Freie und faire Parlamentswahlen im Januar, Abgabe des Posten als oberster Militär, unzensierte Medien, unabhängige Richter und freies Demonstrationsrecht. Unter diesem Scheinbild verkaufte der pakistanische Militärdiktator Pervez Musharraf seine Pläne für die Zukunft in den letzten Monaten und erhielt dafür auch reichlich Unterstützung von US-Präsident George W. Bush.
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So flossen seit 2001 rund zehn Milliarden US-Dollar nach Pakistan, in der Hoffnung, Musharraf würde das Land zur Demokratie zurückführen und zum Bollwerk gegen islamische Extremisten machen. Klar, als wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die Terrororganisation Al-Quaida wollte die USA damit die Fortführung der Regierung Musharrafs.

Doch mit der Ausrufung des Ausnahmezustandes in Pakistan und der damit verbundenen regelrechten Aufräumung entließ Musharraf seine größten Rivalen kurzer Hand und ersetzte diese durch eigene Vertrauensmänner. Die Verfassung wurde außer Kraft gesetzt und den Medien wurde jegliche kritische Berichterstattung verboten, so fern sie überhaupt noch arbeiten dürfen.

Ein ausufernder Extremismus und eine lähmende Einmischung der Justiz in die Regierungsarbeit, so begründet Pakistan die Ausrufung des Ausnahmezustandes. Der wahre Grund steckt jedoch viel mehr darin, dass Musharraf verhindern will, dass das Oberste Gericht am morgigen Dienstag seine Wiederwahl Anfang Oktober für unrechtmäßig erklärt. Er hat damals zwar einen Nachfolger für den Posten des Armeechefs in Aussicht gestellt, allerdings hat er diesen noch bis heute inne.

Waseem Akhtar, dessen Vater Pakistaner ist, studiert heute in Deutschland, weiß jedoch, dass sich die gewöhnliche Bevölkerung in Pakistan eher weniger aus den Vorfällen macht. „Wenn man die Menschen auf den Straßen auf den Ausnahmezustand und den Verlust aller Recht anspricht, antworten die meisten nur: Hatten wir jemals irgendwelche Rechte?” Für Waseem Akthar ist gerade diese Egal-Haltung gegenüber der Regierung und den Lebensumständen der Hauptgrund dafür, dass Pakistan überhaupt erst an einem solchen Tiefpunkt angelangt ist. „Jeder will einfach nur sein Leben leben.”

Eine junge Pakistanerin, die aus Sicherheitsgründen unerkannt bleiben will, hat Hoffnung, dass sich die Situation durch den Ausnahmezustand langfristig wirklich verbessere. Überwiegend ist bei ihr trotzdem noch die Angst, „dass was ganz schlimmes passiert und vielleicht Amerika mit einem Angriff auf Pakistan reagiert und unser Land so endet wie Afghanistan und Irak.” Sie spricht von dem veränderten Land Pakistan nach den Terroranschlägen am neunten September 2001. „Mit diesem Tag ist die Sicherheit und die Lebensqualität für die Pakistaner um 90 % gesunken. Heute ist man hier nirgends mehr sicher, an jedem Ort und zu jeder Zeit kann eine Bombe hochgehen. Jedes mal wenn die Menschen das Haus verlassen um einkaufen zu gehen, müssen sie damit rechnen, ihre Familie zum letzten Mal gesehen zu haben.”

Nachdem sich die westlichen Regierungen bereits gegen die Vorgehensweise Musharrafs geäußert haben, fordert nun auch George W. Bush „dass es so schnell wie möglich Wahlen geben wird und dass der Präsident die Militäruniform ablegt”. Doch die geforderten Parlamentswahlen im Januar machen unter derartigen Umständen wenig Sinn. Wenn der Militärherrscher sich frei nach Belieben über Recht und Verfassung hinwegsetzen kann, ist es doch völlig gleichgültig, ob noch ein Parlament gewählt wird oder nicht. Wahlen machen erst dann einen Sinn, wenn die verfassungsmäßige Ordnung wieder hergestellt worden ist.

(Text: Konrad Welzel)

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  • Konrad W.

    Konrad hat back view am 06. April 2007 gegründet - damals noch in diesem sozialen Netzwerk StudiVZ. Mittlerweile tobt sich Konrad ganz gerne im Bereich SEO aus.

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Von Konrad W.

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