Seht ihr den Mond dort stehen? – Er ist nur halb zu sehen, und ist doch rund und schön! So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie nicht sehn, schrieb einst der Renaissance Dichter Matthias Claudias. Nachts scheint alles dunkel, gar blind, doch sieht dann so mancher mehr als andere. Ein Blick auf den Astronomieweg Nürnberg – hin zu den Sternen.[divide] Am 14. April 1561 waren die Bürger Nürnbergs Zeuge eines bis dato nie da gewesenen Himmelsschauspiels. Unbekannte Flugobjekte tauchten plötzlich über der Stadt auf und lieferten sich einen unerbittlichen Kampf. Eine Flugschrift des Buchdruckers Hans Glaser beschreibt diese Sternenschlacht:
„Gut eine Stunde lang habe Alles miteinander heftigst gestritten und gekämpft, sei dabei vor der Sonne auf – und niedergestiegen und habe sich bis zur Erschöpfung abgemüht.“
Nach gut einer Stunde war das bizarre Schauspiel vorbei, doch für viele Ufologen ist dies ein Beweis für die Existenz und den Besuch außerirdischer Wesen. Am Rathenauplatz zu Nürnberg geht es heute auf, unter und über der Erde ähnlich turbulent zu. Eine sechsspurige Straße überspannt den Platz, darunter verbindet eine U-Bahn den Nürnberger Untergrund, in den Himmel ragt der Laufer Torturm. Es ist ein lauter und hektischer Ort, sodass sich mit der niederländischen Gruppe Het Goede Doel fragen lässt: „Gibt es Leben auf Pluto, kann man auf dem Mond tanzen, gibt es da zwischen den Sternen einen Platz, wo ich hin gehen kann. “ Dieser Ort ist Ausgangspunkt für eine Reise durch das Weltall entlang des Nürnberger Astronomieweges. Hier stand einst das erste Planetarium der Stadt Nürnberg, welches 1927 eröffnet wurde.
Von Sternen und Geistesblitzen
Der Weltraum unendliche Weite, Sternenzeit „große Nürnberger Uhr“ oder so ungefähr. Hier am Laufer Schlagturm schlug der Türmer die Zeit an, wobei Tagesstunden und Nachtstunden unterschiedlich je nach Jahrzeit gezählt wurden. Es galt „schlägt´s aufwärts“ so wird es Sommer, „schlägt´s abwärts“ so wird es Winter. Noch immer zeigt die Sonnenuhr an der Lorenzkirche die „Nürnberger Zeit“ an. Mittlerweile ist man da Lichtjahre weiter, es gilt, ein Tag hat 24 Stunden, das Jahr besteht aus 365 Tagen und die Erde ist rund. Martin Behaim, an dessen Denkmal der Weg entlang führt, entwarf 1440 den ersten Globus, den er damals noch als „Erdapfel“ bezeichnete. Plötzlich war ein neues Weltbild entstanden. Doch es bedürfte Reformatoren wie Philip Schwarzerd, besser bekannt als Philipp Melanchton, um seine Zeitgenossen davon ins Bilde zu versetzen. Heute würde er schlicht sagen: „Investiert in die Bildung.“ Aus diesem Grund begründete Philipp Melanchton 1526 unweit des Denkmals eines der ersten Gymnasien der Stadt, das Egidiengymnaisum, heute Willstätter Gymnasium. Eine gute Gelegenheit hierzu bot die 1678 von Georg Chrisoph Eimmart gegründete Sternwarte, die viele Astronomen ausbildete und der Bevölkerung die Sterne näher brachte. Um sich am Sternenhimmel nicht zu verlieren, hatte Albrecht Dürer bereits 1515 die erste Sternenkarte entwickelt. Bedeutende Handwerker wie Wenzel Jamnitzer belieferten die Astronomen mit verschiedenen Instrumenten, die Dank des Kunstbunkers die großen Zerstörungen überlebten, während Verlage wie der Homann Verlag die Erkenntnisse verbreiteten.
