Gehetzt, aber aufregend
Ronjas England-Urlaub, der erste Teil

Es ist sechs Uhr frĂŒh als ich, eingequetscht zwischen zwei schlafenden Kindern, mehreren Kissen und Proviant, mit meiner Familie Richtung Westen aufbreche. Destination: Barking, England, Great Britain.
Doch zunĂ€chst liegt eine zwölfstĂŒndige Fahrt vor mir, die mich durch fĂŒnf LĂ€nder fĂŒhren soll: Und das an an einem Tag. Wir durchqueren Deutschland, die Niederlande, Belgien und Frankreich, bis wir am Eurotunnel nahe Calais angelangen. Mit Unbehagen fahren wir in den Autozug hinein, der von innen einer gewöhnlichen, deutschen U-Bahn nicht unĂ€hnlich sieht. Doch zwanzig Minuten in einem Zug unter Wasser verbringen? Als der Autozug anschlieĂend wieder ans Tageslicht fĂ€hrt, fĂŒhle ich mich nicht wie andere Familienmitglieder unendlich bereichert obgleich der einzigartigen Erfahrung, sondern bin froh, dass ich mich erst in zwei Wochen wieder hier befinden werde.
Im Gegensatz zu den Niederlanden und Belgien, die Deutschland durch das Fenster hindurch merklich Ă€hneln, ist England eine Spur grĂŒner, ruhiger und definitiv verdrehter. Denn wer hier auf die Autobahn fĂ€hrt, guckt lieber zwei Mal ĂŒber die Schulter, um sicher zu gehen, dass er nicht als Geisterfahrer verkehrt. Kaum in England angekommen, wird âBBC Radio One“ gesucht, gefunden und gehört. SchlieĂlich bereiteten wir uns bereits zwei Monate davor durch regelmĂ€Ăiges Podcast-Hören auf die âChris Moyles Show“ und dergleichen vor.
WĂ€hrend wir unserem Ziel innerhalb Greater Londons immer nĂ€her kommen, bestaune ich das grĂŒne England. Kleine HĂŒgel erheben sich bereits hier und dort und werden von goldener Abendsonne beschienen. Gegen achtzehn Uhr erreichen wir unsere Unterkunft und erkunden noch ein wenig die kleine Stadt, bevor wir abends bei einem Chocolate Fudge Cake den Tag ausklingen lassen und bereits PlĂ€ne fĂŒr den ersten Tag in London schmieden.
Das Wetter ĂŒberrascht uns am nĂ€chsten Morgen nicht. Als wir an der U-Bahn Station Tower Hill aussteigen, peitscht uns schneidender Wind mit vereinzelten Regentropfen ins Gesicht und untermalt die Kulisse, inmitten derer wir uns befinden. Der Tower of London beinhaltet nĂ€mlich nicht nur die Kronjuwelen, sondern diente frĂŒher auch als GefĂ€ngnis. Entlang der Themse findet man, welch Ăberraschung, Restaurants wie das âThe Hung Drawn and Quartered“. Gleichzeitig enttĂ€uscht jedoch auch der Blick, der sich bietet: Viele KrĂ€ne ragen sowohl nah als auch fern in den Himmel und Glasbauten, die sich schwerlich mit dem Bild des âaltehrwĂŒrdigen“ Londons, gekennzeichnet von Westminster Abbey und St. Paulâs Cathedrale, vereinbaren lassen, versperren die Sicht.
Vorbei am Shakespeareâs Globe und der Tate Modern fĂŒhrt unser Weg ĂŒber eine der zahlreichen BrĂŒcken Londons direkt auf die berĂŒhmte Kathedrale zu.
Da wir jedoch lediglich zwei Tage in der Metropole bleiben, bleibt ein Besuch in St. Paulâs aus. Denn London lĂ€sst einem keineswegs Zeit – stĂ€ndig in Bewegung, unter Strom und am Puls der Zeit findet man auf der Oxford Street keinen freien Zentimeter, um gar stehen zu bleiben. WĂ€hrend ich mich bemĂŒhe, mir meinen Weg in LĂ€den wie Topshop, Bershka oder Miss Selfridges hinein zu bahnen, macht es sich der Rest um die Mittagszeit in einem Starbucks gemĂŒtlich und ĂŒberlĂ€sst mich meinem Schicksal, das in dem Rummel der Oxford Street relativ ungewiss ist. Nach einer Stunde Shopping-Odyssee kehre ich zum vereinbarten Treffpunkt zurĂŒck, um festzustellen, dass London zwar ĂŒberteuert und skinny, dafĂŒr aber sehr in vogue ist.
Den Abschluss des ersten Tages in London bildet das Viertel Notting Hill, bekannt aus dem gleichnamigen Film, und plötzlich wetten Himmel und HĂ€user um die strahlenderen Farben. Eine bunte HaustĂŒr reiht sich in der Portobello Road an die nĂ€chste, wĂ€hrend einige StraĂen weiter prunkvolle Bauten in cremefarbenen Tönen das Bild bestimmen, nicht umsonst gehört Notting Hill zu den teuersten Vierteln Londons. Bei einem freundlichen Pakistani finden wir jedoch noch einige bezahlbare Souvenirs und essen anschlieĂend in einem Pub zu Abend, die es in London wie Sand am Meer zu geben scheint, bevor wir in unser Hotel nach Barking zurĂŒckkehren.
Meine erste Bilanz: London ist aufregend, erschöpfend, âHamburg in groĂ“ und ich habe noch keine FishânâChips gegessen.
Die Fortsetzung folgt bald.
(Text: Ronja Heintzsch / Foto: Laura Horn by jugendfotos.de / Foto: Frieder Knabe by jugendfotos.de)
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