„Chillen am See mit Anna und Thomas” oder „Kein Bock mehr auf die Hausarbeit” – wir kennen sie alle zu genüge: die mehr oder weniger sinnvollen Posts unserer Freunde bei sozialen Netzwerken. Wir bekommen sie alle mit, denn schließlich sind wir “daueronline”. Haben wir etwa Sorge, unsere eigene Zeit zu vertun?
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Geben wir es doch einfach mal zu: Bei den Meisten von uns beginnt der Tag damit, den Laptop hochzufahren und beim morgendlichen Kaffee mal eben Facebook zu „checken”. Und er endet damit, vor dem Schlafen noch mal kurz auf seine Pinnwand zu schauen – egal um welche Uhrzeit und in welchem Zustand wir auch nach Hause kommen. Es ist ein Ritual, um das sich die Wenigsten von uns noch Gedanken machen, es gehört eben dazu: Es könnte ja irgendetwas Neues geben.
Natürlich erleichtert es Facebook uns wahnsinnig, Freundschaften zu pflegen, Neuigkeiten auszutauschen und bisher unbekannte Leute kennen zu lernen. Aber woher kommt eigentlich dieser Drang, ständig wissen zu wollen, welche Statusmeldung unsere Freunde gepostet haben und, auf welchen Fotos sie markiert wurden? Gehört unsere Generation nicht eigentlich zu derjenigen, die ohne soziale Netzwerke, ja sogar ohne Internet aufgewachsen ist? Und hat uns es damals nicht gereicht, unsere Kumpels in der Schule, auf der Straße, auf Feiern oder beim Sport zu treffen?
Schon seit einer Stunde kein neuer Post – langweilig
Wir haben alle unser eigenes Leben außerhalb Sozialer Netzwerke – ein Leben, in dem wir immer „online” sind und in dem wir unseren Status nicht mal eben ändern können. Trotzdem hat man immer Sorge, etwas zu verpassen. Freunde könnten gerade die größte Feier des Jahrhunderts schmeißen, die Nachbarin augenblicklich mit ihrem langjährigem Freund Schluss machen und der Kommilitone genau in diesem Moment auf einem Konzert zur Musik von Clueso wippen.
Auch, wenn man bei all diesen Ereignissen nicht persönlich anwesend ist – was ja rein theoretisch schon gar nicht möglich wäre – man kann sich fast sicher sein, dass hinterher Partybilder kommentiert werden, die Nachbarin ihren Beziehungsstatus auf „Single” ändert und der Kommilitone das neue Youtube-Video hochlädt. So bekommen wir dann das Gefühl, wir wären irgendwie doch dabei gewesen, ein kleines bisschen beteiligt, an jedem noch so schönen oder traurigen Erlebnis. Wir nehmen dadurch Teil am Leben unserer Facebook-Freunde, ob wir wollen oder nicht, ob aktiv oder passiv.
Unsere Gesellschaft wird immer flexibler und die Angebote werden immer breiter. Aber immer alles mitzubekommen, immer auf dem Laufenden zu sein und ja keine Anekdote zu verpassen, hat das wirklich nur Vorzüge? Man selbst hatte gestern vielleicht einen gemütlichen, aber fast langweiligen Abend allein daheim auf seiner Couch verbracht, während Lisa ihrer Statusmeldung nach vergangene Nacht spontan Nacktbaden im Fluss war.
Tina hat bis zum Morgengrauen „zur geilsten Musik ever” getanzt und Chris muss mindestens drei Kästen Bier getrunken. haben Hatten alle gestern einen total aufregenden und verrückten Tag und man selbst hat etwa nur “lausig” zuhause herum gelegen?
Leben nicht vergessen
Ein altes Sprichwort besagt, „Man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen” und Facebook hilft uns maßgeblich, trotz dieser Tatsache etwas von der Lebenswelt unserer Freunde zu erfahren. Es ist im Grunde nichts Verwerfliches, ständig online und für seine Freunde immer erreichbar zu sein. Dank iPhones und anderen Internethandys gibt es ja auch fast keine Ausreden mehr dafür, dies nicht zu tun.
Natürlich kann es hin und wieder anstrengend werden, die ausgefallensten Posts zu schreiben, die schrägsten Fotos hochzuladen und den aktuellsten Track zu verlinken – und dies alles möglichst passend zu seinem Image. Aber trotz allem, bleiben die Sozialen Netzwerke doch auch eine nette Ablenkung, ein gutes Informationsportal und eine praktische Möglichkeit, sich schnell untereinander auszutauschen. Nur sollte man bei dem Ganzen darauf achten, dass das reale Leben nicht auf der Strecke bleibt. Sonst hat man ja gar keine neuen Posts, bei denen die „Freunde” später auf „Gefällt mir” klicken können.
(Text: Christina Hubmann)