Wer in diesen Film einsteigt, um sich von Quentin Tarantino auf eine Todesfahrt mitnehmen zu lassen, der wird erstmal verdutzt sein: „Bin ich hier im richtigen Film?” Die ersten Minuten lassen eher ein B-Movie der 70er Jahre vermuten als das neueste Werk des Kultregisseurs: Farben und Bildschärfe erinnern an Karl Mays Zeiten, die Anfangstitel laufen im Nightrider-Stil ab. Aber die charakteristische Musik und der sehr kurz eingeblendete Titel „DEATH PROOF” zeigen, dass Tarantino nur ein weiteres Mal mit den Erwartungen der Kinobesucher gespielt hat.

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Kurt Russel spielt Stuntman Mike. Er ist ein in die Jahre gekommener Haudegen, hat aber sein Interesse am schönen Geschlecht noch lange nicht verloren. Bewaffnet mit seinem Charme und seinem todsicheren „Muscle Car” geht er auf die Jagd.

Im texanischen Austin findet der Stuntman erste Beute: Hier ist Jungle Julia (Sydney Tamiia Poitier) mit ihren Freundinnen unterwegs. Sie reden mal ausgelassen, mal zickig über ihre Freizeitpläne und – Tarantino-typisch – Sex und Drogen. Am Abend wagt sich Mike in einer Bar an die Schönen heran und schmeichelt ihnen. Eine andere Unglückliche wird, wie ein Trailer verrät, von ihm mitgenommen und macht im Inneren seines Stuntautos schmerzhafte Erfahrungen. Danach jagt er Jungle Julia und ihrer Clique hinterher. Spätestens jetzt werden die mörderischen Absichten des „Kavaliers” für den Zuschauer deutlich sichtbar. Es scheint für ihm einen besonderen Kick zu geben, Frauen mit seinem Auto in Todesgefahr zu bringen.

Einige Zeit später ist der Vernarbte wieder unterwegs und wagt sich diesmal an Stuntgirl Zoé (Zoé Bell, die sich in dem Film selber spielt). Die leistet mit ihren Mitstreiterinnen aber mehr Gegenwehr als erwartet, so dass der Stuntman seinen verletzlichen Kern offenbart…

Quentin Tarantino zeigt sich in diesem Film nicht nur als Barkeeper Warren, sondern mit seinem Werk auch als Autoliebhaber hinter den Kulissen. In „Death Proof” lässt er den pechschwarzen Chevy Nova von Stuntman Mike gegen den weißen Dodge Challenger von Zoés Crew (u. a. Rosario Dawson, „Sin City”) antreten. Beide Autos stammen aus den 1970er Jahren. Fans klassischer Automobile werden bei den Crashszenen die Augen tränen, aber sie sind auf jeden Fall sehenswert. Ebenso macht die Verfolgungsszene am Schluss des Films so manche Flaute wieder wett.

Die wahren Gründe für Stuntman Mikes psychopathisches Balzverhalten bleiben im Dunkeln, im Film werden einige Vermutungen geäußert, aber eine wirkliche Antwort erhofft sich der Zuschauer vergebens. Hier erkennt man wieder die Handschrift Tarantinos: Ähnlich wie bei „Reservoir Dogs” informiert er den Zuschauer äußerst dünn über Details. Manchmal erhält man lediglich Informationsfetzen über die Beziehungen zwischen den Figuren und wird absichtlich unwissend gelassen. Die Szenen, die man im Film zu sehen bekommt, beleuchten die Handlung aber äußerst stilvoll.

In den amerikanischen Kinos wird „Death Proof” zusammen mit „Planet Terror” von Robert Rodriguez als Double Feature gezeigt. Das Doppel trägt dort den Titel „Grindhouse”. So wurden früher Kinos in den U.S.A. bezeichnet, die vorwiegend Doppelfilme zeigten. „Planet Terror”, der Anfang Oktober auch bei uns in die Kinos kommt, ist den Trailern zufolge um einiges blutiger und brutaler als „Death Proof”. Tarantino geht nämlich dieses Mal mit seiner „Künstlerfarbe” Blutrot für seine Verhältnisse sparsam um.

Wegen den atmosphärischen Schauplätzen, dem charismatischen Kurt Russel, der Frauenpower und nicht zuletzt der Geheimniskrämerei des Regisseurs ist „Death Proof” ein Film, der nach dem Kinobesuch „todsicher” für Gesprächsstoff sorgt. Allein die mal mehr, mal weniger stilvollen Dialoge dürften etwas enttäuschen. Aber ohne die wäre es ja auch kein echter „Tarantino”.

(Text: Tilman Queitsch)

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