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Wo Rechtspopulismus massentauglich ist

Während die AFD hierzulande Kritik von Politikern, Medien und Volk erntet, ist Rechtspopulismus im ansonsten so liberalen und sozialen Norden Europas massentauglich. In Norwegen sitzt die rechtspopulistische und islamkritische Fortschrittspartei sogar in der Regierung, in Dänemark, Schweden und Finnland bereiten sich ähnliche Gruppierungen auf ihre Arbeit im Europaparlament vor.
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Grenzkontrollen, das ist doch etwas von vorgestern sollte man meinen, im Europa ohne Grenzen. 2011 kam Dänemark auf die Idee, als erstes EU-Mitgliedsland wieder Grenzkontrollen einzuführen. Hinter der Idee steckt die Dänische Volkspartei (DF), die als nationalkonservativ und rechtspopulistisch eingestuft wird und in ihrer Heimat drittstärkste Kraft ist. Illegale Zuwanderung und Kriminalität wollten sie damit stoppen – suspekt, wo Dänemarks einzige Ländergrenze die zu Deutschland ist. Umgesetzt wurde der Gesetzesentwurf nie, die Nachfolgeregierung hat ihn umgehend ausgesetzt, als sie an die Macht kam.

Das ist aber nicht der einzige irritierende Vorstoß, den sich die DF hat einfallen lassen, um damit im rechten Spektrum zu fischen. Im Sommer 2012 wollte die Partei Halal-Mahlzeiten in Kindergärten verbieten – das sei eine „übertriebene Rücksicht auf Muslime zum Nachteil dänischer Kinder“, hieß es in einer Pressemitteilung, den dänischen Kindern würden damit muslimische Bräuche aufgezwungen – Unsinn, denn viele Kindergärten servierten nur muslimischen Kindern Halal-Mahlzeiten.

Rechtsruck in EuropaAlle Parteien kooperieren mit der DF

Als „antimuslimisch in bestimmten Angelegenheiten“, bezeichnet Parteichef Kristian Thulesen Dahl seine Partei, etwa was die Geschlechtertrennung oder die Scharia angeht. Die DF, die aktuell bei rund 26 Prozent liegt, scheitert mit ihren Ideen meistens im Parlament, obwohl sie einige Verbündete vorzuweisen hat: Außer den Sozialdemokraten, die eine Zusammenarbeit aufgrund der Islamfeindlichkeit der DF strikt ablehnen, kooperieren alle sonstigen im Parlament vertretenen Parteien mit ihr – linke wie konservative. Hintergrund ist, dass sich inzwischen auch etablierte Parteien für eine restriktivere Zuwanderungs- und Integrationspolitik einsetzen.

Zum Vorbild hat es die dänische Volkspartei schon gebracht: Die Schwedendemokraten (SD) orientieren sich an der Politik aus dem Nachbarland. Doch dabei gehen die SD noch deutlich weiter. Soziologen der Universität Stockholm bescheinigen der Partei Fremdenfeindlichkeit mit neonazistischer Tendenz. Die Partei, die seit 1988 exisitiert, ist 2010 erstmals mit 5,7 Prozent der Stimmen ins Nationalparlament eingezogen.

Auf der Agenda stehen die üblichen rechtspopulistischen Themen: Sie wollen die Zuwanderung begrenzen und die Familienzusammenführung bei Einwanderern abschaffen, positionieren sich gegen eine multikulturelle Gesellschaft und sie
wollen die Heterosexualität in den Fokus der Familienpolitik rücken. Im Europaparlament streben die Schwedendemokraten eine Zusammenarbeit mit den französischen Rechten von Front National an.

Die SD erhalten immer mehr Zustimmung

Ins Europaparlament wird die Partei, die einen schwedischen Austritt fordert und gegen den Euro als Währung ist, aller Voraussicht nach einziehen, denn seit dem ersten Erfolg bei den nationalen Wahlen erfährt die SD, die national von allen Parteien gemieden wird, immer mehr Zustimmung: In aktuellen Umfragen liegen sie bei 8,2 Prozent.

Daran änderte auch der als „Eisenrohrskandal“ bekannte Vorfall aus dem Jahr 2012 nichts: Die schwedische Zeitung „Expressen“ veröffentliche ein Video, das den wirtschaftspolitischen Sprecher, Erik Almqvist, zeigt, wie er rassistische und sexistische Kommentare äußert. Einen Tag später veröffentlichte die Zeitung ein weiteres Video, das Almqvist und zwei weitere ranghohe Politiker zeigt, die einen bekannten schwedischen Komiker kurdischer Abstammung rassistisch beleidigen und sich mit einem Eisenrohr bewaffnen. Alle drei Politiker verloren ihre Posten oder gaben sie freiwillig auf.

In Finnland hingegen geht es etwas moderater zu: „Die Finnen“ (PS), vormals die „wahren Finnen“ wollen zwar die Zuwanderung begrenzen, finden dabei aber weniger aggressive Worte als die Nachbarn in Dänemark und Schweden. Die PS ist zum Beispiel nicht gegen die EU als Institution und will auch keinen Austritt Finnlands, setzt sich aber dafür ein, die Kompetenzen in Brüssel zu begrenzen und den Nationalparlamenten mehr Macht zu geben. Die Partei hat bereits einen Sitz im Europaparlament und wird am 25. Mai wohl weitere Stimmen holen, aktuell liegt sie nämlich bei 17,8 Prozent.

(Text: Miriam Keilbach / Foto: Stefan Franke by jugendfotos.de)

Miriam K.

Miriam war 2007 im Gründungsteam von backview.eu. Sie volontierte beim Weser-Kurier in Bremen und arbeitet seit 2012 als Redakteurin bei der Frankfurter Rundschau. Ihre Themen: Menschen, Gesellschaft, Soziales, Skandinavien und Sport.

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