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Der Tor des Monats – April

Groß war der Aufschrei, als der arabische Frühling im letzten Jahr blutig niedergeschlagen wurde. Dabei wurde vor allem an den Stühlen von Diktatoren gesägt, die zuvor noch massiv von westlichen Ländern unterstützt wurden. Auch ein Jahr später noch sorgte im April 2012 ein Formel-1-Rennen in Bahrain für eine Welle der Entrüstung. Mit dem Tor des Monats April im Zentrum.


Deutschland exportierte nach Angaben von Amnesty International im Zeitraum von 2001 bis 2010 Rüstungsgüter im Wert von fast 20 Milliarden Dollar. Bei diesen Zahlen sollen noch keine kleineren Handfeuerwaffen und Munition inbegriffen sein. Ein beachtlicher Teil der Waffen geht davon in Krisenregionen.

Es mutet also schon heuchlerisch an, wenn deutsche Politiker sich beschweren, dass Gaddafi und Konsorten während des arabischen Frühlings die deutschen Waffen auch benutzten. Es ist eine tragische Doppelmoral, die nur mit ökonomischen Interessen zu erklären ist.

Proteste in Bahrain primär gegen sunnitisches Königshaus
Im Zuge der Demokratiebewegung aus dem letzten Jahr schwappte der Protest im Februar 2011 auch nach Bahrain, ein 1,2 Millionen Einwohner zählendes, monarchengeführtes Land. Die Proteste richteten sich primär gegen das sunnitische Königshaus. König Hamad ibn Isa Al Chalifa versuchte zunächst, die Bevölkerung mit finanzieller Unterstützung zu erwärmen, doch als auch dies keinen Erfolg zeigte, suchte er vor allem militärische Hilfe bei Saudi-Arabien.

In diese Zeit der Proteste fiel im letzten Jahr auch das Formel-1-Rennen in as-Sachir, damals wurde der Grand-Prix jedoch noch abgesagt. Im April 2012 aber wollte sich der große Formel-1-Zirkus die große Nummer in Bahrain nicht nehmen lassen – das Rennen fand statt und forcierte damit die Proteste.

Todt und Ecclestone verhöhnen Aufstände
Am 21. April starb bei den Protesten rund um den Grand Prix eine Person, zahlreiche weitere wurden verletzt. FIA-Präsident Jean Todt jedoch sprach sich für einen Start in Bahrain aus, es sei nur eine kleine Minderheit gegen die Regierung. Ein Hohn bei 70 Prozent Schiiten im von Sunniten beherrschten Land.

Eine Krone setzte dem ganzen noch Formel-1-Oberst Bernie Ecclestone auf. Es gäbe überhaupt keine schlechte PR, meinte er. Auch die negativen Schlagzeilen aus Bahrain sollten also demnach positive PR für die Formel-1 sein. Derart unbedachte Äußerungen sind selbst für den sonst so fettnäpfchen-liebenden Ecclestone ungewöhnlich.

Derlei Äußerungen von Formel-1-Granden wie Todt und Ecclestone müssen wie Leberhaken bei der protestierenden Masse sitzen. Für ökonomische Zwecke werden Proteste kleingeredet, Grenzen überschritten. Ein Pakt zwischen Politik und Sport, denn einerseits pochen Ecclestone und Co. darauf, dass man Sport nicht mit Politik mischen sollte. Andererseits ist es diese Regierung gewesen, die den riesigen Kurs in Bahrain erst ermöglichte und bar jeder Vernunft eine Menge Geld für den Formel-1-Zirkus aus dem Fenster warf.

Große wirtschaftliche Chance für die Formel-1
Und es ist diese Formel-1-Führung, die es in der Hand hat, einem blutbeschmierten Königshaus eine Plattform zu entziehen. Ein Rennen in Bahrain im nächsten Jahr würde das ohnehin gespaltene Land nur weiter radikalisieren, die Proteste würden womöglich wieder auf Hochtouren laufen.

Und dennoch sehen die Formel-1-Bosse um Ecclestone eine große wirtschaftliche Chance in Bahrain, die sie sich nicht entgehen lassen wollen. Sie machen sich damit zu Handlangern des repressiven Systems. Ähnlich der Politik und Rüstungsunternehmen.

Der April hat mit der Formel-1-Führung mit Ecclestone an der Spitze einen traurigen, aber würdigen Tor des Monats gefunden. Ein Tor, der sich nicht so sehr durch Tollpatschigkeit auszeichnet, sondern vielmehr durch Berechnung, Gier und Egoismus.

 

Die bisherigen Titelträger:

Der Tor des Monats März
Der Tor des Monat Februar

 

(Text: Jerome Kirschbaum)

Jerome K.

Jerome schreibt am liebsten über Sport, wenn er denn nicht selbst auf einem Platz steht. Seit Oktober 2010 verdingt sich Jerome als Schreiberling für back view, neben den Leibesübungen widmet er sich sich auch politischen Themen. Im wahren Leben musste Jerome zahlreiche Semester auf Lehramt studieren, um dann schlussendlich doch etwas ganz anderes zu werden.

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