Mit seinem neuen Album “Lieder wider besseres Wissen” geht Sebastian Krämer auf Tour. In Leipzig im Zentralkabarett erfreut er das Publikum einen angenehmen Abend entlang. Er weckt Emotionen, überzeugt künstlerisch, erzählt Geschichten von sich selbst mit Witz – und regt aber auch zum Nachdenken an.[divide]
Er betritt fast schon zurückhaltend die Bühne, unverkennbar sein doppelter Krawattenknoten und sein immer noch jugendliches Äußeres. Spätestens seit seinem Stück “Deutschlehrer” ist Sebastian Krämer als Kabarettist und Chansonnier in Deutschland bekannt, das Stück mit lautem, Staccato-lastigen Gesang brachte für den Sohn eines Gymnasiallehrers deutlich Popularität – bei Google erscheint nach dem Suchwort “Deutschlehrer” sein Video ganz oben. Nach Auftritten mit Marco Tschirpke und Bodo Wartke tritt er nun wieder allein auf, an diesem Abend in Leipzig.
Wie passend: zuerst spielt Kramer aus seinem neuen Album “Lieder wider besseres Wissen” seine kleine Hommage an die Messestadt: das “Leipziger Stillleben” beschreibt ein Hotel, welches die besten Zeiten hinter sich gelassen und dessen Ausstattung immer noch den selben Zustand wie vor mehreren Jahren hat – im Kontrast dazu der restliche Stadtkern mit Markengeschäften. Hört man da eine gewisse Melancholie heraus? Treffend gelingt es Krämer, live, ohne Percussion, Gitarre und Orgel wie in der Studioaufnahme, die Stimmung des Liedes einzufangen und die Atmosphäre des Blauen Salons im Zentralkabarett zu bereichern.
Sebastian Krämer: Von Gefühl und Spaß
Überhaupt schwingen bei vielen seiner Songs Anspielungen zum Morbiden und Melancholischem mit, sei es so deutlich wie beim “Abonnent” auf dem Friedhof – oder subtil bei “100 Schritte”. Krämer singt aber auch über das familiäre Leben, über seine Kinder und die Vorzüge (und Nachteile) eines Bruders. Eine zweite Kugel Eis? Ist ja für den Bruder! Wer macht den Abwasch? Ich hab da noch einen Bruder! Und dann beschreibt die Bibel Abel – auch der hatte noch einen Bruder!
Amüsiert, herzlich, manchmal auch ertappt lacht das Publikum, findet sich in vielen Situationen wieder. Gleich zu Beginn gelingt es dem Künstler, die Leute miteinzubinden. “Tschuldigung, ich muss jetzt zum Flötenunterricht” bringt mit dem selbstironischen Text und der eingängigen Melodie die Anwesenden zunächst zum Mitwippen; nach der Aufforderung, dem Refrain mitzusingen, stimmt das Publikum gut gelaunt ein.
Zusammenarbeit mit anderen Künstlern
Auch die unterstützenden Musiker passen zu den Stücken. Subtil unterlegt das Horn von Karsten Zimmermann einzelne Lieder, auch die Symphathie zwischen den Darbietenden wird spürbar. Für Einige im Publikum war das zweite Instrument, welches zu ausgewählten Stücken mitgespielt wurde, eine neue Erfahrung: das Theremin. Gespielt von Carolina Eyck, tragen die seltsam klingenden Schwingungen unterschwellig zum Klang bei, nie hört man die Töne des elektronischen Instrumentes für sich, was auf der einen Seite schade ist – immerhin sind die bizarren Töne für viele im Saal ein Novum – andererseits fügen sich so alle Klänge harmonisch ineinander zusammen.
Am Ende des Abends gibt es noch zwei Zugaben, das Publikum ist begeistert. Krämer überlegt, welches Stück er zum Abschluss spielen soll, er entschließt sich zu einem noch nicht veröffentlichtem – das geforderte “Deutschlehrer”-Lied schlägt er aus, zu alt sei die Rechtschreibreform nun her. Das Publikum lacht erneut über seinen Humor und genießt den Abschlusssong – bevor es zum Flötenunterricht geht.
(Foto: Gerald von Foris)