Die Stühle alle im Kreis aufgestellt, wir – acht Frauen zwischen 22 und 31 – sitzen alle ganz ruhig, Hände entweder knetend oder auf den Oberschenkel liegend. Noch ist uns die Situation nicht ganz geheuer. Zum Glück hat Sabrina Sekt mitgebracht – Erdbeersekt, wie passend. Die Pepperparty kann losgehen.
Während wir am Glas nippen und halb verlegen, halb neugierig kichern, packt die Dame, die sich als Conny vorstellt, und ein bisschen was von einer klischeehaften “Kampflesbe” hat, eine Tasche nach der anderen aus und stellt Ninas Wohnzimmertisch zu. Ein Dildo in Wurmform in rosa, ein Dildo in Wurmform in babyblau, ein Dildo in Bananenform, ein Dildo in Maisform, ein Dildo, bei dem die Spitze rotiert wie in schlechten, von Sex dominierten Teeniefilmen.
Irgendwie irritierend, dass ausgerechnet die bunt geschminkte Conny mit ihren kurzen Haaren, bunten Oberteilen, 7/8-Hose und genau auf der Höhe endenden Schuhe uns mehr Freizügigkeit und Offenheit in Sachen Sex lehren soll.
«Wollen wir anfangen?», fragt Conny, eher bestimmend als fragend. Weil Conny weiß, dass Frauen wie wir es zwar unheimlich lustig finden, solch einen Abend auszurichten, es uns aber dann doch irgendwie unangenehm ist, fängt sie erst einmal mit der Light-Version an. Sie hat bestimmt zehn Massageöle mitgebracht. In verschiedenen Düften und Geschmacksrichtungen, einige davon sind essbar, einige werden auf dem Körper heiß, wenn man das Öl verreibt.
Während Conny dabei ist, uns die Vorzüge eines jeden Mittelchen zu erklären,werden wir immer offener und neugieriger. «Und das Öl mit Waldkirschgeschmack ist gleichzeitig auch Gleitgel – das ist wirklich angenehm, wenn es dann auch noch heiß um die Klit wird» – Ja, sie kürzt Klitoris immer ab, vielleicht machen das abgehärtete Dildofeen so.
Wie Conny befiehlt, schmieren wir uns verschiedene Öle – und Schokocreme – auf Handrücken und lecken, was das Zeug hält. Nach Öl Nummer drei versagen die Geschmacksnerven, zwischendurch kippen wir Erdbeersekt in uns hinein und kauen Daim oder Baguette mit Paprika-Dip.
Die nächste Sex-Stufe
Nach Massageölen und Gleitmittel geht Conny einen Schritt weiter. Jetzt können wir es auch kaum noch erwarten und kichern um die Wette. Die Dildos machen die Runde. Conny sagt, wir sollen uns die Geräte an die Nasenspitze halten – dort sind Frauen sehr empfindlich. Wir drücken unendlich viele Knöpfe, es vibriert an allen Ecken und Enden, in allen erdenklichen Formen und Farben, , in Intervallen und gleichmäßig. Wir halten uns die Dildos gegenseitig an Armbeugen (zweitempfindlichste Stellen), ins Gesicht und werden langsam albern.
Langsam tauen wir Mädels auf. «Also ich hab den zu Hause, der ist ganz gut», sagt Nele. Plötzlich beginnen die Diskussionen, und es stellt sich heraus, dass fast jede schon ein Gerät zu Hause hat, gekauft, geschenkt, bestellt. Die Gespräche werden intimer – wenn unsere Freunde wüssten, welche intimen Details plötzlich laut ausgesprochen wurden, in Ninas Wohnzimmer, in dem wir uns sonst zum Vorglühen oder gemeinsamen Topmodels-Abenden treffen.
Alle hatten wir uns vorher vorgenommen, etwas zu kaufen, aber wer macht den Anfang? «Also ich nehm den», sagt plötzlich Sabrina, als Conny den Maisdildo herumgibt. Er kostet nur drei Euro, weil das Sortiment veraltet ist. Conny hat ein paar Dinge dabei, die sie deutlich günstiger als zu Normalpreis verkauft – als Dildofee muss sie selbst gewisse Mengen an Sexspielzeug erwerben. Was sie nicht verkauft, wird zum Minusgeschäft. Sie haftet allein, erzählt sie.
Durch Sabrinas spontanen Kauf sind die Bande gebrochen. Jetzt stellt sich jeder so langsam ein kleines Sortiment zusammen, wir sprechen offener aus, dass wir überlegen, uns das ein oder andere Teil zu gönnen. Conny zaubert immer mehr aus ihren Tüten hervor. Jetzt geht es um Penisringe (einen davon mit Tierkopf), Analketten und Analdildos. Dabei erzählt sie von ihren ganz eigenen Erfahrungen. «Also ich mag den lieber, wenn ich ihn reite, ist das wirklich geil», erzählt Manu, während Greta und ich uns zuflüstern: «Was? Sie steht auf Männer?».
Die Größe ist unwichtig
Sabrina hat derweil ein anderes Problem: «Ich glaube, der von meinem Freund ist zu groß für den Ring.» Conny weiß Hilfe: «Der ist dehnbar, schau, der reißt nicht.» Nadine hat indes weitere Fragen: «Und wann zieht man den auf? Wenn er schon steif ist oder wie funktioniert das?», fragt sie, während sie den lila Penisring auf seine Dehnbarkeit testet. Nele und ich beginnen inzwischen einen Stierkampf und amüsieren uns über den Stierkopf-Penisring.
So entsteht eine lebhafte Diskussion, die fast vergessen lässt, dass jetzt die Analspielzeuge die Runde machen. Kritisch beäugen wir die Spielzeuge, aber schon fängt Jasmin an, zu erzählen, wie nervig sie findet, dass ihr Freund ständig von hinten will. Conny hat Spaß mit uns, sagt sie. Manchmal passiere es, dass Mädchen total verklemmt auf sie reagierten und die Ware nicht einmal anfassten.
Am Ende präsentiert Conny noch eine Auswahl an Kram, der nirgendwo so recht reinpasste: ein Hand- und Fußknebelset, das einen Abnehmer findet, erotische Literatur und Dessous. Bevor Conny wieder anfängt einzupacken, stehen wir endlich alle auf und schauen uns nochmal genauer an, was da auf dem Tisch und den Tüchern davor ausgebreitet ist.
In der Sofaecke haben sich Nina, Nele und Greta zusammengefunden, um zu diskutieren, welcher der Dildos es jetzt wird. Wir machen einen Umsatz von mehreren Hundert Euro – und sparen somit die Versandkosten. Als Gastgeberin darf sich Nina noch ein Geschenk aussuchen, im Wert von zehn Prozent der Einkaufssumme.
Die Stimmung, die es an jenem Abend gab, hatten wir so später nicht noch einmal. Dennoch wird jetzt viel offener über Sex gesprochen. Bei einem Mädelsabend haben wir die Tüten mit dem Sexspielzeug getauscht und nochmal begutachtet, was die anderen gekauft haben. So einen Abend, haben wir beschlossen, wollen wir auf jeden Fall noch einmal machen.
(Text: Miriam Keilbach / Foto: Rainer Sturm by pixelio.de)