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Kleiderkreisel wird kostenpflichtig

Eine Welle der Entrüstung ging vor einigen Wochen durch die Kleiderkreisel Community als das Team verlauten ließ, dass das Netzwerk kostenpflichtig werden würde. Seitdem drohen viele Mitglieder mit ihrer Löschung und Alternativen werden händeringend gesucht.

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Litauen, 2008. Justas Janauskas und Milda Mitkuté treffen sich auf einer Feier. Justas, ein Software Entwickler, ist auf der Suche nach neuen, interessanten Projekten und fühlt sich von Mildas Idee, eine Tauschseite für Kleidung zu entwerfen, sofort angesprochen. Was als kleines Projekt begann, findet schnell viele Tausend Fans. Darunter auch die deutschen Studentinnen Sophie und Susanne die während eines Couchsurfing Aufenthaltes in seinem Apartment landen. Zusammen beginnen sie Kleiderkreisel auch in Deutschland aufzubauen und bekannt zu machen.

Der schnelle Weg zum großen Erfolg

Was als kleines Projekt begann, hat sich in den letzten Jahren zu einer riesigen Community entwickelt und das nicht nur in Deutschland. Mittlerweile gibt es Ableger von vinted.lt (so heißt die litauische Version) auch in Polen, Tschechien, Großbritannien und den USA. Wo früher Leute in ihrer Freizeit an der Website bastelten und Fragen beantworteten, arbeiten heute 130 Festangestellte und mehr als 50 freischaffende Menschen. Die Finanzierung erfolgte über zwei millionenschwere Investments von Accel Partners und Insight Venture Partners.

Das Kleiderkreisel und keiner seiner Brüder schwarze Zahlen durch den Verkauf von Werbung allein schreiben können, ist dem nachdenkenden Mitglied schnell klar. Trotzdem brach ein wahrer Proteststurm los, als die Macher der Seite vor einigen Wochen verkündeten ein Bezahlungssystem einzurichten, dass die Transaktionen zwar sicherer, aber auch gebührenpflichtig machen würde.

Kleiderkreisel

Immer für Liebe, niemals für Geld

Slogans wie „Kommerzkreisel“ und „Immer für Liebe, niemals für Geld“ wurden entworfen und als Kommentare und Profilbild-Botschaften verbreitet. Die Mitglieder begannen verzweifelt nach Alternativen zu suchen. Seiten wie Kleiderkorb waren aber kaum dem Ansturm der Neuanmeldungen in den ersten Tagen gewachsen und die Seite ständig nicht erreichbar. Briefe an Zeitungen und Pressestellen führten mittlerweile dazu, dass die Deutsche Umweltstiftung plant, eine nachhaltige Tauschplattform zu entwickeln.

Dabei stoßen sich die Mitglieder nicht nur an den zu zahlenden Gebühren (50 Cent je Transaktion + 10 Prozent des Kaufpreises), sondern auch an den zwingend versichertem Versand, der günstige Ware unrentabel macht und der Weitergabe ihrer Bankdaten an Mangopay. Die Kommunikation zwischen den Machern der Seite und ihren Mitgliedern wird von beiden Seiten erschwert. Wilde Gerüchte wurden von Mitgliedern in die Welt gesetzt und Moderatoren kritisiert, falls diese nicht schnell genug die Gerüchte wieder aus der Welt räumten. Von Löschung von Beiträgen im Forum und dem mundtot machen kritischer Stimmen war die Rede.

Ein Kompromiss oder Hinhaltetechnik?

Am 3.12.2014 kam das neue System, ein Tag den viele Kreisler mit der Apokalypse gleichsetzen. Da half auch das Friedensangebot der Seitenbetreiber nicht, die die Annahme des Bezahlungssystems vor einigen Tagen als freiwillig anboten. Die Entfernung eines kleinen Häckchens im Profil reicht. Das dies eine vorübergehende Testphase ist, machten sie allerdings sofort in ihrem Forum klar:
„Wir garantieren euch, dass das Bezahlsystem für mindestens drei Monate komplett optional sein wird. Sollte sich nach dieser Zeitspanne herausstellen, dass sich Kleiderkreisel so nicht finanzieren kann, behalten wir uns vor, das System anzupassen. Es könnte beispielsweise verpflichtend werden, das Bezahlsystem für teure Artikel zu nutzen oder als letzte Option könnte die Nutzung für Verkäufer verpflichtend werden.“

Für viele nur eine scheinheilige Aktion um die Mitglieder an der Löschung ihrer Profile zu hindern. Wer allerdings in den letzten Tagen auf der Seite unterwegs war, fühlte sich keineswegs in einer menschenleeren Wüstenlandschaft, wie befürchtet. Obwohl sich ein Teil der Kreisler mittlerweile von der Seite verabschiedet hat, sind unzählige andere geblieben, um weiterhin im Forum Hetze auf die Verantwortlichen zu betreiben.

(Text: Franziska Mayer / Foto: Adriane Gonka by jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc)
http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/deed.de)

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