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Diskussion über Mitfahrgelegenheiten

“Aber mit der Bahn ist es doch sicherer! Was ist, wenn da ein Unfall passiert? Mensch, gib lieber die paar Euro mehr aus und fahr mit dem Zug”, höre ich noch die Stimme meiner besorgten Mutter im Kopf klingen. Zu spät. Schon sitze ich im Toyota von Julia und düse die nächste Stunde Richtung Bamberg auf der Autobahn. Und das für sagenhafte fünf Euro.

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Zwischen der elterlichen und meiner Meinung zum Thema Mitfahrgelegenheiten liegen Welten und viele Euros. Auf der Seite meiner Erziehungsberechtigten steht die Sorge um Sicherheit und das Wissen um Service, Ansprechpartner und das gute Gewissen, immer mit dem eigenen Kfz oder der Bahn zumindest irgendwann am Ziel anzukommen im Vordergrund.

Viele gute Gründe
Und bei mir? Die gesparten Kröten und die zumeist hohe Reisegeschwindigkeit sind schon einmal ein guter Grund. Natürlich neben vielen gesparten Tonnen CO2. Wirft die heutige Generation der zwischen 20 und 30-Jährigen (und allen anderen Mitfahrbegeisterten) diese Bedenken etwa alle über Bord?

Auf meinen letzten 10.000 Kilometern, die ich mit Bahn- oder Automitfahrgelegenheiten zurückgelegt habe, habe ich viele Mitfahrer und Fahrer kennengelernt (und keinen Unfall gehabt). Natürlich gibt es mal einen unliebsamen Mitfahrer oder die Fahrt verläuft nicht immer ganz angenehm, doch die “worst cases” halten sich in Grenzen: Nicht auftauchende oder anstrengende Mitfahrer zählen zu den schlimmsten Dingen, die passieren können.

Nicht nur bei jungen Leuten beliebt
Und doch ist es ist es schon abenteuerlich, sich mit Menschen, die man nicht kennt, an einem Ort zu einer Uhrzeit zu verabreden und dann von A nach B zu fahren. Umso erstaunlicher, dass dies offensichtlich ein höchst erfolgreiches Modell ist.
Genauso wie ich verabreden sich täglich zahlreiche Mitfahrer über Internetplattformen zu Fahrten durch ganz Deutschland.

Der überwiegende Teil, den ich kennengelernt habe, ist jung und noch in Ausbildung, doch ebenso begegnen einem manchmal Mitfahrer in allen Altersklassen. Es sieht also so aus, als sei die Beliebtheit von Mitfahrgelegenheiten nicht unbedingt ein Kohortenphänomen.

“Es geht doch nichts über das eigene Auto…”
Das Gefühl, das potenziell eigene Auto und die damit verbundene Bequemlichkeit zu Lasten eines günstigeren Fahrpreises und Mitfahrern einzutauschen, scheint eine ganz andere Lebenseinstellung zu sein, mit der Eltern nicht immer etwas anfangen können. Und doch kennt jeder das Bild des daumenreckenden Trampers an der Autobahnauffahrt.

“Und was ist, wenn etwas passiert?” ist die am häufigsten gestellte Frage der Mamas. Wenn es doch mal krachen sollte, ist man laut Informationen des ADAC Mitfahrclubs über die Haftpflicht- bzw. Sozialversicherung versichert, solange man sein privates Auto nicht für gewinnorientierte und gewerbsmäßige Fahrten nutzt. Auch, wenn der Unfall nicht selbstverschuldet sein sollte, besteht Anspruch auf Schmerzensgeld. Seltsamerweise stellte mir aber noch kein einziger meiner Mitfahrer diese Frage.

Ein Risiko besteht immer
Ganz abstreiten lassen sich Sicherheitsrisiken natürlich nicht. Grabschende, garstige und nervende Mitfahrer können einem allerdings auch in der Bahn begegnen. Trotzdem begegnet selbst mein Freund, kaum eine Generation vor mir, dem System der Mitfahrgelegenheit mit Skepsis. Um selbst Spritkosten zu sparen, so er, seien Mitfahrgelegenheiten unschlagbar. Um sich selbst jedoch in die Hände eines anderen Autofahrers zu begeben, fehle ihm das Vertrauen.

Ganz auf Unverständnis stößt diese Art des Reisens aber nun doch nicht im Elternhaus. Tut man sich zu Bahnmitfahrgelegenheiten zusammen, ist der Großteil der Bedenken zerstreut und man freut sich über die gesparten Groschen. In diesem Punkt sind sich die Generationen dann doch ähnlich.

(Text: Sarah Fischer)

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