Medien

Wir informieren uns und werden informiert

Pressefreiheit bedeutet, dass ein Vertrauensverhältnis vom Rezipienten zum Journalisten besteht. Pressefreiheit bedeutet auch, dass eine kritische Berichterstattung möglich ist. Was so simpel und einleuchtend klingt, wird aber nicht überall auf dieser Welt auch umgesetzt.
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Lauter glückliche Menschen. „Alles ist schön”, wird durch die Straßen gerufen. Zeitungen mit dem gleichen Aufmacher, Fernsehberichte mit ein und demselben Nachrichtensprecher, Suchmaschinenvorschläge mit positiver Konnotation.
Ein Film der Axel Springer Akademie veranschaulicht, wie ein Land ohne Pressefreiheit aussehen würde. Es gäbe keine politischen Wahlentscheidungen, die man treffen müsste, keine hässlichen Bilder, die man nicht sehen will, keine negativen Schlagzeilen, die man nicht lesen möchte – und Ereignisse, von denen man nichts wissen kann.

Für die junge Generation ist die Pressefreiheit eine Selbstverständlichkeit. Wir teilen unser Wissen in Blogs, präsentieren uns in sozialen Netzwerken, recherchieren und stöbern täglich im World Wide Web. Wir haben auf alles immer und überall Zugriff. Wir sind 24 Stunden online, wir erhaschen Informationen von Enthüllungsplattformen und sind genervt, wenn ein YouTube-Video durch die GEMA gesperrt wurde. Wir glauben, alles zu wissen und auf alles einen Zugriff zu haben. Und übersehen manchmal, dass die Beeinflussung freier Berichterstattung immer mehr zunimmt.

Keine Zensur!?

Pressefreiheit. Was ist das überhaupt? Artikel 5 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gewährleistet jedem Einzelnen neben der Informationsfreiheit und der Meinungsfreiheit „das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten”.

Nicht nur Wulffs Versuch, die Berichterstattung der „Bild”-Zeitung zu beeinflussen, sondern auch der arabische Frühling beweisen: Informationen sind der erste Schritt zu Veränderungen – deshalb fürchten nicht nur autoritäre Regierungen eine freie und unabhängige Berichterstattung.
Wo Medien keine Möglichkeit haben, über Unrecht, Machtmissbrauch oder Korruption berichten zu können, findet auch keine öffentliche Kontrolle statt. Folglich kann keine freie Meinungsbildung und kein Interessensausgleich hergestellt werden. Pressefreiheit ist unverzichtbar in einer Demokratie.

Verfassungsgericht als Hüter der Pressefreiheit
Das Bundesverfassungsgericht ist in Deutschland für die Garantie der Pressefreiheit verantwortlich. Trotzdem wird immer wieder versucht, journalistisches Material zu beschlagnahmen. Auch weiterhin werden undichte Stellen in staatlichen Apparaten – sogenannte „Whistleblower” – ermittelt.
Auch die Umsetzung des Rechts auf Zugang zu den Akten öffentlicher Stellen macht nur langsame Fortschritte. Journalistische Anträge scheitern an Ausnahmen in den Informationsfreiheitsgesetzen oder an unendlich langen Gerichtsverfahren.

Während Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete in keinem Fall abgehört werden dürfen, ist dieses Verfahren bei Journalisten, Ärzten und Anwälten gestattet. Nicht nur dieses Zweiklassensystem, sondern auch die Vorratsdatenspeicherung und das Vorgehen bei staatlichen Online-Durchsuchungen stoßen auf Kritik.
Andere Stimmen dagegen fordern zum Schutz vor Terroranschlägen, eine eingeschränkte Pressefreiheit zu erzwingen. So klar diese im Grundgesetz defininiert sein mag, so weitläufig sind ihre Grenzen.
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Internetzensur und eigener Internetzugang
19 Journalisten getötet. 161 Journalisten inhaftiert. Das ist die traurige Bilanz des Barometers der Organisation ‚Reporter ohne Grenzen‘, die jährlich Ranglisten nach dem Grad der Pressefreiheit, dem sogenannten ‚Press Freedom Index‘, aufstellt. In den westlichen Staaten mag die Pressefreiheit noch einen relativ hohen Stellenwert einnehmen. In den meisten Entwicklungs- und Schwellenländern ist sie aber deutlich weniger gewährleistet.

Die sozialistischen Staaten nehmen die hintersten Plätze ein. Doch unterliegt diese Rangfolge einer Entwicklung, die vom staatlichen System abhängig ist. So laufen in Staaten wie Ungarn oder Südafrika seitens der Regierung Bemühungen zur Einschränkung der Pressefreiheit. Auch die Exekutiven im Iran und in China haben die Überwachung des Internets deutlich verschärft. Private Internetfirmen sollen bei der Zensur helfen oder ein eigenes Internet soll Abhilfe zur freien Presse schaffen.

„Feinde der Pressefreiheit”
Die Länder mit der geringsten Pressefreiheit sind Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan. Deshalb wird der eritreische Präsident Issaias Afeworki bei den ‚Reportern ohne Grenzen‘ auch als „Feind der Pressefreiheit” eingestuft. Rund 30 Journalisten wurden unter seiner Macht im Mai 2011 in Gefangenschaft gehalten, andere verschwanden sogar spurlos.
14 Länder stehen bei den Reportern „unter Beobachtung”. Sie ergreifen laut der Organisation unverhältnismäßige Maßnahmen zum Schutz des Urheberrechts. Man glaubt es kaum, aber dazu werden auch demokratische Staaten wie Frankreich, Australien und die Türkei ebenso wie Russland oder Thailand gezählt.

Pressefreiheit? Für den Bürger
Deutschland liegt nur auf Platz 16 der Rangliste. Vor allem gegenüber den nordeuropäischen Ländern ist die Bundesrepublik in Verzug. Dies liegt nicht nur an mangelndem Schutz von Quellen und Informanten der Journalisten, sondern auch an der wirtschaftlichen Notwendigkeit, Redaktionen zusammenzulegen, die die Zahl eigenständiger Presseerzeugnisse zu reduzieren.

All diese kritischen Tendenzen zeigen, dass wir in Deutschland weit entfernt von dem Eingangsszenario sind. Die Pressefreiheit steht im Grundgesetz der Bundesrepublik ganz vorn. Wir können von einer kritischen Berichterstattung Gebrauch machen, können Informationen überall und unentwegt einholen, können mithören, mitlesen und mitreden. Und das sollten wir auch tun. Denn global gesehen, ist das leider keine Selbstverständlichkeit.

(Text: Christina Hubmann / Foto: Reporter ohne Grenzen)

Christina H.

Christina wollte eigentlich mal Busfahrer werden, ehe sie sich entschloss, doch "irgendwas mit Medien" zu machen. Schreiben tut sie nämlich schon immer gern. Und wie das Leben ohne dieses Internet funktioniert hat, fragt sie sich schon seit Längerem - erfolglos.

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