Prima leben und stereo

So schön war der Sommer! Das „Plus’“, wie das “Prima Leben und Stereo”-Festival im Volksmund heißt, beschallte die Festivalbesucher im beschaulichen Freising auch dieses Jahr am ersten Augustwochenende zwei Tage lang mit Rock, Pop und Hip Hop.

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„Grundlos glücklich. Grundlos sein. Ohne doppelten Boden. Einfach glücklich sein“ singt der Mann mit den strahlend blauen Augen, der sich später neben dem Merchandise-Stand noch für ein paar private Schnappschüsse überreden lässt.
Ein paar Leute halten einen Stofftiger an der Leine. Drüben an der Theke gibt es Bier für drei Euro, die Männer im Ganzkörperanzug stoßen dort mit Pappbechern an und stellen sich dann wieder in die erste Reihe vor die Bühne. Das Open-Air „Prima Leben und Stereo“ ist eines dieser wenigen Festivals, bei denen Orte noch spontan gewechselt werden können. Es besticht vor allem durch seine familiäre Atmosphäre, nicht durch Masse. 14 Bands treten am 2. und 3. August auf dem Gelände am Vöttinger Weiher auf und feiern zusammen mit Veranstaltern und etwa 3500 Besuchern.

Prima leben und stereoFreude der Gäste als Gegenleistung

Während auf der Bühne die No goes, Naked Feen, Aloa Input, Fatoni oder Edgar Wasser dem Indie-Rock und Rap huldigen, plantscht das Volk im Weiher oder sitzt im Gras. Später flutet eine Lichtshow das Gelände. Bands wie Migthy Oaks, Ja Panik, Rainer von Vielen oder auch Fiva haben dann ihren Auftritt. Die Hauptacts der beiden Abende sind die Isländer von FM Belfast, die Punkrocker von Egotronic, der rappende Österreicher Left Boy und Stereo – da wiegen tausende Hände im Takt, da wird die Bühne mit Luftschlangen bombardiert, da wird Konfetti in die Lust geschmissen.

Angefangen hat alles 1993 mit einer Hand voll Abiturienten, die ein kleines Musik-Fest für Freunde und Bekannte veranstalteten. Der Eintritt war kostenlos, Getränke verkaufte man aus dem Kofferraum des Autos und neben der Bühne stand ein Grill. Anders als bei großen Musik-Events kannten sich Künstler und Veranstalter persönlich. Noch immer arbeiten Ehrenamtliche Sommer für Sommer mit, das Festival auf die Beine zu stellen – die Bezahlung ist die Freude der Besucher.

Abschalten und die Realität draußen lassen

Wenn das Wetter mitspielt, ist diese Location prädestiniert für ein Festival dieser Größe. Doch so ist das mit dem deutschen Sommer. Nach Sonne kommt der Regen. Diesmal setzt er am Samstagnachmittag ein. Die Mädels ziehen die Kapuze über ihre Blumenkränze am Kopf. Irgendwann schüttet es. Die Menge drängt sich vor die Bühne. In der Ferne blitzt es. Das Strahlen in den Gesichtern bleibt. Auf dem Steg am Weiher sitzen sie immer noch in kurzen Hosen und Stoffschuhen im Schneidersitz nebeneinander, trotzen den Regen.

Keiner würde hier im Alltag gemütlich sitzen bleiben. Der Tiger wird noch immer an der Leine hinterhergeschliffen, obwohl die Pfützen größer werden. Der Regen tropft in den Becher und mischt sich unter das Bier der Männer mit Ballettröckchen und Bikinioberteil. Mag sein, dass sich hinter den Bauzäunen des Plus die Realität abspielt, aber – hier drinnen herrscht eine andere Welt. Hier lässt es sich ganz prima leben: „Grundlos glücklich“ singen OK KID und alle Hände wiegen wieder im Takt. „Grundlos sein“.

(Text: Christina Hubmann)

Autor

  • Christina Hubmann

    Christina wollte eigentlich mal Busfahrer werden, ehe sie sich entschloss, doch "irgendwas mit Medien" zu machen. Schreiben tut sie nämlich schon immer gern. Und wie das Leben ohne dieses Internet funktioniert hat, fragt sie sich schon seit Längerem - erfolglos.

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Von Christina Hubmann

Christina wollte eigentlich mal Busfahrer werden, ehe sie sich entschloss, doch "irgendwas mit Medien" zu machen. Schreiben tut sie nämlich schon immer gern. Und wie das Leben ohne dieses Internet funktioniert hat, fragt sie sich schon seit Längerem - erfolglos.

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