Eine Woche Plastik vermeiden. Als ich den Vorschlag bekam, war ich begeistert. Seit ich „Plastic Planet“ von Werner Boote gesehen habe (sehr empfehlenswert!), versuche ich meinen Kunststoffverbrauch zu minimieren, jedoch mit sehr beschränktem Erfolg. Es ist einfach überall und so praktisch! Diesen Artikel habe ich jedoch als Anreiz gesehen, es noch einmal zu versuchen.
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Als Erstes habe ich mich schlau gemacht, was genau man denn unter Plastik versteht, und wo es überall enthalten ist, damit ich weiß, worauf ich achten muss.
Auf Wikipedia finde ich nur Fremdworte und unverständliches wissenschaftliches Geplapper. Auf der Homepage von „Plastic Planet“ werde ich schließlich fündig, endlich eine Erklärung die mir einleuchtet: Plastik kommt aus dem Griechischen (geformte Kunst) und ist umgangssprachlich für Kunststoffe aller Art. Es wird aus Erdöl hergestellt (synthetisch) oder durch die Modifikation natürlicher Polymere (halbsynthetisch). Polymere sind große netz- oder kettenförmige Moleküle.
Schwerer wird es, zu definieren, wo Plastik enthalten ist. Denn es gibt fast Nichts, das nicht auch aus Plastik besteht. Um einige Beispiele zu nennen: Textilien, Verpackungen, Autos, Geschirr, Kaugummi, Meeresfrüchte (wegen der mit Plastik versuchten Meere) und tausende Sachen mehr.
Warum sollte ich überhaupt auf Plastik verzichten?
Doch was genau macht Plastik so schädlich? Ist es nicht toll, dass man mit einem einzigen Kunststoff alle möglichen unterschiedlichen Sachen herstellen kann? Theoretisch ja, jedoch nicht wenn in diesem Kunststoff Bispenol A (BPA) enthalten ist. Kleiner Auszug der Bispenol-A-Auswirkungen gefällig? Durch die hormonelle Wirkung führen bereits geringe Dosen zu verringerter Serienproduktion, DNA Veränderungen, Fehlgeburten, Krebs, Asthma, Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung. Auch die im Kunststoff enthaltenen Weichmacher, Flammschutzmittel und Organozinnverbindungen sind nicht gerade das Gelbe vom Ei für unsere Gesundheit.
So weit, so schockierend. Jetzt bin ich top motiviert, das ganze Zeug aus meinem Leben zu verbannen. Den Anfang mache ich in der Küche und den Lebensmitteln, da durch sie das meiste Plastik in meinen Körper gelangt. Bei Butler’s kaufe ich Aufbewahrungsgläser, bestelle mir eine EMIL-Trinkflasche aus Glas und finde bei Urban Outfitters eine Brotzeitdose aus Edelstahl. Eine Freundin, der ich von meinem Experiment erzählt habe, schenkt mir einen Baumwoll-Beutel, um darin Sandwiches zu transportieren. Super praktisch, da er nach dem Essen fast keinen Platz mehr verbraucht, und umweltfreundlich ist er auch noch.
Essen und Trinken ohne Kunststoffe
Wenn ich einkaufen gehe, gewöhne ich mir an, schon vorher zu sagen, dass ich keinen Kassenzettel benötige (mit einer BPA Schicht überzogen). Ich koche nur noch mit den unbeschichteten Pfannen oder welchen aus Edelstahl bzw. mit Keramikbeschichtung. Konservendosen und Fertigmenüs habe ich sowieso nie wirklich benutzt, auch dort ist Plastik enthalten. Glücklicherweise habe ich einen Wasserkocher aus Edelstahl, da auch hier normalerweise nur welche mit Plastik verkauft werden. Was ziemlich gefährlich ist, da sich durch Erhitzen Weichmacher und andere Stoffe viel schneller lösen und dann natürlich sofort ins erhitzte Wasser und unseren Körper gelangen.
Wenn ich essen gehe, bestelle ich extra Leitungswasser und keines aus der Flasche, und den Coffee-to-go spare ich mir auch, da im Styropor auch giftige Gase freigesetzt werden können. Im Büro meide ich den Wasserspender und trinke nur Wasser aus der Leitung.
Zum Glück wohne ich in München, wo es den tollen Laden „Naturlieferant“ gibt, der sich auf Plastikfreies Leben spezialisiert hat. Hier kann ich mit meinen eigenen Gefäßen hingehen und mir Gewürze, Getreide, Gemüse und Hülsenfrüchte holen, ohne unnötige Verpackungen in Kauf nehmen zu müssen. Auch nehme ich eine Packung „Bee’s Wrap“ mit, die abbaubare Alternative zu Frischhaltefolie. Ich bin begeistert.
