Steigende Energiepreise, erhöhter CO2-Ausstoß, vollgestopfte Straßen. Ja, es hat viele Vorteile, auf das Auto und verzichten und mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Millionen Deutsche sind bereits passionierte Radfahrer. Doch was steckt hinter diesem positiven Trend? Warum macht mich Radeln so glücklich?
Sitze ich erst mal auf dem Rad, traue ich mich kaum, wieder anzuhalten. Dieser Zustand liegt aber nicht nur an meinem manchmal ungelenkigen Abgang vom meinem mir viel zu großen Fahrrad, sondern auch an den quietschenden Bremsen, die alle Leute in meiner näheren Umgebung laut aufschreien lassen.
Die Form des Fahrradkorbes lässt erkennen, dass an dieser Stelle mal ein praktisches Gestell zum Transportieren von Unitaschen, Wasserflaschen und unnützen Einkäufen platziert war. Durch mehrmaliges Umfallen meines Rads mutierte der Korb allerdings zu einem unförmigen Etwas. Daneben habe ich zu Freude aller Polizisten, die mir nachts viel Geld abknöpfen dürfen, kein funktionierendes Rücklicht. Ein fehlender Fahrradständer fungiert als Ausrede, meinen Drahtesel auch an Schaufenstern und Haustüren anzulehnen.
Trotz dieser massiven Schäden, für die ich mich wegen Selbstverschuldung eigens verantwortlich fühle, fahre ich gerne mit meinem Radl.
Treue, Zuverlässigkeit, Selbstlosigkeit
Mein Fahrrad ist hart im Nehmen. Es ist mein treuer Begleiter durch schöne und auch schwere Zeiten, durch laue Nächte und frühe Morgenstunden, durch den Mückenschwarm im Park und durch den Regenschauer in der Stadt. Es kann stürmen oder schneien, eisig kalt sein oder tropische Temperaturen haben – mein Radl wartet auf mich. Es ist da, wenn ich es brauche.
Mein Fahrrad ist mir immer treu. Es wartet, bis ich mal endlich aus dem Bett gefallen bin und es steht bereit, wenn ich nach einem langen Arbeitstag nach Hause fahren möchte. Ich schlängele mich mit ihm durch Menschenmassen und rase mit ihm durch enge Gassen. Ich wähle meinen Parkplatz geschickt und kann es grundsätzlich vor der Tür abstellen.
Billige Liebe
Mein Fahrrad ist pflegeleicht. Es kann von Bordsteinkanten springen, über rote Ampeln fahren, schlendernde Passanten überholen, nächtelang im Freien verbringen und mehrere Leute gleichzeitig tragen. Mein Radl braucht zum Leben nur Luft und Liebe.
Mein Radl ist billig. Ich gebe weder Geld für Benzin, noch Öl, Fahrkarten oder den TÜV aus. Ich habe ihm ein Schloss gekauft, dessen Zahlenkombination zum Öffnen nur ich beherrsche. Damit habe ich vollen Besitz über mein Fahrrad und kann es benutzen, wie ich möchte. Es ist vielleicht eine einseitige Liebe, aber es ist eine nützliche und verdammt praktisch.
Weg mit dem Speck
Mein Fahrrad hält mich fit. Ein bisschen Sport hat noch nie geschadet und geben wir es zu, ein bisschen Kalorien verbrauchen auch nicht. Da ist ganz hilfreich, dass mich mein Fahrrad zwingt, zumindest mal ein paar Minuten am Tag die Pedale zu treten. Das stärkt nicht nur Herz und Lunge, sondern stählt auch die Muskeln. Ganz nebenbei schwinden Kalorien.
Mein Fahrrad macht glücklich. Schuld daran sind die Hormone und Botenstoffe im Körper, die durch die gleichmäßige körperliche Belastung beim Radfahren auf Touren gebracht werden. Endorphine durchfluten den Körper, und das Wachstumshormon STH steigert die Leistungsfähigkeit.
Fahrt mehr Rad!
Mein Fahrrad schont die Umwelt. Ich verpeste nichts mit CO2, fördere nicht den Klimawandel und muss mich nicht durch endlos lange Staus kämpfen. Das Radeln mag zahlreiche Gebrauchsspuren auf meinem geliebten Drahtesel hinterlassen haben. Doch trotzdem möchte ich meinem so zuverlässigen, billigen, umweltschonenden, glücklich machenden und pflegeleichten Fahrrad danken. Nie mehr ungelenk absteigen. Nie mehr viel zu laut bremsen müssen. Nie mehr ohne den verbeulten Fahrradkorb. Nie mehr darauf verzichten, so ganz nebenbei die Welt zu retten.
(Text: Christina Hubmann)