaß macht”, erklärt Thomas.

silbermond textVon Bautzen nach Berlin
Im Sommer sind die vier häufig unterwegs, spielen auf Festivals. Das Popstarleben sei dennoch anders, als viele es erwarten: „Es gibt Phasen, da sind wir viel zuhause, auch mal ein ganzes Jahr, wenn wir beispielsweise ein Album aufnehmen. Wir leben nicht nur aus dem Koffer”, sagt Stefanie.

Mit zuhause meint sie nicht mehr Bautzen, die Stadt, die durch Silbermond deutschlandweit bekannt wurde. „Bautzen ist unsere Heimat, unser Herz”, sagt Stefanie. „Aber sesshaft sind wir in Berlin. Das war wichtig für die Musik. Berlin ist eine kreative Stadt, eine Inspiration.”  Während sie das sagt, sitzen die Journalisten da, schauen sie an und nicken. Sie sind fasziniert von der Natürlichkeit der Band, den Stars zum Anfassen. Sie sind auf dem Boden geblieben.

Drei Jungs, eine Frau. Stefanie Kloß ist längst zur Frontfrau geworden, ziert Magazine, hat in Interviews das Wort, sitzt in Jurys wie beispielsweise in Raabs Castingshow „Unser Star für Oslo”. Sie ist präsent, ansprechbar, aber nicht dauerpräsent.  Genau die richtige Dosis. Johannes, Andreas und Thomas haben sich längst daran gewöhnt, dass Stefanie im Rampenlicht steht.

Die weibliche Seite
„Ständig wird sie gefragt, wie das ist, permanent mit drei Jungs unterwegs zu sein, dabei haben wir es nicht immer einfach mit ihr”, sagt Andreas und lacht. Die Bandkollegen stimmen mit ein. „Eigentlich sind wir die perfekten Schwiegersöhne. Ich zum Beispiel schaue Pretty Woman, Desperate Housewives und Sex and the City”, ergänzt Thomas noch immer lachend. „Nein, wir haben viel zusammen erlebt, das schweißt zusammen. Diese Frau-Mann-Sache ist kein Thema bei uns”, klärt Andreas.

Seit einem Jahr touren sie mit ihrem aktuellen Album, dem dritten, mit dem Namen „Nichts passiert”. „Krieger des Lichts” ist bereits die dritte Singleauskopplung. „Schon letzten Sommer sind wir mit dem Album getourt, jetzt brauchen wir etwas Neues”, sagt Stefanie.

Etwas in petto haben sie auch schon – bei der Charity-Aktion „Silbermond trifft”, die „Fans Helfen” zugute kommt, covern sie einen Song einer anderen Band und versuchen, möglichst viel daran zu ändern. Die andere Band covert im Gegenzug einen Song von Silbermond. „Das ist auf andere Art und Weise ein Original und es macht viel Spaß”, sagt Stefanie. Die erste Kooperation gibt es mit der Band Jenix. „Wir haben zum ersten Mal komplett selbst produziert. Wenn es funktioniert und erfolgreich wird, probieren wir es auch mit einer anderen Band.”

SilbermondKreativität und Kommerz
Für Silbermond („den Namensvorschlag fand keiner scheiße, es hat etwas düsteres, so mit Werwölfen.”) war es wichtig, sich immer weiterzuentwickeln. Nach zwölf gemeinsamen Jahren kennen sie die Phasen, in denen es weniger läuft und die Phasen, in denen es einfach geht. „Es ist normal, dass es Tage gibt, in denen man keine oder nur schlechte Ideen hat. Es gibt Hochs und Tiefs, aber wir sind alle eher optimistische Menschen”, sagt Andreas.

Der Erfolg stand für die Band immer im Hintergrund, sie hatten Lust Musik zu machen, gemeinsam Spaß zu haben. Trotzdem ging alles schneller als die vier erwarteten. Tausende von Platten waren plötzlich verkauft, ihre Songs liefen im Radio rauf und runter.
„Wir fragen uns nicht, wie viele Platten wir verkauft haben. Das steht nicht im Fokus. Musikmachen ist einfach unsere Welt, im Studio und Live sowieso”, sagt Thomas. Zeit zu reflektieren hat die Band wenig, aber sie bekommen mit, was um sie herum passiert. „Es ist schon alles irgendwie krass. Wir wissen das zu schätzen und sind sehr dankbar.”

Noch immer sei es ein sehr schönes Gefühl, wenn auf einem Konzert tausende Menschen ihre Lieder mitsingen könnten, meint Thomas. „Ich hoffe, dass wir uns an so etwas nicht gewöhnen, denn wir wissen, dass wir uns nicht ausruhen dürfen. Wir müssen uns immer wieder neu entdecken. Das gehört zum Kreativsein”, sagt er und wirkt dabei herrlich bodenständig.
Steffi betont, dass Silbermond definitiv immer in den Songs erkennbar sein wird. „Man wird immer hören, wer wird sind. Wir fangen nicht von heute auf morgen mit Metal oder Jazz an.” Trotzdem möchten sie sich nicht ganz festlegen und sich einen Freiraum lassen. „Es gibt gewisse Wege, die wir nicht verlassen werden. Aber vielleicht machen wir es auch wie Die Ärzte.”

(Text und Fotos: Miriam Keilbach)

Miriam K.

Miriam war 2007 im Gründungsteam von backview.eu. Sie volontierte beim Weser-Kurier in Bremen und arbeitet seit 2012 als Redakteurin bei der Frankfurter Rundschau. Ihre Themen: Menschen, Gesellschaft, Soziales, Skandinavien und Sport.

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