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Sprechen Mann und Frau unterschiedliche Sprachen?

Nicht erst seit Büchern wie “Männer sind anders. Frauen auch” philosophieren wir über die scheinbar abstrakte Denk- und Verhaltensweisen des anderen Geschlechts. Doch ist es wirklich so schwer, sich miteinander auszutauschen? back view beschreibt Situationen aus dem Alltag und Wissen aus der Psychologie, die vielleicht helfen, den anderen besser zu verstehen.

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Vor gut zehn Jahren hielt eine neue Welle populärwissenschaftlicher Psychologie bei uns Einzug. Der Versicherungsvertreter Allan Pease verfasste mit seiner Frau das Werk „Why Men Don’t Listen and Women Can’t Read Maps” (dt.: Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken). Und plötzlich wurde jeder zum Hobby-Paartherapeuten. Doch was ist dran an den verschiedenen Kommunikationsebenen, die Mann und Frau scheinbar voneinander trennen?

Es ist leicht, Klischees zu verifizieren und in Schubladendenken zu verfallen. Jeder Mensch ist anders. Das gilt es zu berücksichtigen, auch wenn die Hinweise hier auf die Mehrheit der Bevölkerung zutreffen werden.

„Ich mag deine Jacke. Meine Schwester hatte vor ein paar Jahren auch mal so eine.” Was Adam vielleicht als ernstgemeintes Kompliment betrachtet, kann für Eva eine böse Beleidigung darstellen. Die Dame versteht: „Eine andere Frau, die für ihn kein sexuelles anziehendes Wesen darstellt, hatte vor Ewigkeiten diese Jacke. Er setzt mich mit ihr gleich! Und jetzt muss diese Kleidung vollkommen aus der Mode sein. Wie kann er mir nur so etwas an den Kopf werfen?”

Direkte versus indirekte Sprache sind zwei Gegensätze, die nicht nur im Beziehungsleben, sondern auch im Berufsalltag Probleme bereiten können. Männer brauchen Anweisungen. Sie interpretieren weniger. Eine Frau, die ihre männlichen Kollegen nicht vor den Kopf stoßen, aber deutlich auf einen Missstand im abgegebenen Abschlussbericht hinweisen will, meint: „Vielleicht sollte unsere Arbeitsgruppe den Bericht gegenlesen lassen, bevor wir ihn den Vorstand aushändigen.”
Der Konjunktiv wirkt dabei auf ihn unterwürfig, dass keine direkte Person angesprochen wird, tut dabei das Übrige. Man merkt, Frauen sind im Allgemeinen subtiler.

Der Informationsgehalt
Ein weiterer Unterschied ist oft der Grund für die Kommunikation. Dient das Gespräch der sachlichen Informationsübermittlung? Oder geht es eher darum, seine Gefühle zu schildern, Erleichterung nach einem Gespräch zu empfinden? Die Bestseller-Bücher behaupten vor allem, dass Männer sich austauschen, um Fakten zu vermitteln. “100 Meter vor der Höhle. Mammut, groß. Scharfe Zähne.” Herr will nicht nur Botschaften überbringen, er will auch Probleme lösen.

Der bekannten Literatur zufolge wird Neandertaler-Jäger Nummer zwei jetzt erwidert haben: “Gut. Speere liegen hinten, auf in den Kampf.” Doch vielleicht war es auch anders. Zwar kenne ich das auch, den Drang, auf ein Problem mit einem Lösungsvorschlag zu antworten. Dennoch gibt es da auch die scheinbar weibliche Form. Empathie zu schaffen, sich von Frust verbal zu befreien. Und wenn mein Tag anstrengend war, bin ich auch froh, mir meinen Frust von der Seele reden zu können. So kann es unseren Steinzeit-Vorfahren auch gegangen sein.

Sprache ist nicht nur der Gebrauch von Worten. Als das Mammut erlegt ist, die Beute zur Gruppe gebracht wird, herrscht allgemeine Freude. Worte sind nicht notwendig. Ein bestätigendes Nicken der Jäger untereinander, eine Frau, die ihren Kopf in den Nacken wirft und dabei herzhaft lacht – alle sind wohlbehalten wieder angekommen. Worte machen nur zehn Prozent der Kommunikation aus, Mimik etwa 20 Prozent, Gestik und Körperhaltung die Mehrheit.

Persönliche Tests beim Filmschauen
Dies kann man ganz leicht überprüfen, in dem man einen Film ansieht. In einer nicht verständlichen Sprache. Männer und Frauen haben dies gemeinsam – was man gezielt einsetzen kann. Den Kopf schief halten z.B. zeigt Interesse. Sich mit der Hand an das Kinn fassen bedeutet hingegen Skepsis. Permanent filtern wir die Worte des Gegenübers nicht nur nach Bedeutung, sondern auch nach dem Status der Person.

Redet mein Gegenüber hastig? Überlegt? Sehr leise? In der Psychologie gibt es eine interessante Feststellung dazu: Sind sich zwei Personen sympathisch und vertraut, ähneln sie sich in Gestik, Mimik, Wortwahl und Tonalität. Klassisch kann man das bei einem Liebespaar im Café beobachten. Die Hände werden eine gleiche Position haben und beide werden sich leise etwas zu säuseln. Auch hier werden wir feststellen: Mann und Frau sind sich gar nicht so unähnlich, sie verstehen einander.

Auch relevant: der Geruch –  ebenfalls eine Kommunikationsform. Unterbewusst interpretieren wir die Düfte des anderen Geschlechts und selektieren: Passt dieser Mensch zu mir oder nicht? Hierbei kommt es auf das Immunsystem des Gegenübers an, welches mit seinem bzw. ihrem Odeur zusammenhängt – möglichst verschieden sollte es strukturiert sein. Männer sind sogar weiterhin in der Lage, die momentane Fruchtbarkeit der Frau mittels ihrer Geruchsnote zu erahnen.

Was man beim Streiten erkennen kann
Das hilft aber nicht viel, wenn Mann und Frau sich im Streit befinden. Frauen neigen dann zu A Verallgemeinerungen, um ihrer Aussage mehr Bedeutung zu verleihen. “Nie gießt du die Blumen im Haus!” oder “Immer gehst du mit deinen Leuten einen trinken!” wären dann nur einige Beispiele. Er scannt dann systematisch den Satz durch, sucht nach Schwachstellen und wird dann bei NIE sowie IMMER aufbrausend.

“Aber letzte Woche Dienstag! 15 Uhr! Da habe ich doch die Geranien bewässert!”, will er ansetzen. Stattdessen sollte Adam erkennen, dass frau diese Hyperbel nutzt, um ihre Aussagen zu verdeutlichen. Auch muss in der erwähnten Aussage nicht unbedingt der Grund für ihren Missmut liegen, der Groll kann tiefere Ursachen haben. Nur der Anlass, die trockene Blumenerde, sorgte eben für den berühmten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.

Frauen sind eben subtil. Irgendwann fällt es dann aber schwer, sich zurückzuhalten. Es hilft deswegen nur, sich einander zu öffnen und zuzuhören. Dann können noch so große Kommunikationsschwierigkeiten auch mal aus der Welt geschafft werden. Ob man dafür eine dieser Bücher wie „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken” benötigt, ist allerdings fraglich.

(Text: Eric Elert)

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