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Vom neuen Lebensgefühl durch den Regenbogen

Toleranz, Vielfältigkeit, Hoffnung und Sehnsucht – aber auch Mut, Stärke und Zuversicht. Eigenschaften, die sich einer Gruppe Menschen unter uns zuordnen lassen, da sie diese zum Überleben gebraucht haben. Vereint sind jene Merkmale seit Jahren in einer Flagge: Der Regenbogenfahne. Längst ist diese zum internationalen Symbol für Homosexualität geworden.[divide]

Als schwul-lesbisches Sinnbild entwarf der Amerikaner Gilbert Baker vor 30 Jahren die Regenbogenfahne, um den Stolz und die Vielfalt des Homosexualismus auszudrücken. Er ging hierbei auf die Rufe vieler Homosexueller ein, die ein einheitliches Symbol für ihre Gruppierung forderten. Einige Quellen besagen, dass Baker sich vom Song „Over the Rainbow” hat inspirieren lassen. Das Lied stammt von der heimlichen Lesbe Judy Garland, die in der Homosexuellenszene als Ikone gefeiert wurde.
Öffentlich im Zusammenhang mit dem Schwul-Sein wurde die Regenbogenfahne zum ersten Mal bei der Gay Freedom Parade im selben Jahr gezeigt. Zu Ehren von Harvey Milk, dem ersten offiziell schwulen Stadtrat aus San Francisco, wurde sie beim Christopher Street Day 1979 zum ersten mal gehisst. Milk wurde im Jahr des Entstehens der Fahne ermordet und die Regenbogenflagge damit zu einem gemeinsamen Symbol.Ursprünglich hatte Bakers Fahne acht Streifen und wurde „Gay Flag” genannt. Die Farbe Pink stand für Sexualität, Rot für das Leben, Orange für Gesundheit, Gelb für das Sonnenlicht, Grün für die Natur, Türkis für die Kunst, Königsblau für Harmonie und Violett für den Geist. Das grelle Pink konnte industriell nicht hergestellt werden und wurde deshalb aus der Flagge verbannt. Das Komitee zum Christopher Street Day 1979 in San Francisco entfernte den türkisen Streifen, um die Farben gleichmäßig am Marschweg zu verteilen, da die Parade zum Gedenken an Milk genutzt wurde. Gelegentlich ist auch ein schwarzer Streifen auf der Flagge zu finden. Schwarz steht für die AIDS-Kranken unter den Homosexuellen.

Die Flagge ist allerdings nur mit den Farben rot, orange, gelb, grün, blau und violett in genau dieser Reihenfolge von oben nach unten im internationalen Flaggenregister registriert.

In den 80er Jahren etablierte sich die Regenbogenfahne und wurde zum Zeichen der Schwulenbewegung. Ein Jahrzehnt später wurde sie auch in Deutschland zum Symbol der Homosexualität. Die Farben standen bald nicht mehr nur für das „Anders-Sein” der homosexuellen Gemeinschaft, sie stand auch für verschiedene Schichten, Rassen, Nationalitäten, Weltanschauungen und Erfahrungen. Zudem nutzte die schwul-lesbische Gesellschaft das Symbol im Kampf um die Gleichberechtigung und Achtung gleichwertiger Liebe.
Peter Tatchell von der Schwulenbewegung „OutRage” erklärte einst der Zeitschrift GayTimes: “Der Regenbogen symbolisiert Einheit und Diversität. Anders als der rosa Winkel, der ein Symbol der Unterdrückung ist, ist die Regenbogenfahne etwas, was wir selbst gemacht haben und was Hoffnung ausdrückt. Die Fahne ist ein sehr einfaches, sehr schönes und sehr optimistisches Symbol für die Sehnsucht der LesBiTransSchwulen nach Freiheit.”

Trotzdem bleibt der rosa Winkel ein Zeichen des Homosexualismus, wenn auch die Regenbogenfarbe den rosa Winkel als Sinnbild des schwul-lesbischen Lebens längst abgelöst hat. Das Symbol stammt aus der Zeit des Nationalsozialismus, als männliche Häftlinge in Konzentrationslagern, die wegen ihrer Homosexualität einsaßen, ein rosa Dreieck an ihrer Jacke tragen mussten. Bis zu 15.000 Männer trugen den Winkel, der 60 Prozent der Menschen den Tod brachte. Bis zum Durchbruch der Regenbogenfahne war der Rosa Winkel ein anerkanntes Symbol für Homosexualität, da das Zeichen aus Solidarität mit den Opfern getragen wurde.

Ein weiteres Zeichen, das häufig mit Schwul-Sein verbunden wird, ist die rote Schleife, aus dem Englischen auch als Red Ribbon bekannt. Eigentlich gilt das Zeichen als eine weltweite Solidaritätsbekundung mit HIV-Infizierten. Das Rot hat hierbei die Funktion, zum einen Liebe und Blut zu symbolisieren, aber auch als Signalfarbe eine Warnung vor dem gefährlichen Virus darzustellen. Die Schleife entstand in den 80er Jahren durch Frank Moore, nachdem die ersten Todesfälle durch AIDS bekannt wurden. Er wurde von Ärzten inspiriert, die mit roten Armbinden still protestiert hatten. Das Zeichen war zunächst nur unter Homosexuellen und Künstlern verbreitet und steht deshalb bis heute noch oft im Zusammenhang mit dem Schwul-Sein. Erst 1992 setzte sich die Schleife weltweit durch und wird seither auch von  Heterosexuellen getragen, um den AIDS-Kranken zu gedenken.

In der Homosexuellenszene sind weitere Zeichen stark verbreitet, die unter Heterosexuellen und der breiten Öffentlichkeit weniger bekannt sind oder mit der Thematik in Zusammenhang gebracht werden. So gibt es die Leather Pride Flag, die auch für Sadomasochismus steht, den Priscilla’s Pump, ein Zeichen mit einem Pumps, das vor allem in der Transvestitenszene genutzt wird, das Lambda, das für die Gleichberechtigung der Schwulen steht und Freiheit symbolisiert, das Labrys als Amazonenwaffe, das Lesben nutzen und doppelte Geschlechtssymbole, die die gegenseitige Liebe demonstrieren.

Auch wenn diese Zeichen bekannter werden, hat sich die Regenbogenflagge als Symbol für ein freies homosexuelles Leben und einen bunten homosexuellen Lebensstil etabliert. Die schwule Gemeinschaft hat ein Zeichen gefunden, durch das ihre Gesellschaft öffentliche Anerkennung erfährt. So können sie als Gruppe weiterhin Toleranz fordern und für die Gleichberechtigung demonstrieren.

(Text: Miriam Keilbach)

Miriam K.

Miriam war 2007 im Gründungsteam von backview.eu. Sie volontierte beim Weser-Kurier in Bremen und arbeitet seit 2012 als Redakteurin bei der Frankfurter Rundschau. Ihre Themen: Menschen, Gesellschaft, Soziales, Skandinavien und Sport.

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