Neben Mince Pies und Socken am Kamin gibt es in Großbritannien auch viele Bräuche in der Weihnachtszeit, die einem als Deutscher sehr bekannt vorkommen. Was Königin Victoria mit dem Schmücken des Weihnachtsbaums zu tun hat und was für Höhepunkte die britische Liebe für Sandwiches in den kalten Monaten erreicht, erfahrt ihr in diesem Blick auf Weihnachten in Großbritannien.[divide]
Mit Glühwein in der einen und Bratwurst in der anderen Hand schlendern wir über den Weihnachtsmarkt, bestaunen Räuchermännchen, Schokowerkzeug und überlegen, ob vielleicht doch noch eine Portion Poffertjes als Nachtisch drin ist. Wer uns jetzt aber in Leipzig oder Nürnberg vermutet, liegt komplett falsch. Auf dem Weihnachtsmarkt im schottischen Edinburgh fühlt sich jeder Deutsche gleich ganz wie zu Hause. Ein Glühweinstand aus Bremen steht dort direkt neben einem Grill mit original Nürnberger Würsten. Den britischen Stand erkennt man sofort daran, dass wohl niemand anderes Sauerkraut auf einer Bratwurst anbieten würde.
Doch nicht nur Weihnachtsmärkte inklusive Stände und Betreiber sind hier zu finden, auch viele andere Traditionen haben sich von Deutschland aus in Großbritannien und der Welt verbreitet. Wie bei vielen Sachen gibt es auch hier eine ganz bestimmte Person, die dafür verantwortlich ist: Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, der Ehemann Königin Victorias. Sein Heimweh schien so groß, dass er unter anderem den Brauch des Weihnachtsbaumes mit in seine neue Heimat nahm und dort populär machte.
Doch schon hier lässt sich ein großer Unterschied zwischen den Nationen feststellen. Denn während den Deutschen die Adventszeit und damit einhergehende besinnliche Einstimmung auf Weihnachten überaus wichtig ist, gibt es diese in Großbritannien nicht. Schon am 1. Dezember wird bei vielen der Baum aufgestellt und geschmückt. Auch der Weihnachtsmarkt in Edinburgh war schon Mitte November geöffnet.
Auch die Leibspeise der Insel – die Sandwiches – werden Ende November in ein weihnachtliches Gewand gehüllt und für ein paar Wochen isst man so viele Turkey-Sandwiches mit Stuffing und Cranberry-Sauce wie man kann, bevor man wieder ein Jahr darauf verzichten muss. Ich selbst stellte mich furchtlos für das schwierige Experiment zur Verfügung, zu testen wie viele Mince Pies – kleine Törtchen, die mit getrockneten, in Alkohol gelagerten Früchten gefüllt sind – man in 4 Wochen essen kann bis sie einem komplett zu wieder sind. Derzeitiger Stand: Wir sind bei Packung Nummer vier und ich knabbere immer noch munter vor mich hin.
Wie viele andere lebe auch ich seit Ende Oktober im Schrecken einer Sache: Wann werde ich das erste Mal mit „Last Christmas“ von Wham! beschallt? Ich beschließe, dem ein Ende zu setzen und spiele Ende November das erste Mal eine weihnachtliche Playlist auf Spotify auf der Arbeit. An vorderster Front im Einzelhandel ist natürlich zu spüren, dass das Weihnachtsfest hier genauso eher das Fest der leeren Geldbörse zu sein scheint. Während ich immer noch verzweifelt an dem einen großen Geschenk überlege, dass jedes meiner Familienmitglieder bekommen solle, sind Briten allerdings zusätzlich mit der Suche nach kleinen Stockingfillern geplagt. Aber was einmal als rote Socke am Kaminsims begann, ist heute schon oftmals ein kleiner Jutesack, der bis zum Rand gefüllt wird. Wie gut, dass die Briten die Black Friday Tradition aus ihrem Tochterland USA übernommen haben und sich Ende November diverse, vermeintliche Schnäppchen sichern können.
Und wo man gerade von Schnäppchen redet: Dass sich unsere Billigsupermarktketten Aldi Süd und Lidl komplett in Großbritannien integriert haben, erkennt man daran, dass auch sie um den heimlichen Titel der besten Weihnachtswerbung konkurrieren. Mit Spannung werden diese jedes Jahr wieder erwartet und nach Erscheinen heiß diskutiert. Von knuddeligen Aliens, die kleine Kinder wachhalten bis zu animierten Karotten, die sich für ihre Liebste mutig ins (Erbsen)Geschützfeuer werfen ist 2017 alles dabei.
Das britische Weihnachtsfest ist in jedem Fall eine bunte Mischung aus alten und neuen Traditionen, mit denen sich noch jeder Weihnachtsmuffel auf seine Art auf die festliche Zeit einstimmen kann. Und wer von Mince Pies, schrägen Weihnachtspullis und deutschem Glühwein nicht genug bekommen kann, hat vier ganze Wochen um seine Weihnachts-Batterien für den Rest des Jahres aufzuladen.