Bereits kurz nach dem Referendum am 23. Juni 2016 bereuen viele Briten den Austritt aus der EU. Der Exit vom Brexit soll her .Ein Land, gefangen zwischen dem Bedürfnis nach Fortschritt und längst vergangener Machtposition.
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So forderten es die englischen Schriftsteller James Thomson und David Mallet in dem von Thomas Augustine Arne komponierten Lied. Eine patriotische Hommage, die an die Größe des Landes erinnern soll. Im Referendum ging es den meisten Briten eben genau darum. Durch den Volksentscheid sollte die Größe, die für viele als verloren gegangen galt, zurückerlangt werden. Doch letztlich haben sie nun genau die Größe ihres Landes verschenkt und das Gegenteil erreicht.
Noch bevor die Stimmen des Referendums endgültig ausgezählt wurden, gab Nigel Farage, einer der Anführer der Brexit-Kampagne und Vorsitzender der EU-kritischen UKIP (United Kingdom Independence Party) bekannt, dass das größte Versprechen nicht eingehalten werden könne. So hat Farage nicht nur zugegeben, dass die Zahl von gigantischen 350 Millionen Pfund, die das Vereinigte Königreich monatlich an die EU zahlen müsse, aus der Luft gegriffen ist, sondern, dass er nicht garantieren könne, dass das ersparte Geld, wie versprochen, auch in Gesundheitssystem und Schulen investiert werden würde: „No I can’t promise that!“ Für viele der Grund, wieso sie überhaupt für den Brexit gestimmt hatten.
Spätestens hier stellten einige Briten, die auf die Anti-EU-Propaganda hereingefallen waren, fest, dass es ein Fehler war, für den Brexit zu stimmen. Dass die Herrschaft, die Großbritannien wieder groß machen sollte, denen in die Hände gelegt wurde, die das Vereinigte Königreich isolieren, wurde den meisten erst nach Ausgang der Wahl klar.
Brexit: „Britannia rule the waves.“
Am selbigen Tag gab der britische Premierminister David Cameron bekannt, dass er als Kapitän das Schiff nicht dahin steuern könne, wo die Briten hinwollen. Komisch, denn schließlich hatte David Cameron schon vor rund 10 Jahren die Anti-EU-Welle angestoßen, die seit dem über die Insel rollt. Gerade einmal einige Monate vor dem 23. Juni 2016 wurde Cameron klar, dass er vor vielen Jahren die falsche Richtung eingeschlagen hatte und versuchte gegenzulenken. Doch der Kapitän hatte die Welle nicht mehr unter Kontrolle. Und als das Boot auflief, gab er bekannt, dass er das Steuer aus der Hand geben werde.
Seit Bekanntgabe der Wahlergebnisse wird von vielen Briten versucht, ein zweites Referendum zu erzwingen. Gerade einmal 48 Stunden nach der Wahl wurden bereits über eine Millionen Unterschriften gesammelt, um den begangenen Fehler zu korrigieren. Gleichzeitig forderte die schottische Regierungschefin, Nicola Sturgeon, ein zweites Referendum für die Unabhängigkeit Schottlands von dem Vereinigten Königreich, um die EU nicht verlassen zu müssen. Jede Region des Landes ruderte am Tag des Wahlausgangs zurück und jeder auf seine eigene Art. Eine weitere Petition mit rund 150 000 Unterschriften forderte sogar den Verbleib der englischen Hauptstadt London in der Europäischen Union.
„Britons never will be slaves!“
Neben dem fallenden Pfund konnte man vor allem eins feststellen: Der Rassismus nahm innerhalb weniger Stunden massiv zu. Die sozialen Netzwerke wurden von fremdenfeindlichen Tweets und Mitteilungen über Anfeindungen überflutet. Deshalb muss ausgerechnet das Land, das mit Künstlern wie John Lennon bereits 1971 an eine Welt ohne Rassismus und Ausgrenzung appellierte, gerade eine Revolution von ungesundem Nationalstolz erleben.
Was viele jedoch für Freiheit halten ist das genaue Gegenteil. Eine Art selbstverschuldete Sklaverei in Isolation. Ein Referendum, das außer denen, die durch die englischen Straßen tanzen und das Ende des Vereinigten Königreich mit den Worten „wir sind frei“ bejubeln, niemandem etwas gebracht hat. Mit einem Schlag wurden zwei Vereinigungen, die von Vertrauen und Freundschaft geprägt waren, erschüttert. Die Europäische Union und das Vereinigte Königreich. Erschüttert wurde also eben genau das, was die Brexit-Befürworter schützen wollten. The United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland.
(Foto: Konstantin Schätz)