Astronomieweg Nürnberg: Unbekannte Weiten ganz nah
Langsam wird es dunkel, die Sterne und der Mond steigen auf. Dies war und ist der Zeitpunkt für viele Hobbyastronomen auf ihre Dachboden zu steigen und gen Himmel zu blicken. Der Weg führt weiter entlang der großen mittelalterlichen Gebäude, die von ihren großen Entdeckern berichten. Viele von ihnen wie Johannes Regiomontanus, Martin Behaim oder Johann Philipp von Wurzelbau sind heute selbst in den unendlichen Weiten des Weltalls bekannt. Insgesamt neun Mondkrater wurden nach Nürnberger Astronomen benannt. Über den belebten Hauptmarkt mit seinem schönen Brunnen geht es langsam gen Himmel den Burgberg hinauf. Ein hektisches Männleinlaufen ist unten und auf der Frauenkirche zu sehen. Jeweils zur Mittagsstunde umkreisen hier die sieben Kurfürsten Kaiser Karl IV. Auf der Burg bietet sich schließlich ein wunderbarer Blick über die ganze Stadt, die Ferne scheint plötzlich ganz nah, Raum und Zeit scheinen zu verschmelzen. Dann erreicht der Astronomieweg Nürnberg langsam sein Ziel: vorbei am neuen Nicolaus Copernicus Planetarium erreicht der Weg schließlich die Regiomontanus Sternwarte.
Endlich unendlich
Doch damit ist der Weg der Astronomie noch lange nicht zu Ende. Mitten in den Wirren des zweiten Weltkrieges wurden die Bewohner Nürnbergs im Frühjahr 1944 wieder Zeuge einer unerklärlichen Himmelserscheinung. Plötzlich erschien in der Abenddämmerung eine zweite Sonne, die sich immer schneller zu drehen schien, bis sie sich schließlich in einem grellen Licht über der bereits vom Krieg gezeichneten Stadt entlud. Die Nürnberger deuten dieses Phänomen als Zeichen, dass der Krieg bald zu Ende sein würde, aber ihnen noch viel Leid bevorstünde. Der Weltraum war schon immer ein Raum für unbegrenzte Fantasien und Hoffnungen in einer einzigartigen Mischung aus Neugier und Angst vor dem unbekannten, dass sich in den weiten des Kosmos wohl finden möge. Das Universum erscheint unendlich in seinen Möglichkeiten, doch sind wir als Menschen auf der Erde begrenzt. “Das Weltall zerfällt in zwei Teile – ich und der Rest,” schrieb Giovanni Papini. Einst war die Eroberung des Mondes ein Sinnbild für den Kampf der Systeme West gegen Ost. Heute ist ein neuer Wettlauf um Einfluss und Ressourcen im Weltraum entbrannt. Aber auch im Kleinen erscheint der eigene Nachbar manchmal ferner als der nächste Planet. Wenn wir unsere kleinen Sorgen betrachten, so sind sie nichts im Vergleich zur Unendlichkeit des Kosmos. Der Weltraum mit all seinen unerschöpflichen und ungeklärten Mysterien schafft Raum, gemeinsam zu forschen und zu träumen. Wenn wir auf einander zugehen, gemeinsam friedlich daran arbeiten, diesen Raum zu erkunden, so ist dies ein kleiner Schritt für jeden Menschen aber kann zu einem großen Schritt für die Menschheit werden. Dann scheint Vieles möglich, was bisher kaum bedacht wurde. „Wer will der Verstandeskraft und der Erfindungsgabe des Menschen Grenzen vorschreiben?“, sagte einst Galileo Galilei. Die Moral der Serie Star Trek um das Raumschiff Enterprise lehrt, dass es möglich ist, die irdischen Probleme zu lösen oder gibt zumindest Hoffnung davon zu träumen, oder wie es Peter Schilling einst sang: „Der Mond ist auch bloß ein Lebkuchen“, sagte dahingegen der fränkische Mudartdichter Fritzgerad Kusz. Wer aber darin mehr sieht und weiteres über den Weltraum und seine spannenden Möglichkeiten erfahren will, dem sei ein Besuch der Nürnberger Astronomische Gesellschaft e.V. oder der Astrofreunde Franken empfohlen. Machen wir uns auf und entdecken wir gemeinsam den Weltraum, denn wir sind alle vom selben Stern!