Pep Guardiola ließ die nicht mehr ganz so scharfe Bombe auf einer unbedeutenden Pressekonferenz platzen: Ja, ich will Thiago! Und zwar Thiago oder halt gar keinen! Es klang ein wenig so, als würde ein Kind nur mit dem einen Super-Bagger spielen wollen. Doch das Objekt der Begierde ist ein Guardiola-Ziehsohn und dennoch birgt seine heute vollzogene Verpflichtung durchaus aus Risiken.[divide]
Thiago Alcantara zauberte diesen Sommer bei der U-21-EM und wurde dort zum besten Spieler des Turniers gewählt. Bei Barca galt er eigentlich als designierter und prädestinierter Xavi-Nachfolger. Durch eine seltsame Unachtsamkeit der katalanischen Verantwortlichen sank die Ausstiegsklausel von 90 auf ca. 20 Millionen Euro. Thiago hatte nicht genügend Spiele absolviert, daher sank der Betrag. Irgendwie unverständlich: Möglichkeiten hätte es doch eigentlich genügend gegeben, Barca war auch schon früh Meister.
Jetzt zieht es das Supertalent – ja, er hat diesen Titel definitiv verdient! – nach München, zu Pep. Seinem Förderer. Und Pep wollte nur Thiago. Diesen Wunsch konnten Hoeneß, Sammer und Co. ihrer neuen Inkarnation nicht abschlagen. Es wäre interessant zu wissen, wie die bajuwarischen Bosse über den Transfer denken.
Wohin mit all diesen Weltklassespielern?
Wären sie nicht überzeugt gewesen, dann hätten sie wohl ihr Veto eingelegt. Dennoch bleibt die Frage, die sich alle Beteiligten früher oder später stellen werden: Wohin mit all diesen unfassbar talentierten Weltstars? Derzeit hört und liest man immer wieder von sechs Wettbewerben, die jedem Einsatzzeiten garantieren. Ob Kroos, Shaqiri oder auch Mandzukic sich jedoch mit dem Weltpokal und dem europäischen Supercup zufrieden geben, sei mal mit einem Fragezeichen versehen.
Und den Audi-Cup wie auch den Franz Beckenbauer-Pokal kann man ja nun wahrlich nicht dazu zählen. Es ist ein Luxusproblem deluxe! Martinez, der eventuell beste 6er der letzten Saison, soll ein Kandidat für die Innenverteidigung sein, um Platz im Mittelfeld zu schaffen. Dort könnten dann Schweinsteiger, Kroos oder Thiago im defensiven Mittelfeld spielen. Es scheint unmöglich, dass dieser Platz nicht an Schweinsteiger gehen wird.
Aus neun mach fünf
Weiter vorne tummeln sich mit Shaqiri, Mandzukic, Kroos, Thiago, Robben, Ribery, Götze, Pizarro und Müller zahlreiche Weltklassespieler. Fünf offensive Positionen sind dabei zu vergeben. Im Sturmzentrum könnte sogar Mario Götze seine Kontrahenten auf die Bank verbannen, sollte Pep wie in Barcelona auf eine echte Spitze verzichten.
Es ist ein neues Zeitalter, das dort in Süddeutschland anbricht. Pep Guardiola kann auf den wohl komplettesten Kader des europäischen Spitzenfußballs zurückgreifen. Ein Drahtseilakt für den Coach, der schon alles gewonnen hat. Den Umgang mit großen Namen hat Guardiola in Spanien erlernt. Nun kann, nein muss, er sich auch in Deutschland beweisen.
(Text: Jerome Kirschbaum)