In dieser Woche kaufe ich fast all meine Lebensmittel auf Bauernmärkten. Wenn man sich dafür interessiert, findet man diese auf einmal an jeder Ecke. Alles regionale Produkte, natürlich unverpackt. Perfekt für meinen Versuch.
Ich probiere es mit selbst hergestellten Hygieneartikel
Als nächstes kommt mein Badezimmer dran: Ein einziges Plastik-Paradies. Shampoos, Zahnpastatuben, Kosmetikartikel, alles in Kunststoff verpackt. Da ich es mir nicht leisten kann, alles einfach weg zu schmeißen, nehme ich mir vor, möglichst viele Sachen, sobald sie aufgebraucht sind, durch Plastik-freie Alternativen zu ersetzen. Für diese Woche beginne ich damit, indem ich meine eigene Zahnpasta mache (Heilerde, Birkenzucker, destilliertes Wasser, Lavendelblütentinktur) und in ein kleines Glas fülle. Das sollte für eine Woche reichen.
Auch Deodorant wird aus Eigenherstellung verwendet (Minzblätter, ¼ unbehandelte Zitrone und abgekochtes Wasser pürieren, abseihen, mit Natron und einer Prise Salz verfeinern, ét voila!).
Als Shampoo verwende ich die Shampoo-Seife von Lush, ein tolles Ding. Generell kann ich Lush wirklich empfehlen, wenn man seinen Plastik-Verbrauch verringern will. Die achten da wirklich darauf. Auch kaufe ich wiederverwendbare Abschminkpads, eine Zahnbürste aus Holz und Naturborsten, und Wattestäbchen aus Bio-Baumwolle mit Papierstäbchen.
So weit, so gut. Dann steht der Woche ja nichts mehr im Weg.
Die Ernüchterung folgt schnell
Doch schon am ersten Morgen sehe ich ein, dass ich Kompromisse eingehen muss und eindeutig nicht zu 100 Prozent auf Plastik verzichten kann. Schon allein weil ich leider keine Schuhe ohne Plastik besitze. Auch auf meinem Weg zur Arbeit kann ich nicht auf das kunststoffreiche Zugfahren verzichten. Und im Büro muss ich leider Folien verwenden und den Drucker.
An Fast Food ist nicht zu denken, da natürlich alles in Plastik verpackt ist. Ich gewöhne mir an, am Abend immer selber zu kochen und die Reste am nächsten Tag in meiner kunststofffreien Dose mit in die Arbeit zu nehmen, was ich mir definitiv beibehalten werde. So kann ich selbst bestimmen, was ich esse, und günstiger ist es auch.
Die Woche vergeht wie im Flug. Nach einigen Umstellungen muss ich sagen, dass es mit der passenden Vorbereitung gar nicht so schwer ist, seinen Plastikverbrauch zumindest stark zu reduzieren. Klar muss man auf einige Bequemlichkeiten verzichten, aber mir persönlich ist es das wert, wenn dadurch meine Gesundheit nicht unnötig belastet wird.
Zum Schluss habe ich noch ein Paar Infos, die einem vor Augen halten, warum man auf plastikfreie Alternativen umsteigen sollte:
Ein Durchschnittseuropäer verbraucht ~100kg Plastikmüll pro Jahr, welcher jedoch ungefähr 500 Jahre zum Verrotten benötigt. Außerdem treiben mehr als 100 Millionen (das sind 100 000 000 oder ausgeschrieben Hundertmillionen) Tonnen Plastikmüll im Meer, was dazu führt, dass es in manchen Gebieten mehr Plastikpartikel als Plankton gibt, und dass 100.00e Meerestiere aufgrund der Verschmutzung sterben.
In der Plastikproduktion werden an die 100.000 Substanzen eingesetzt. Davon wurden elf genauer analysiert. Was auch daran liegen mag, dass die Kunststoffindustrie jährlich an die 800 Milliarden (800 000 000 000 oder achthundertmilliarden) Euro Umsatz macht und über eine starke Lobby verfügt.
(Text: Theresa Prattes / Foto: Zeno F. Pensky – zenoo.de by www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc-nd))
Tolle Bewußtmachung einfach mehr darauf zu achten, wo man im Alltag auf Plastik trifft und vielleicht sogar ganz bewußt darauf verzichtet !
Ja, liebe Theresa – bin SEHR beeindruckt, wie treffend du vieles auf den Punkt gebracht hast – UND auch welch praktische , konkret brauchbare Ansätze du gebracht hast, zumindest ansatzweise mal ein Umdenken auch in die Tat umzusetzen. DANKE! Meine Mama sagt mal zu mir: “Mütter können wirklich auch von ihren Kindern lernen.” – muß ihr recht geben!!!