Der HNO-Arzt Dr. Eberhard Biesinger bereist jedes Jahr Myanmar, um zu operieren und Kollegen auszubilden. Dabei konnte der Mediziner Eindrücke von dem Land gewinnen, über das seit Herbst letzten Jahres viel gesprochen wird.[divide]
Es ist wie ein ungeschriebenes Gesetz: Im Warteraum einer Arztpraxis hat Stille zu herrschen. Und selbst wenn man alleine wartet, versucht man sich daran zu halten. In der Praxis des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Eberhard Biesinger in der Stadt Traunstein verhält es sich nicht anders. Obwohl man sich bei ihm in guten Händen weiß, schwingt in der Luft immer eine gewisse Beunruhigung mit. Ein komisches Gefühl, ausgelöst unter anderem durch die medizinischen Instrumente in den Behandlungsräumen.
Die Instrumente eines Facharztes für HNO, Chirotherapie und plastische Operationen, der auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken kann. Biesinger ist Berater zahlreicher Kommissionen, Präsident von der European Federation of Tinnitus-Associations, prämierter Autor zahlreicher wissenschaftlicher Werke und wird von dem Magazin Focus-Gesundheit zu den Top-Medizinern des Landes gezählt.
Kein Ende in Sicht für Eberhard Biesinger
An Rente ist für den 62-Jährigen nach eigenen Angaben nicht zu denken. Denn wie die Bilder, die den Gang zu seinem Büro schmücken, verraten, hat er sich seit 2010 etwas zur Aufgabe gemacht, dem er am liebsten noch mehr Zeit schenken würde. „Die Bilder sind beim zweiten Besuch in Myanmar entstanden“, erklärt Biesinger. Als er 2010 das erste Mal das asiatische Land bereiste, prägten sich vor allem die ärmlichen Verhältnisse ein.
Der gebürtige Tübinger erinnert sich, wie ihn die Dunkelheit in Rangun, einer Stadt in Myanmar, empfing, da es keine Straßenbeleuchtung gab. Ausschließlich die Kerzen und Kerosinlampen in den „zeltartigen Planenkonstruktionen“, in denen die Menschen Tag und Nacht hausten, spendeten Licht. „Inzwischen, nach sechs Jahren, hat auch Rangun eine Straßenbeleuchtung bekommen und die Zeltstädte sind tatsächlich verschwunden.“
Sein Wirken in Myanmar
Der Traunsteiner bereist seit nunmehr sechs Jahren das ehemalige Burma. Dort versucht er mit seinem Team, bestehend aus Ärzten, einem Ingenieur, zwei Anästhesisten und einer OP-Schwester, die dort praktizierenden HNO-Ärzte auszubilden und mit medizinischen Geräten zu versorgen. „Wir haben die Chance genutzt, in dieses Vakuum substanziell Hilfe und Instrumente zu bringen“, erklärt er.
Mit Erfolg. Zwei der angelernten Ärzte sind inzwischen in der Lage, Operationen am Mittelohr durchzuführen. Auch das Einsetzen eines Cochlea-Implantats, eine Elektrode, welche taub geborenen Kindern die Möglichkeit bietet, hören zu können, ist inzwischen möglich. Ein angesehenes Projekt, das sich ausschließlich durch Spenden finanziert und jedes Jahr ein paar Wochen Urlaub des Teams beansprucht.
Einen Ausgleich findet der Mediziner in seinem Musikarsenal, erklärt er lachend. Denn Entspannung ist ihm ebenso wichtig wie seine Arbeit. Vor allem in einem kleinen Dorf in der Schweiz ist es ihm möglich abzuschalten. Seine zwei erwachsenen Kinder kommen übrigens dabei ganz nach ihm. Denn während seine Tochter ferne Länder bereist, um innovative Projekte ins Leben zu rufen, studiert sein Sohn Medizin in der österreichischen Hauptstadt Wien. Eine Karriere im Fachgebiet HNO ist für den 26-Jährigen auch durchaus denkbar. Eins steht für den Sohn des ehrgeizigen Eberhard Biesinger jedenfalls schon fest: Er möchte seinen Vater in den nächsten Jahren nach Myanmar begleiten und die Geschichten hinter den Bildern selbst erleben, die die Arztpraxis in Traunstein so besonders macht.
(Foto: Konstantin Schätz)