Sport

Sport und Gesellschaft # 1

Sport ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Tagesaktuelle Themen können im Laufe des sportlichen Wettkampfes und um diesen herum aufgegriffen werden. Akteure und Fans reflektieren Politisches, Wirtschaftliches oder Künstlerisches oder gehen in diesem auf und sorgen damit für eine Vermengung von Gesellschaft und Sport. Heute widmet sich back view dem Verhältnis von Sport und Film.


Der Ursprung in der Vermischung von Sport und Film ist wohl im 1925 erschienenen Film Wege zu Kraft und Schönheit zu finden. Der Sportdokumentarfilm von Wilhelm Prager zeigte primär Szenen aus der Gymnastik, aber auch aus dem Tanz und Badesport.

Der Fokus auf die Körperlichkeit rief einerseits die Zensur auf den Plan, denn die Freizügigkeit des Filmes war für damalige Verhältnisse eklatant. Andererseits gilt Pragers Film als Vorläufer zu Leni Riefenstahls Propagandafilm Olympia, der 1938 erschien.

Beide Filme sind von einem Körperkult geprägt. Sport und Gesundheit waren eng miteinander verwoben. Dieser Fokus auf einen unversehrten, starken und gesunden Körper gipfelte dann in der fatalen Glorifizierung der arischen Rasse, wie sie in Riefenstahls Film demonstriert wird. Der Propagandasportfilm war geboren und hatte in NS-Deutschland seinen wohl weltweiten Höhepunkt bereits erreicht.

Die Dokumentarfilme sind nur ein Auszug der Auswahl an Sportfilmen. Kinostreifen, die nicht dokumentarisch sondern vielmehr effektreich und cineastisch arbeiten, hatten ebenso weltweiten Erfolg. Einen der größten Kassenschlager kann wohl Sylvester Stallone mit seiner Rocky-Reihe verbuchen.

Mit viel Muskeltraining zum Erfolg
Der insgesamt sechsteilige Film feierte seine Premiere 1976 und räumte mit den ersten Film aus dem Stand drei Oscars ab. Im Boxer Rocky Balboa vermischen sich die Figuren Chuck Wepner, der Muhamed Ali am Rande einer Niederlage hatte, und Rocky Marciano. Ein erfolgreicher Sportfilm ohne reale Komponente, ohne Referenzstufe ist bis dato selten zu finden.

Doch für Sylvester Stallone waren die Dreharbeiten keine einfache Aufgabe. Er musste vielmehr schwere Gewichte stemmen, um als authentischer Boxer auf der Kinoleinwand zu erscheinen. In allen Teilen hatte er stets mit Verletzungen zu kämpfen, doch ganz massiv wurde es vor allem im letzten Teil: Der damals 60-Jährige brach sich ein Bein und  zog sich weitere, kleinere, aber ebenso fiese Blessuren zu. In einem Interview gab der Schauspieler Einblick in seine geschundene Seele mit dem umso geschundeneren Körper: „Die Gelenke nutzen ab, und du bekommst Entzündungen an Dingen, von deren Existenz du nicht mal etwas wusstest.”

Eine ähnliche Tortur musste Tom Hardy knapp 40 Jahre nach dem ersten Rocky-Film über sich ergehen lassen. Für den Film Warrior trainierte der Schauspieler gut drei Monate und legte 13 Kilo Muskelmasse zu. In einem Interview mit sagte er mal, dass er es nach langen Dreharbeiten satt sei, Brokkoli und Chicken Wings zu essen.

Doch noch ist keine Verschnaufpause für das Physis-Wunder in Sicht. Für Christopher Nolans Batman-Film The Dark Knight Rises musste Hardy nochmals 14 Kilo aufspecken. Die Dreharbeiten bringen die Schauspieler an den Rand des Machbaren. Wer Hardy oder Stallone bei Warrior oder Rocky sieht, der weiß, dass in dieser muskulösen Körperhülle ein echter Boxer stecken könnte.

Realität im Film
Der Schein der Authentizität wird gewahrt, auch wenn dies mit monatelangem Muskeltraining für die Darsteller verbunden ist. Neben dieser physischen Präsenz ist auch oftmals eine weitere Einbettung der Realität zu finden.

So baut Stallones Meisterwerk wie erwähnt auf realen Figuren auf. Auch das Mixed-Martial-Arts-Epos Warrior integriert einige zahlreiche Kämpfer aus der Realität. Der Box-Film The Fighter mit Christian Bale in der Nebenrolle erzählt ebenso die wahre Geschichte zweier Boxbrüder, der eine ein Cracksüchtling, der andere ein von Mama unterdrücktes Muttersöhnchen. Auch hier die Referenzstufe, auch hier der Schein der Wirklichkeit.

Sportgrößen auf der Leinwand
Es gibt auch Gegenbeispiele, wo sich wahre Sportgrößen als Schauspieler zu verdingen versuchen. So hatte Paul Breitner beispielsweise 1975 einen ruhmreichen Auftritt im Westernstreifen Potato Fritz. Auch Steffi Graf spielte vor der Kamera – an der Seite von Otto im gleichnamigen Film.

Michael Schumacher spielte im Asterix Film gemeinsam mit Ferrari-Chef Jean Todt. Unvergessen auch der Auftritt von Berti Voigts in einem Tatort von 1999. Gegen zahlreiche Zeichentrickmonster musste der beste Basketballer der Geschichte Michael Jordan im Film Space Jam antreten.

Es sind nicht immer wahre Wunderwerke, die die Sportler da auf die Leinwand zimmern. Das beste Beispiel ist die Gastrolle von Wladimir Klitschko in Til Schweigers Zweiohrküken. Es ist offensichtlich, dass diese in ihrem Sport begnadeten Akteure oftmals nicht zur Schauspielerei geboren sind.

Fruchtbarer Dokumentarfilm mit Thomas Broich
Dennoch können Sportler in Filmhauptrollen einen tiefgründigen Einblick in ihr Metier liefern – dies funktioniert aber meist nur über Dokumentarfilme. Den wohl besten Dokumentarfilm der letzten Jahre hat Aljoscha Pause über Thomas Broich gedreht.

Der einstige Hoffnungsträger wurde über acht Jahre mit einer Kamera begleitet. Pause zeichnet dabei eine tiefgründige, selbstkritische und nachdenkliche Geschichte von Broich nach. Dokumentarfilme können vor allem dann fruchtbar sein, wenn sie einen anderen Blick auf den Sport werfen.

(Text: Jerome Kirschbaum)

Jerome K.

Jerome schreibt am liebsten über Sport, wenn er denn nicht selbst auf einem Platz steht. Seit Oktober 2010 verdingt sich Jerome als Schreiberling für back view, neben den Leibesübungen widmet er sich sich auch politischen Themen. Im wahren Leben musste Jerome zahlreiche Semester auf Lehramt studieren, um dann schlussendlich doch etwas ganz anderes zu werden.

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