Mit „Zwei an einem Tag” führt der britische Autor David Nicholls derzeit die internationalen Bestsellerlisten an. Seinen Erstling „Keine weiteren Fragen” brachte er bereits im Jahr 2005 heraus. Mit James McAvoy („Last King of Scotland”) in der Hauptrolle wurde der Roman kurz darauf verfilmt.

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Wir schreiben das Jahr 1985: Brian Jackson, ein tollpatschiger Nobody aus ärmlichen Verhältnissen, beginnt sein Studium an einer britischen Elite-Universität mit großen Erwartungen: Er will endlich intellektuell werden, wichtige Dinge sagen, große Debatten führen, klassische Konzerte besuchen, hochpoetische Literatur konsumieren und mit schönen Frauen schlafen. Außerdem wäre da noch „University Challenge”, Englands anspruchsvollstes Fernsehquiz, an dem Brian unbedingt teilnehmen möchte.

Bei den Vorbereitungen für die Qualifikation verliebt sich Brian in seine Teamkollegin Alice, die leider Klassen über ihm steht und nur freundschaftliches Interesse am pickeligen Außenseiter Brian hat. Um sie zu beeindrucken, will sich Brian als hochkomplexe und gebildete Persönlichkeit präsentieren und tappt dabei von einem Fettnäpfchen ins andere.

Mit Brian Jackson hat der Autor eine Figur geschaffen, die der Leser einfach lieben muss. Er ist der klassische Durchschnittstyp aus einer Gegend, in der „Mittelschicht” als Schimpfwort verwendet wird und man sich für einen Schulabschluss entschuldigen muss. Zudem verkörpert er den typischen Studenten der 80er Jahre, den ein spontaner Coffee to go schon mal in ernste finanzielle Schwierigkeiten bringen kann.

Dem Chaos in seinem Leben begegnet Brian mit einer unglaublichen Portion Selbstironie und Sarkasmus. Das lässt die Erzählung amüsant, aber auch authentisch wirken. Dem besonderen Schreibstil von David Nicholls ist es zu verdanken, dass dieser Roman trotz einer eher banalen Story aus der Masse herausragt. Besonders Fans des britischen Humors kommen hier voll und ganz auf ihre Kosten, erinnert der Autor doch stark an seinen überaus erfolgreichen Landsmann Nick Hornby („About a Boy”, High Fidelity”).

Hier und da wirken Nicholls Charaktere ein wenig überzeichnet, was womöglich daran liegt, dass er auf bestimmte Typen setzt. Da wäre Alice, das wunderschöne Mädchen aus gutem Hause, mit dem jeder befreundet sein möchte. Oder Rebecca, die engagierte Kommunistin, die keinen Wert auf Mode legt und täglich Flugblätter verteilt. Nicht zu vergessen Brians Kumpels aus dem sozialen Brennpunkt, die alle an Tankstellen jobben und mit geklauten Elektrogeräten dealen. Besonders fraglich erscheint hier, wie der tollpatschige und aknegeplagte Protagonist Brian letztendlich die schöne Alice für sich gewinnen kann.

Mit Nicholls großem Bestseller-Erfolg „Zwei an einem Tag” hat sein erstes Buch relativ wenig gemeinsam. So kann es durchaus sein, dass Fans der Liebesgeschichte um Emma und Dexter von „Keine weiteren Fragen” enttäuscht sind. Wer den Roman jedoch isoliert betrachtet und unvoreingenommen liest, wird ihn ebenso lieben.

(Text: Julia Hanel)

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Von JuliaH

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