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Wenn Stars das Zeitliche segnen

In unserer immer stärker miteinander vernetzten Gesellschaft, erleben wir alles, was auf der Welt passiert, hautnah mit. Und statt wie früher auf die Tageszeitung zu warten, um genauere Informationen über den Tod berühmter Leute zu erfahren, reicht heute ein kurzer Klick auf eine der diversen Social Media Plattformen.
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War es das doch nur mäßig überraschende Ableben von Amy Winehouse oder der schockierende Tod von Heath Ledger, die den Startpunkt lieferten für eine neue Art der Beileidsbekundungen von Fans auf Youtube, Facebook und Twitter? Tippt man die Namen von verstorbenen Stars im Suchfeld der Videoplattformen ein, erscheinen nicht nur unzählige Interviews und Filmszenen, sondern auch Zusammenstellungen diverser Fotos, unterlegt mit melancholischer Musik und dem obligatorischen R.I.P. im Video-Titel.

Prominente ToteAutounfall in Amerika, Drogen in London – News in unseren Wohnzimmern
Mit der Vernetzung der Welt im Internet erfahren wir in sekundenschnelle von Autounfällen oder Überdosierungen in Amerika, England und Australien. Wir zweifeln mit Fans auf dem ganzen Globus, beten, dass es nur eine Ente war, und sind doch tief erschüttert, wenn sich die Informationen als wahr herausstellen.

Die Allgegenwärtigkeit der Stars in Film und Fernsehen, die intimen Einblicke, die sie selbst und diverse Klatsch- und Tratschmagazine uns liefern, geben uns das Gefühl, dass es sich bei ihnen nicht um unbekannte Menschen, sondern um enge Freunde handelt. Umso tiefer bestürzen uns ihre Tragödien.

Kein neuer Trend
Schon die Tode Jim Morrisons und Kurt Cobains stürzten ihre Fans in tiefe Trauer und sogar der Selbstmord von Goethes Werther fand Nachahmer. Da stellt sich die Frage: Wieso nehmen wir so viel Anteil an dem Leben unserer Stars? Ist es ihre Fähigkeit, unsere eigenen Gedanken in Worte zu fassen? Die Unzufriedenheit der Jugend; der Wunsch nach dem Leben auf der Überholspur? Sind sie Projektionen unserer Wünsche und erschüttert es uns deshalb so tief, wenn wir sehen, dass mit der Erfüllung dieser Wünsche auch immer eine dunkle Seite einhergeht, die unsere Stars irgendwann in die Drogensucht und den Tod treibt?

Posthume Ehrung inklusive
Doch gerade diese Erfüllung unserer eigenen, heimlichen Wünsche bleibt uns tief im Gedächtnis und so ist es kaum ein Wunder, dass diese Stars auch nach ihrem Tod noch in unseren Herzen weilen und wir alles daran setzen, ihnen Respekt zu zollen. Ob es sich um eine aktualisierte Version des Werthers von Plenzendorf handelt oder um einen posthumen Oscar für Heath Ledger – ihr Einfluss wirkt nach.

Sind wir etwa Schuld?
Der Tod eines geliebten Stars wirkt auf manche Menschen oft, als wäre ein naher Verwandter oder enger Freund gestorben, haben wir sein Leben doch mithilfe des Internets auf Schritt und Tritt begleitet. Allerdings fragen wir uns in diesem Fall wohl auch viel zu selten, ob gerade diese ständige Überwachung – obwohl aus reiner Neugier und Interesse am Leben eines Menschen, der unseren Traum lebt – nicht mitverantworlich für dessen Probleme sein könnte? Denn Erfolg und Wahnsinn liegen eng beeinander und können durch die exzessive Nutzung der neuen Medien und die damit verbundene Selbstdarstellung auf die Spitze getrieben werden.

(Text: Franziska Mayer / Foto: Raphael Hünerfauth by jugendfotos.de)

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