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Mazel Tov und Alaaf

Jedes Jahr am 11. 11. um 11:11 beginnt sie die fünfte Jahreszeit. Dann herrscht in den Karnevalshochburgen Ausnahmezustand. Doch auch andere Regionen und Religionen feiern Karneval. Am 11. März ist Purim, der jüdischen Karneval.

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Das entscheidende Los  

Einst war Königin Watschi bei ihrem Gemahl dem Perserkönig Achashverosch, auch als Xerxes I bekannt, in Ungnade gefallen. Daraufhin schickte der König nach einer potenziellen Gemahlin. Unter den Kandidatinnen war auch die jüdische Waise Ester. Als es ihr gelingt mit ihrem Gemahl Mordechai einen Mordanschlag auf den König zu vereiteln, gewinnt sie dessen Gunst und wird Königin. Ihre jüdische Abstammung verheimlicht sie aber auf Anraten Mordechais. Dieser ist dem Premierminister des Reiches Haman aber ein Dorn im Auge.

Als Jude weigert sich Mordechai wie geboten vor Haman niederzuknien.

Mazel Tov

Aus Zorn und mit dem Ziel den Besitz der Juden in Persien zu erlangen, überzeugt Haman König Achashverosch, die Juden müssten vernichtet werden. Über den schicksalhaften Tag lässt Haman das Los entscheiden. Daher leitet sich auch der Name Purim hebräisch für Los ab.

Kurz vor der geplanten mörderischen Tat wird Mordechai eine besondere Ehre zu Teil. In ein königliches Gewand zu Pferde reitet dieser durch die Stadt. Allerdings empfindet Haman dies als persönliche Kränkung und beschließt Mordechais beschlossenen Tod vorzuziehen.

Daraufhin schickt dieser nach Ester, welche dem König eröffnete, welches Schicksal auch sie erwarte. Darüber erbost lässt Achashverosch Haman am Galgen, der für Mordechai bestimmt war, hinrichten. Trotzdem kann Ester keine Gnade beim König erflehen, da er ein königliches Edikt nicht zurückzunehmen kann. Daher gestattet er den Juden in einem zweiten Edikt sich selbst zu verteidigen. Auf diese Weise sind sie vor dem schrecklichen Schicksal errettet.

Ein missverstandenes Fest

Leider hat dieses sehr fröhliche Fest auch eine sehr traurige Seite, die hier nicht verschwiegen werden soll. Bewusste Missverständnisse und Unwissenheiten dienten  auch als Grundlage für Antisemitismus. Gemäß dem Buch Ester gelang es den Juden in Persien 75.000 Feinde zu töten. Das Hetzblatt „ Der Stürmer“  stellte dazu die Behauptung auf, immer wieder, bei exzessiven Trinkgelagen würden die jüdischen Gemeinden zu Gewalt und Provokation gegen Nichtjuden aufrufen. Mit dieser Begründung, man müsse die Söhne Hamans rächen, kam es in der Zeit des Nationalsozialismus immer wieder zu brutalen Übergriffen und Pogromen auf die jüdische Bevölkerung. Als Julius Streicher, der Herausgeber des „Stürmers“ 1946 nach seiner Verurteilung hingerichtet wurde soll er gar gesagt haben: „ Das ist mein Purim.“

Damit war das Fest völlig falsch verstanden, hat es doch eine völlig andere Tradition.

Laut, Lustig und Lecker

Glücklicherweise ist Purim heute eine leckere, lustige und laute Angelegenheit. Dabei sind es vor allem vier Mitzwa, also Gebote, welche die Feiernden einzuhalten haben.

Im Gottesdienst, bei dem es selbst nicht so ernst zugeht, sind die Kinder dazu angehalten jedes Mal mit Ratschen, Klappern und Rasseln laut Lärm zu machen, wenn der Name Haman zu hören ist. Auf diese Weise soll symbolisch der Name Hamans ausgelöscht werden. Dazu werden Hamantaschen gebacken und mit Freunden und Verwandten genossen. Alle Feiernden sind dazu aufgefordert die Lesung zweimal zu hören und zusammenzukommen.

Im Zentrum des Festes stehen der Zusammenhalt und die gemeinsame Anstrengung, welche das Wunder der Errettung ermöglichten. Daher ist es üblich Freunden und Verwandten einen Esskorb, den Mischloach Manoth,  mit mindestens zwei essfertigen Speisen zu schicken.

Üblich ist an diesem Tag  auch der symbolische halbe Schekel. Früher war jeder Jude dazu verpflichtet einmal im Jahr einen halben Schekel für das Tempelopfer zu spenden. In Erinnerung daran werden noch heute ähnliche Summen für wohltätige Zwecke gespendet.

Purim ist ein Fest der Einheit und Freundschaft gemeinsam das Wunder zu feiern. Aus diesem Grund besagt die dritte Mitzwa man soll mindestens zwei Bedürftigen ein Geschenk machen.

Purim ist ein fröhliches buntes Fest, bei dem sich ähnlich dem christlichen Karneval die Menschen verkleiden. Damit soll die Präsenz Gottes nachempfunden werden.  Dieser war zwar nicht sichtbar, aber spürbar, wie durch eine Maske, was die Verkleidung symbolisiert. Im Laufe der Geschichte kam es dabei auch zu vereinzelten Angleichungen zwischen Karnevalstraditionen und Purimgebräuchen.

Die vierte Mitzwa ist sicherlich die schönste. Schließlich besagt diese:

Esst trinkt und seit fröhlich  In diesem Sinne: Mazel Tov und Alaaf!

Stephan R.

Stephan interessiert sich für Warum und die Welt: Seit 2014 gehe ich für backview.eu scheinbar alltäglichen Dingen auf den Grund, betrachte warum manches so ist wie es ist. Wenn ich nicht gerade an einer neuen Idee für einen Artikel sitze, beschäftige ich mich gerne mit Fotographie oder Fremdsprachen oder widme mich meinen Politikstudium.

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