Menschen

Taten statt Worte

Sie haben in ausweglosen Situationen immer einen Lichtschimmer vor Augen behalten. Sie haben sich in Gefahr gebracht, um für eine gerechtere Welt zu kämpfen. Sie haben den Mund aufgemacht, als andere schon längst resigniert hatten: back view-Redakteurin Ronja Heintzsch schreibt über ihre persönlichen Helden 2011.

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Ellen Johnson Sirleaf, Leymah Gbowee und Tawakkul Karman mussten sich in diesem Jahr vor keinem Mann verstecken. Nach ihrem jahrelangem „Einsatz für die Stärkung der Rolle der Frauen” wurde den drei Afrikanerinnen der Friedensnobelpreis zugesprochen. Zu Heldinnen macht sie die Stärke und Furchtlosigkeit, mit der sie mehr Akzeptanz und Emanzipation fordern und sich wie Tawakkul Karman stark machen für eine Abkehr von veralteten Traditionen.

Sirleaf, Gbowee und Karman sind nur die drei prominentesten Beispiele für eine Reihe von Frauen, die in diesem Jahr unter anderem auch provokativ – wie die ägyptische Studentin Alia Magda al-Mahdi auf den neuen Wunsch nach Freiheit und Selbstverwirklichung aufmerksam machten.

Alia Magda al-Mahdi wählte den medienwirksamen Weg, um aufzuzeigen, dass sich Frauen von nun an von religiösen Fesseln befreien wollen. Ihr Nacktfoto ging um die Welt: Nicht aus Voyeurismus, sondern als Symbol für eine Revolution gegen die bestehende Ordnung. Der Heldenmut, mit dem al-Mahdi die Zensur von „Wissen, Ausdruck und Sexualität” anklagt, ist bewunderswert und sollte auch in anderen Regionen der Welt aufrütteln.

Helden waren ebenso all jene Occupyer, die sich auf der ganzen Welt sammelten, um stellvertretend für 99 Prozent der Bevölkerung für mehr Gleichheit und Gerechtigkeit einzutreten. Der „Wutbürger” von 2010 hat sich zu einem Subjekt gewandelt, das seinen Unmut friedlich kund tut, sei es in der Occupy-Bewegung oder in den Protesten in China.

Dort war es insbesondere Ai Weiwei, auf dem das Augenmerk lag und der der neue Held an der Spitze der chinesischen Demokratiebewegung ist, die endlich die Meinungsfreiheit verlangt, die die chinesische Regierung bislang verwehrt. Der Regimekritiker nimmt Worte in den Mund, die niemand anders wagt, auszusprechen. Er lässt sich nicht einschüchtern von den Repressionen der chinesischen Funktionäre. Er verkörpert den Freiheitsgeist der chinesischen Bevölkerung.

Der Amerikaner Zach Wahls aus dem Bundesstaat Iowa ist hierzulande noch wenigen ein Begriff. Er kämpfte in diesem Jahr sowie in den vorangegangenen für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in Iowa. Zach Wahls, der bei zwei Frauen aufwuchs, machte von sich reden, als er am 31. Januar 2011 eine bewegende Rede vor dem Iowa House Judicing Commitee hielt und dafür plädierte, homosexuelle Eheschließungen endlich rechtskräftig zu machen: „Der Punkt ist, dass meine Familie nicht anders als sonst eine Familie in Iowa ist. […] Noch nie hat ein Individuum unabhängig erkannt, dass ich von einem homoxsexuellen Paar aufgezogen wurde. Und wissen Sie warum? Weil die sexuelle Orientation meiner Eltern keinerlei Auswirkung auf den Gehalt meines Charakters hatte”, so Wahls.

Ellen DeGeneres, die selbst seit 2008 mit der Australierin Portia de Rossi verheiratet ist, bezeichnet Zack Wahls ebenfalls als Helden, „der das Internet erhellte, als er ein flammendes Plädoyer an das Abgeordnetenhaus Iowas hielt, gleichgeschlechtliche Heiraten zu unterstützen” (Wahls Rede).

All jene Menschen, die in diesem Jahr den Mut aufbrachten, gegen bestehende Ungerechtigkeiten anzugehen und diesen Einsatz auch mit ihrem Leben bezahlen mussten, haben es verdient, als Helden bezeichnet zu werden.

(Text: Ronja Heintzsch)

Ronja H.

Konstruktive Kritik in bitterscharfen Kommentaren üben, die Welt bereisen, auf aktuelle Problematiken hinweisen - all dies sind Gründe, aus denen Ronja beschloss, sich dem Metier Journalismus zu verpflichten. Schließlich gibt es noch einige unaufgedeckte Watergate-Affären in dieser Welt.

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