„Rosebell believe“, wie jedes Jahr am 31. Oktober versammeln sich Menschen um auf diese Worte warten. Es sind die Worte von keinem anderem anders als die des berühmten Magiers und Illusionisten Harry Houdini. Kaum jemand steht so für die Welt der Magie und des Zaubers wie Harry Houdini. Zeit seines Lebens befreite sich Houdini aus Gefängnissen, Zwangjacken oder sogar gefesselt aus einer gefüllten Milchkanne. Nicht selten überschriet er dabei Grenzen. Selbst die Grenze zwischen Leben und Tod versuchte er zu überschreiten.[divide]
Der Entfesselungskünstler Harry Houdini lebte in einer Zeit als Spiritualismus und der Glaube an die Übersinnlichkeit boomten. Mithilfe eines Mediums, glaubte man, könne man Kontakt mit den Geistern von Verstorbenen aufnehmen. Nicht wenige dieser Medien wurden von Houdini als Betrüger entlarvt. Doch trotz alledem glaubte Houdini fest an ein Leben nach dem Tod.
Er war sich seiner Sache so sicher, dass er seiner Frau Bess auf dem Sterbebett versprach, solle es eine Möglichkeit geben, werde er aus dem Jenseits Kontakt zu ihr aufnehmen. Doch bis heute warten die Anhänger vergebens auf ein Zeichen von Houdini.
Heute ist Halloween als Fest der Geister und Dämonen populärer den jemals zuvor. Kürbisse und Skelette schmücken die Partys während verkleidete Zombies, Gespenster und Ungeheuer durch die Straßen ziehen und nach Süßigkeiten betteln.
Der Tod als zentrales Motiv gerät dabei häufig in den Hintergrund, läutet der 31. Oktober doch die Zeit von Allerheiligen und Allersselen ein. In dieser Zeit werden auch dieses Jahr wieder etliche Menschen an die Gräber ihrer verstorbenen Angehörigen kommen, um dieser zu Gedenken.
Kulturwandel des Sterbens
Was bedeutet aber Tod und Sterbekultur, wie prägen sie unsere Gesellschaft heute? „Es lebe der Zentralfriedhof und alle seine Toten“, so beschreibt es der österreichische Liedermacher Wolfgang Amboss. Aus diesem Zitat lässt sich der gesellschaftliche Bedeutungswandel von Sterben und Tod ausmachen. „Memento Mori“ (Bedenke das du sterblich bist) findet sich noch heute in vielen Gotteshäusern.
Gevatter Tod war ein stetiger Begleiter der Menschen und besuchte diese regelmäßig. In Bayern klopfte der Boandlkramer leise an und lud freundlich zur letzten Fahrt ein. Noch heute werden in vielen Kulturen die Toten nach ihrem Ableben auch weiterhin in das Sozialleben der Familien integriert. Dies kann von Mumifizierung bis hin zur Ausstellung der Toten und einem gemeinsame Essen mit diesem auf dem Friedhof reichen.
Die Folgen des medizinischen Fortschritts
Heute haben sich medizinische Möglichkeiten radikal verändert. Diese hatte auch Auswirkungen für das was wir Sterbekultur nennen. Unsere Gesellschaft altert zunehmend, die Medizin spielt eine immer wichtigere Rolle. Menschen sind bis ins hohe Alter fit und aktiv. Dies ist sicher eine Entwicklung die zu begrüßen ist. Zeitgleich geht hiermit auch die Vermittlung eines Bildes von ewiger Jugend, ständiger Leistungsbereitschaft einher.
Dies hat zur Folge, dass wir den Tod gerne wie so vieles unangenehmen outsourcen. Tod ist heute nicht mehr etwas Alltägliches sondern wird verdrängt. Sterben findet heute meist nicht mehr in sozialen Kreisen statt, sondern anonym in Pflegeheimen. Meist geht dem eine lange Phase der Pflegebedürftigkeit und des Leidens mit großer Apparatemedizin und hohem Kostenaufwand voraus.
Häufig werden in diesem Zusammenhang die Rufe nach einem würdigen und selbstbestimmten Ende in Form von beispielsweise aktiver Sterbehilfe laut. Jedoch darf der Tod nie als ein reiner wirtschaftlicher Faktor betrachtet werden. Die Würde des Menschen als lebendes selbstbestimmtes Individuum muss auch hier die oberste Priorität sein.
Hinzu kommt die zunehmende Vereinsamung vieler Menschen im Alter. Anonyme Bestattungen werden immer häufiger. Einäscherungen nehmen zu um Kosten zu sparen. Tod wird vielfach als ein Geschäft und Kostenfaktor gesehen.
Tod als Konstante
Meist werden wir uns der Bedeutung des Sterbens erst bewusst, wenn berühmte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens oder Angehörige sterben und unseren Alltag durcheinander bringen. Nicht selten realisieren wir erst dann unserer eigenen Vergänglichkeit.
Jedoch bedeutet Sterben nicht das Ende allen Seins. Moderne Kommunikationsmittel und soziale Netzwerke machen es möglich teilzuhaben am Schicksal der Trauergemeinde. Onlineschreine und Gedenkbücher stehen heute für Kondolenzbekundungen in zunehmenden Maße zur Verfügung.
In einer Gesellschaft die zunehmend altert, in der die Zahl der Sterbefälle schon lange die der Geburten übersteigt, werden Fragen nach einem würdevollen Lebensende zunehmend an Brisanz gewinnen. Heute drohen soziale Bindungen und familiäre Netze sich aufzulösen. Viele Menschen im Alter sind allein und verbringen ihren letzten Lebensabschnitt häufig fern ab ihres sozialen Kreises. Das Lebensende und die Frage nach dem danach beschäftigt viele und macht ihnen Angst.
In Gedenken an Allerheiligen
An Allerheiligen werden wir uns der Todesangst bewusst, der Tod als das Ende und danach die große Ungewissheit. Der Tod ist eine feste Konstante im menschlichen Leben. Er bestimmt uns, doch darf er uns nicht beherrschen.
So wie das Leben den Tod bedingt, so bedingt doch auch der Tod das Leben. „Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern das man nie beginnt zu leben“, lautet ein altes lateinisches Sprichwort. „Ein Mensch ist erst tot wenn niemand mehr an ihn denkt“, so sagte einmal Berthold Brecht. In diesem Sinne besinnen wir uns an diesem Tag an unsere Verstorbenen und lassen sich so für einen Moment wieder zum Leben erstehen.
„Ich lebe und das heißt ich tanze mit dem Tod“ singt Herman van Veen, doch geht der Tod zwei Schritt hinterher, also sollte man den Vorsprung nutzen, wie es der deutsche Aphoristiker Werner Mitsch ausdrückte.
(Text: Stephan Raab)